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Der Wüstenpalast

Der Wüstenpalast

Titel: Der Wüstenpalast
Autoren: Lynne Graham
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dies mit dir zu diskutieren”, antwortete Razul mit einem grimmigen Unterton.
    Bethany wandte sich ab. Sie ertrug es nicht, ihn anzusehen. Immerhin besaß er so viel Anstand … Außerdem schien er ausgesprochen peinlich berührt, dass sie diesen geschmacklosen Vorfall mit angesehen hatte. Seltsam, es war beinahe, als erwartete er von ihr, dass sie so tat, als würden all diese anderen Frauen in seinem Leben gar nicht existieren. Konkubinen
und
eine Ehefrau.
    Dennoch war Bethany nie imstande gewesen, Razul für seinen Lebensstil zu hassen. Ebenso wie sie ein Produkt ihrer Umwelt war, war er eines der seinen.
    “Hast du gut geschlafen?”
    Sie lachte ironisch. “Das müsstest du doch wissen. Schließlich hast du mich ja unter Drogen gesetzt …”
    “Du hattest große Schmerzen. Ich konnte es nicht ertragen, dich leiden zu sehen”, verteidigte Razul sich. “Ein Schlaftrunk hat es dir ermöglicht, Ruhe zu finden.”
    Bethany setzte sich auf die Ummauerung eines der Springbrunnen und ließ die Finger durch das klare Wasser gleiten.
    “Und wie lautet deine Rechtfertigung auf den Vorwurf der Entführung und der Freiheitsberaubung?”
    “Du hast mir keine andere Wahl gelassen.”
    Tief Atem holend, sah sie zu ihm auf. In seinem perfekt maßgeschneiderten grauen Anzug, der seine breiten Schultern, die schmalen Hüften und die langen, schlanken Beine betonte, wirkte er auf schmerzhafte Weise vertraut.
    “Du weißt, dass ich dich mit einer solchen Ausrede nicht durchkommen lasse”, meinte sie leise.
    “Durchkommen?”, fragte Razul nach.
    “Nicht gelten lasse.” Bethany blickte ihn an. “Du kannst doch nicht im Ernst die Absicht haben, mich hier gefangen zu halten.”
    “Es muss ja kein Gefängnis sein. Gib mir dein Wort, dass du nicht versuchen wirst zu fliehen, dann kannst du dich frei bewegen.”
    “Das ist ein Widerspruch in sich.” Unvorsichtigerweise ließ Bethany es zu, dass ihre Augen sich begegneten, und es schnürte ihr die Kehle zu. “Du bist ein gebildeter Mann.”
    “Nur äußerlich”, erwiderte Razul mit plötzlicher Härte. “Ich weiß, wie du über mich denkst. Mein Vater hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten Tausenden von Datari-Männern gestattet, englische und amerikanische Universitäten zu besuchen. Er hat dies nur getan, weil ihm klar wurde, dass unser Land sich vollkommen von ausländischen Arbeitern abhängig machen würde, falls er unsere jungen Männer nicht dazu ermutigte, sich im Westen ausbilden zu lassen. Aber mir hat er diese Möglichkeit versagt. – Ich weiß sehr wohl, dass die Lektüre vieler Bücher und die kurze Zeit, die ich an der Universität gewesen bin, mich nicht zu einem gebildeten Mann machen. Schon gar nicht in den Augen einer Frau, die eine ganze Reihe an akademischen Titeln und viele wissenschaftliche Erfolge aufzuweisen hat.”
    “Razul, niemand, der gesehen hat, was du in den letzten fünf Jahren hier in Datar geleistet hast, könnte dich für etwas anderes als einen gebildeten Mann halten.”
    “Ich mache mir das Wissen von meinen Beratern zunutze, die aus allen Teilen unserer Gesellschaft stammen. Vetternwirtschaft dulde ich nicht, denn Machtpositionen mit unfähigen Leuten zu besetzen, ist der Fluch der arabischen Welt. Ich strebe danach, unsere Kultur zum Wohle unseres Volkes zu liberalisieren. Aber ich weiß, was du denkst,
aziza,
wenn ich so etwas sage.” Er betrachtete sie mit düsterem Blick. “Du denkst: Wie kann man von Liberalisierung reden und dann eine Frau stehlen.”
    “Mir ist durchaus bewusst, dass das Stehlen von Frauen Teil eurer Stammeskultur ist”, entgegnete Bethany kühl. “Aber …”
    Ein Lächeln spielte um seinen schönen Mund. “Es ist kein Verbrechen, solange die Frau ehrenvoll und mit Respekt behandelt wird”, warf er gelassen ein.
    Gegen ihren Willen belustigt, senkte Bethany den Kopf. Wenn es Razul ins Konzept passte, war er erstaunlich listig.
    “Aber selbstverständlich muss die Hochzeit innerhalb kurzer Zeit stattfinden”, fuhr er fort. “Das wird erwartet.”
    Bethany fuhr hoch, unverhohlener Schrecken in den grünen Augen.
    Angespannte Stille trat ein.
    Dann, mit einem unterdrückten arabischen Fluch, machte Razul einen langen Schritt auf sie zu und hielt inne. Die Ungläubigkeit, die sich auf seinen Zügen malte, stand der ihren in nichts nach.
    “Im Namen Allahs,
aziza
… Du glaubst doch nicht etwa, dass ich dir eine solche Beleidigung zufügen würde, dir weniger als die Ehe anzubieten? Bist du …
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