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Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher
Autoren: Michael Connelly
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was er mir angetan hat?«
    Bosch hatte damit gerechnet, dass Pell diese Frage stellen würde.
    »Also, wir hoffen, wegen einer ganzen Reihe von Dingen Anklage gegen ihn erheben zu können. Deshalb sind wir hier, Clayton. Wir brauchen Ihre Hilfe.«
    »Wie ich schon letzte Woche gefragt habe: Was springt dabei für mich raus?«
    »Also, wie ich Ihnen bereits letzte Woche gesagt habe, werden Sie maßgeblich dazu beitragen, dass dieser Mann für immer hinter Gitter kommt. Ihr Peiniger. Vielleicht werden Sie ihm sogar vor Gericht gegenübertreten, wenn Sie der Staatsanwalt als Zeugen gegen ihn braucht.«
    Bosch schlug den Ordner auf seinem Aktenkoffer auf.
    »Mein Partner und ich waren heute Vormittag in der Staatsanwaltschaft, um die Beweise vorzulegen, die wir im Mordfall Lily Price gegen Hardy haben. Wir haben jetzt schon einiges an Belastungsmaterial zusammen, und im weiteren Verlauf der Ermittlungen werden noch wesentlich gravierendere Dinge dazukommen. Der DA hat vor, noch heute Anklage wegen Mordes gegen Hardy zu erheben. Wir haben ihm erzählt, welche Rolle Sie dabei gespielt haben und dass es eigentlich Ihr Blut war, das an dem Opfer gefunden wurde, und …«
    »Was soll ich dabei für eine Rolle gespielt haben?«,
kreischte Pell los. »Ich habe Ihnen doch gesagt, ich war nicht mal dabei, und jetzt erzählen Sie dem DA , dass ich daran beteiligt war.«
    Bosch ließ den Ordner auf den Aktenkoffer fallen und hob beschwichtigend die Hände.
    »Immer mit der Ruhe, Clayton, das haben wir doch gar nicht. Ich mag mich vielleicht gerade etwas ungeschickt ausgedrückt haben, aber lassen Sie mich bitte erst ausreden. Wir haben Folgendes gemacht, wir haben dem DA den Sachverhalt geschildert, wie er sich anhand der bisherigen Beweislage darstellt. Was wir wissen, welche Beweise wir haben und wie unserer Meinung nach alles zusammenhängt, ja? Wir haben ihm gesagt, dass Ihr Blut zwar am Opfer war, aber dass Sie gar nicht dabei waren. Und nicht nur das, sondern auch, dass Sie damals noch ein kleiner Junge waren und unmöglich daran beteiligt gewesen sein konnten. Darüber ist er also im Bilde, ja? Er weiß, dass auch Sie ein Opfer dieses Kerls waren.«
    Pell antwortete nicht. Stattdessen drehte er sich auf dem Sessel zur Seite, wie er das bereits in der vorigen Woche getan hatte.
    »Clayton«, sagte Stone. »Hören Sie bitte zu. Das ist wichtig.«
    »Ich muss zur Arbeit.«
    »Wenn Sie jetzt gut zuhören und Detective Bosch nicht unterbrechen, werden Sie es noch rechtzeitig schaffen. Aber das hier ist sehr wichtig. Nicht nur für diesen Fall, sondern auch für Sie. Bitte drehen Sie sich wieder zu uns und hören Sie zu.«
    Widerstrebend rutschte Pell in seinem Sessel herum, so dass er wieder Bosch zugewandt war.
    »Okay, okay, ich höre ja schon.«
    »Also gut, Clayton, ich will nicht lange herumreden. Es gibt nur eine einzige Straftat, die nicht verjährt. Wissen Sie, was das heißt?«
    »Es heißt, dass Sie einen deswegen nicht mehr anklagen können, wenn eine gewisse Zeit verstrichen ist. Bei Sexualverbrechen sind das in der Regel drei Jahre.«
    Bosch merkte, dass Pell mehr als nur oberflächlich mit dem Thema Verjährungsfristen vertraut war. Wahrscheinlich hatte er sich während seiner Haft wegen seiner eigenen Straftaten über die in Kalifornien geltenden Regelungen kundig gemacht. Das rief Bosch drastisch in Erinnerung, dass der quengelige kleine Mann, der ihm gegenübersaß, ein gefährlicher Gewaltverbrecher war, und Gewaltverbrecher wussten immer sehr genau über ihre rechtliche Situation Bescheid.
    Für die meisten Sexualstraftaten betrug die Verjährungsfrist drei Jahre. Aber Pell täuschte sich. Aufgrund einer Reihe von Ausnahmeregelungen, die mit dem Alter des Opfers und dem Charakter der Straftat zusammenhingen, hätte Hardy wegen der gegen Pell begangenen Straftaten angeklagt werden können, bis Pell achtundzwanzig Jahre alt wurde. Obwohl jedoch Pell den Gefängnisgutachtern seine Geschichte schon Jahre bevor er dieses Alter erreicht hatte zu erzählen begonnen hatte, hatte es niemand für nötig befunden, deswegen ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Bosch war zwar sicher, dass Hardy keine weiteren Morde mehr begehen würde und zumindest für einige seiner Taten büßen musste. Aber für das, was er Clayton Pell angetan hatte, konnte er nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden.
    »Das ist grundsätzlich richtig«, sagte Bosch. »In der Regel sind es drei Jahre. Demnach kennen Sie wahrscheinlich die Antwort
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