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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re
Autoren: Anke Dietrich
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sie wieder erwartungsvoll den Fluss hinaufstarrte.
    »Sie kommen!«, ertönte endlich die Stimme eines jungen Wab-Priesters, der auf das Dach des Tempels geklettert war, um nach den Booten Ausschau zu halten.
    Kurze Zeit später konnten auch die anderen am Ufer die Barken sehen.
    Meritusirs Herz begann vor Aufregung und Freude zu hüpfen. Sie konnte es kaum noch erwarten, ihren Gemahl wieder in die Arme zu schließen. Beinahe eineinhalb Jahre war es her, dass er nach Theben aufgebrochen war, um mit dem Pharao nach Süden zu ziehen.
    Als die Schiffe in Sichtweite kamen, konnte sie Amunhotep ausmachen. Er stand neben Ramses und suchte mit den Augen das Ufer ab. Als sich ihre Blicke trafen, vergaß Meritusir ihre priesterliche Würde und winkte ihrem Gemahl freudig zu.
    Amunhotep war kaum wiederzuerkennen. Seine Haut war von der heißen südlichen Sonne beinahe schwarz verbrannt. Seine Gesichtszüge schienen härter geworden zu sein und sein Körper sehniger als vor einem Jahr, als er mit Ramses nach Nubien aufgebrochen war. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb war dieser Mann für Meritusir wunderschön und begehrenswert.
    Als Ramses den Fuß auf den heiligen Boden von Abydos setzte, fielen alle vor ihm in den Staub. Netnebu kam es als ranghöchstem Priester zu, ihn zu begrüßen.
    Ramses nickte ihm und seinen Untertanen wohlwollend zu und begab sich anschließend in den heiligen Bezirk des Gottes. Dabei konnte er den Blick nicht von seinem Tempel der Millionen Jahre wenden, der sich majestätisch am Fuße der abydonischen Berge erhob. Erst als ihm das Osiris-Heiligtum die Sicht versperrte, wandte er sich den beiden obersten Priestern zu, die auf gleicher Höhe neben ihm schritten.
    »Wie ich mit Freude sehe, war deine Gemahlin fleißig, während wir im Süden nach dem Fleisch der Götter suchten«, sagte er zu Amunhotep, der lächelte. »Ich wusste, dass ich ihr diese Last aufbürden kann.« Ramses’ Blick schweifte über den wunderschönen Eingangspylon des Osiris-Tempels, der sich majestätisch vor ihm erhob. »Wie wird die diesjährige Ernte ausfallen?«, wechselte er das Thema und richtete damit das Wort an den Dritten Propheten, der ihm zur Linken schritt.
    »Nicht so gut wie erhofft, Majestät, doch bei Weitem besser als in den beiden letzten Jahren«, erwiderte Netnebu. »Die Speicher werden voll werden. Niemand wird im kommenden Jahr Hunger leiden müssen.«
    »Das freut mich zu hören.«
    Sie hatten den Pylon erreicht.
    Ramses trat in den Vorhof, um vor der Statue des Großen Gottes Osiris auf die Knie zu fallen und ihm zu huldigen. Er nahm die ihm von einem Priester dargereichte Räucherpfanne und streute kleine Kügelchen Weihrauch in die Glut. Er murmelte die vorgeschriebenen Gebete, küsste den Boden vor dem steinernen Gott und erhob sich wieder.
    »Bis morgen früh bin ich für niemanden zu sprechen«, sagte er und begab sich in seinen Palast.
     
    * * *
     
    Als sich die beiden Priester endlich alleine in der Vorhalle ihres Hauses gegenüberstanden, fielen sie sich in die Arme.
    »Ich habe dich so vermisst«, schluchzte Meritusir, denn mit ihrer Beherrschung war es nun vorbei. »Du warst so lange fort. Ich bin vor Sehnsucht nach dir fast gestorben.«
    Sie schmiegte ihren schlanken Körper an seinen und spürte, wie nicht nur ihr Verlangen wuchs. Sie küssten sich, und Amunhotep nahm sie auf den Arm und trug sie zu ihren Gemächern. Als er sie in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer auf das frisch bezogene Bett legte, zog sie ihn zu sich herunter und begann ihn hastig zu entkleiden. Sie konnte es nicht mehr erwarten, ihn zu lieben.
    Amunhotep ging es nicht viel anders. Fahrig streifte er Meritusir die Träger des Kleides von den Schultern, und als sie endlich nackt unter ihm lag, presste er seinen Unterleib ganz fest an den ihren. Lustvoll gaben sie sich der Liebe hin, die sie in den vergangenen Monaten so sehr vermisst hatten.
    »Bitte, verlass mich nie wieder für eine so lange Zeit«, flüsterte Meritusir ihm ins Ohr, nachdem beide völlig erschöpft nebeneinander auf dem zerknautschten Laken lagen. »Ich dachte, ich werde wahnsinnig vor Sehnsucht nach dir.«
    Amunhotep stützte sich auf den Ellenbogen und sah sie verliebt an. »Mir ging es genauso, liebe Schwester. Auch ich habe dich und unseren Sohn vermisst. Die Götter wissen, wie oft ich an euch beide denken musste. Wie geht es Usirhotep? Ist er gesund?«
    »Ja, Amunhotep, Usirhotep ist ein kräftiger Knabe geworden. Er plappert inzwischen alles
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