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Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher
Autoren: Michael Connelly
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er im Metropolitan Detention Center festgehalten. Wenn die Staatsanwaltschaft heute die Anklagepunkte gegen ihn einreicht, wird er morgen früh einem Richter des Superior Court vorgeführt. Wahrscheinlich wird er dann auch Gelegenheit erhalten, einen Kautionsantrag zu stellen.«
    »Sie lassen ihn gegen Kaution
raus?
«
    »Nein, das habe ich nicht gesagt. Er hat nur das Recht, einen Antrag zu stellen, dass seine Haft gegen Stellung einer Kaution ausgesetzt wird. Das steht jedem zu. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Hardy kommt nicht auf freien Fuß. Dieser Typ wird nie mehr auf die Menschheit losgelassen.«
    »Könnte ich zu dieser Verhandlung kommen und mit dem Richter reden?«
    Bosch sah Pell an. Er verstand den Grund seiner Bitte sofort, war aber trotzdem überrascht.
    »Ähm, ich weiß nicht, ob das so klug wäre, Clayton. Schließlich sind Sie ein potenzieller Zeuge. Wenn Sie möchten, kann ich zwar in der Staatsanwaltschaft mal fragen, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie es ablehnen werden. Ich glaube, sie wollen Sie in der Hinterhand halten und erst beim Prozess einsetzen. Deshalb möchten sie erst mal sicher nicht, dass Sie vor Gericht erscheinen, und schon gar nicht, wenn Hardy dabei ist.«
    »Okay. Aber fragen kostet ja nichts, oder?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    Bosch deutete mit dem Schriftstück auf seinen Aktenkoffer.
    »Möchten Sie hier drauf unterschreiben? Das wäre wahrscheinlich das Beste. Sonst gibt es hier keine glatte Oberfläche.«
    »Okay.«
    Der kleine Mann rutschte von seinem Sessel und kam zu Bosch. Der holte einen Stift aus seiner Tasche und reichte ihn ihm. Pells Gesicht kam ganz nah an das von Bosch heran, als er sich, den Stift in der Hand, über das Dokument beugte. Als er zu sprechen begann, konnte Bosch seinen heißen Atem in seinem Gesicht spüren.
    »Sie wissen doch, was man mit diesem Typen machen sollte, oder?«
    »Mit wem? Mit Hardy?«
    »Ja, mit Hardy.«
    »Was sollte man mit ihm machen?«
    »An den Eiern sollte man ihn aufhängen für das, was er diesem Mädchen und mir und den anderen angetan hat. Ich habe gestern Abend Fernsehen geschaut. Ich weiß, was er alles getan hat. Fünf Meter tief und mit dem Arsch nach oben sollte man dieses Schwein dafür vergraben. Aber stattdessen werden sie ihn in
Sixty Minutes
auftreten lassen und zum Star machen.«
    Bosch schüttelte den Kopf. Nur einmal. Da sah Pell etwas zu schwarz.
    »Ich bin nicht sicher, was Sie damit meinen, dass man ihn zum Star machen wird, aber ich bin sicher, die Staatsanwaltschaft wird die Todesstrafe beantragen und auch bekommen.«
    Pell lachte verächtlich. »Das ist doch alles nur ein Witz. Wenn man die Todesstrafe schon verhängt, sollte man sie auch vollstrecken und den Typen nicht noch zwanzig Jahre lang den dicken Larry machen lassen.«
    Diesmal nickte Bosch zustimmend, sagte aber nichts mehr. Pell kritzelte seinen Namen auf das Dokument und hielt Bosch den Stift hin. Als dieser ihn nehmen wollte, hielt Pell ihn fest. Sie sahen sich an.
    »Sie finden das genauso wenig gut wie ich«, flüsterte Pell. »Oder, Detective Bosch?«
    Erst jetzt ließ Pell den Stift los, und Bosch steckte ihn in die Innentasche seines Jacketts.
    »Ja«, sagte er, »ich finde das auch nicht gut.«
    Dann trat Pell zurück, und sie waren fertig.
    Als Bosch und Chu fünf Minuten später durch das Eisentor nach draußen gingen, blieb Bosch plötzlich stehen. Chu drehte sich zu ihm um und sah ihn an. Bosch warf ihm die Autoschlüssel zu.
    »Steig schon mal ein. Ich habe meinen Stift vergessen.«
    Bosch ging nach drinnen zurück. Hannah Stone schien mit ihm gerechnet zu haben. Sie stand im Empfangsbereich und wartete.
    »Könnten Sie noch mal kurz nach hinten mitkommen, Detective.«
    Sie gingen in das Sprechzimmer, und sie schloss die Tür. Als sie sich umdrehte, war das Erste, was sie tat, ihn zu küssen. Bosch war das peinlich.
    »Was hast du denn?«, fragte sie.
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich finde, wir sollten diese beiden Dinge lieber getrennt halten.«
    »Okay, tut mir leid. Aber du bist noch mal zurückgekommen – wie ich heimlich gehofft hatte.«
    »Na ja, schon …«
    Er musste lächeln, dass er bei seiner Inkonsequenz ertappt worden war.
    »Wie sieht’s bei dir morgen Abend aus?«, fragte er. »Nachdem gegen Hardy Anklage erhoben worden ist. Es hört sich vielleicht ein bisschen komisch an, wenn ich sage, dass ich das feiern möchte, aber es ist einfach so … es ist ein gutes Gefühl, so jemanden zu fassen,
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