Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Willy ist weg

Der Willy ist weg

Titel: Der Willy ist weg
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
Zweiundzwanzig kämpfte mit den Tränen. Hätten sie sich alle vorher überlegen sollen. Jammerlappen.
    Schwungvoll schmiss ich die Tür ins Schloss, drehte den Schlüssel zweimal rum, zog ihn ab und steckte ihn ein.
    »Wolltet ihr die Bombe mitnehmen?«, fragte ich den Schweden, doch der verneinte gestenreich.
    »Wir wollten sie nur lokalisieren. Das Entschärfen ist unser Job nicht.«
    »So«, drehte ich mich wieder zu Nagold, »jetzt kannst du an der Schnur ziehen.«
    Damit ließ ich ihn stehen. Wollte mich im Weggehen noch nach der Aktentasche bücken, nach Roth-Bichlers Blutgeld für Willys Ermordung, von deren Durchführung er sich hier wohl hatte überzeugen wollen, doch Scuzzi stoppte mich.
    »Lass liegen«, flüsterte er. »Sind nur obendrauf Hunderter. Der Rest ist Papier.«
    Gut, dachte ich. Perfekt.
    Bis zum Palisadenzaun des Forts hörte ich keinen Knall, und da wusste ich, es würde auch keiner mehr kommen. Der Mähnenwolf war wieder allein. Eine Blutspur führte von seinem Zwinger zu der Stelle, wo vorhin der grüne Transit geparkt hatte. Die Ironheads waren verschwunden. Lustlos klappte die Türe zur >Haselnuss< im auffrischenden Wind. Hundejaulen erfüllte das verlassene Gelände mit schaurigen Echos.
    Lazio Cinosils Männer behielten ihre Sturmhauben auf, bis sie im Transporter verschwunden waren, nur Albert nahm seine ab und kam noch mal rüber zu mir, um sich zu verabschieden. Wir schüttelten uns die Hände, etwas unbehaglich über diese nichts sagende Geste, sahen uns kurz in die Augen.
    Sein Blick schien von unendlich weither zu kommen und ins Nichts weiterzugehen, und ich wusste, meiner war nicht viel anders.
    Dann trennten wir uns, wortlos, zwei Männer, die einander nur kurz begegnet waren, aber trotzdem nie vergessen würden.
    »Wohin soll's denn gehen?«, fragte Heiko, geradezu gelöst, fast schon heiter, zumindest für seine Verhältnisse. Ich ließ mich in den Sitz neben ihn fallen.
    »Zu McDagobert's«, entschied ich. »Und tritt ein bisschen drauf.«
    Das Sakko war zu dünn für die eisigen Böen, doch mir war nicht kalt. Die halbe Stunde Fußmarsch zum Fuckers' Place würde mir gut tun, hatte ich entschieden, und so stapfte ich einher, allein, unempfänglich für äußere Einflüsse.
    Edwin Knauff hatte mich überrascht. Ich hatte erwartet, niedergebölkt zu werden, kaum dass ich hereinkam in die glasknirschende, fetttriefende, verbogene, zerschmetterte, mit Resten von McBurgern übersäte und in Schokocreme und Blut getränkte Szenerie, doch er war einfach nur kühl aufgetreten, kühl und gefasst. Ganz allein stand er da in den Trümmern seines Projektes und betrachtete mich mit einer Mischung aus väterlicher Milde und Strenge.
    »Damit haben wir dem Attentäter aber gründlich den Spaß verdorben, was?«, war praktisch alles, was er sagte, begleitet von einer allumfassenden Geste.
    Ich wies darauf hin, dass ich es von Anfang an für keine gute Idee gehalten hatte, die Jungs zusätzlich zu ihren Security-Aufgaben auch noch als Imbiss-Personal einsetzen zu wollen. Die Doppelbelastung, führte ich an; zu viel mildem Nicken von Ragobert.
    Ich wies darauf hin, dass ich Geschäftsführer Flusenko-Klusenhoff davon abgeraten hatte, eine Busladung angetrunkener holländischer Fußballfans ins Restaurant zu holen, und Edwin Knauff nickte auch dazu.
    Ich brachte die Frage meiner Rechnung und der Weiterverfolgung des Attentäters zur Sprache, und der Projektleiter stellte das Nicken ein. Abrupt.
    Wir einigten uns darauf, dass ich keine Rechnung stellen und sein Konzern auf eine Schadenersatzklage verzichten würde. Und die Weiterverfolgung lag, wie er sagte, von jetzt an in den Händen der Polizei.
    Das Fuckers' Place schwankte im Siegestaumel.
    Willy hatten sie zur Begrüßung so lange in die Luft geworfen, bis er zusammen mit dem großen Kristalllüster wieder heruntergekommen war.
    Nun wurde ich mit enormem Hallo empfangen, und es hätte nicht viel gefehlt und sie hätten mich auf den Schultern einmal durch die Halle getragen und dann wahrscheinlich voller Überschwang unter dem Rahmen der Küchentüre ausgeknockt.
    Die >Roten< rissen ihnen weiterhin die Augen auf, Dope und Bier kamen dagegen nicht an, wurden ohne Besinnung nebenbei konsumiert.
    Sie mussten die Holländer ganz schön eingestielt haben, wenn ich all den Geschichten, die von allen Seiten auf mich einprasselten, glauben durfte.
    Och, warum nicht, sagte ich mir und machte es wie alle, kippte mechanisch ein Bier und noch eins
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher