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Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher
Autoren: Michael Connelly
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auf Ihre Frage. Wir können wegen dem, was Hardy Ihnen angetan hat, nicht mehr Anklage gegen ihn erheben, Clayton. Das macht aber nichts, weil Sie ganz maßgeblich dazu beitragen können, dass er wegen Mordes angeklagt wird. Wir haben dem DA erklärt, dass das Blut an Lily Prices Leiche Ihr Blut war und dass Sie vor Gericht zu Protokoll geben werden, wie es dorthin gelangt ist. Sie werden Gelegenheit erhalten, darüber auszusagen, was Hardy Ihnen angetan hat – also über den sexuellen
und
den körperlichen Missbrauch. Sie werden sogenannte Überbrückungsaussagen machen, Clayton. Sie werden uns helfen, eine Brücke zu bauen, die von der an diesem Mädchen gefundenen DNA zu Chilton Hardy führt.«
    Bosch griff wieder nach dem Schriftstück.
    »Etwas, was der DA jetzt sofort von Ihnen braucht, ist eine eidesstattliche Versicherung, in der die Fakten Ihrer Beziehung zu Hardy dargelegt werden. Mein Partner und ich haben diesen Text anhand der Notizen aufgesetzt, die ich mir bei unserem Gespräch letzte Woche gemacht habe. Ich möchte, dass Sie sich alles durchlesen und, wenn es zutreffend ist, unterschreiben. So werden Sie uns helfen, dafür zu sorgen, dass Hardy den Rest seines Lebens in der Todeszelle verbringt.«
    Bosch hielt ihm das Schriftstück hin, aber Pell wedelte es weg.
    »Lesen Sie es mir doch einfach vor.«
    Bosch wurde klar, dass Pell wahrscheinlich nicht lesen konnte. In seinen Personalunterlagen gab es keinerlei Hinweise, dass er regelmäßig die Schule besucht hatte, und zu Hause war er mit Sicherheit nicht dazu angehalten worden, zu lesen oder sonst etwas zu lernen.
    Bosch begann, das eineinhalb Seiten lange Dokument vorzulesen. In Beherzigung der Devise
weniger ist mehr
wurde darin bestätigt, dass Pell zum Zeitpunkt von Lily Prices Ermordung in Hardys Wohnung gewohnt hatte und in dieser Zeit sexuell missbraucht und körperlich misshandelt worden war. Des Weiteren war festgehalten, dass Pell von Hardy regelmäßig mit einem Gürtel geschlagen worden war und davon auf dem Rücken immer wieder blutige Wunden davongetragen hatte.
    Und schließlich wurde in der eidesstattlichen Versicherung bescheinigt, dass Pell Hardy auf einem Foto, das ihm zusammen mit Bildern anderer Personen vorgelegt worden war, identifiziert hatte und das Haus, in dem er in den späten achtziger Jahren bei Hardy gewohnt hatte, zweifelsfrei wiedererkannt hatte.
    »Der Unterzeichnende«, las Bosch vor, »bestätigt die Richtigkeit dieser Angaben und hält sie für eine zutreffende und wahrheitsgemäße Darstellung seines Verhältnisses zu Chilton Hardy junior im Jahr 1989 .« Bosch ließ das Schriftstück sinken und blickte auf. »Das war’s dann auch schon.«
    Er sah Pell an, der scheinbar zustimmend nickte.
    »Ist das okay so?«, fragte ihn Bosch.
    »Ja, nichts dran auszusetzen«, sagte Pell. »Allerdings steht da auch drin, dass Chill ein Foto von mir gemacht hat, wie ich ihm die Tülle lutsche.«
    »Na ja, nicht unbedingt in diesem Wortlaut, aber …«
    »Muss das unbedingt da drinstehen?«
    »Eigentlich schon, Clayton. Wir haben nämlich das Foto gefunden, das Hardy Ihren Aussagen zufolge gemacht hat. Wir haben die Schuhschachtel gefunden. Deshalb möchten wir es in Ihrer Erklärung stehen haben, weil dieses Foto Ihre Aussagen stützt.«
    »Das verstehe ich nicht. Wieso brauchen Sie dafür dieses Foto?«
    »Weil es den Wahrheitsgehalt Ihrer Aussage bestätigt, das Ganze glaubhafter erscheinen lässt. Sie behaupten, dass dieser Typ Sie dazu gezwungen hat, und dann können wir zur Bestätigung dieses Foto vorlegen.«
    »Dann werden dieses Foto also alle möglichen Leute zu sehen kriegen?«
    »Nur sehr wenige. Und die Medien bekommen es auf keinen Fall. Es ist nur ein Element, das unsere Beweisführung stützt.«
    »Außerdem«, flocht Stone ein, »ist das nichts, dessen Sie sich schämen müssten, Clay. Sie waren damals ein Kind. Er war ein Erwachsener. Sie waren ihm vollkommen ausgeliefert. Er hat Sie auf übelste Art und Weise missbraucht, und Sie konnten nichts dagegen tun.«
    Pell nickte, mehr zu sich selbst als zu Stone.
    »Sind Sie bereit, diese Erklärung zu unterschreiben?«, fragte Bosch.
    Jetzt hieß es entweder oder.
    »Ich unterschreibe es, aber was passiert dann weiter?«
    »Wir bringen es zum DA zurück, wo es in die Akte kommt und die Anklagepunkte stützt, die er heute Nachmittag einreicht.«
    »Nein, ich meine, mit ihm. Mit Chill. Was passiert dann mit ihm?«
    Bosch nickte. Jetzt verstand er.
    »Im Moment wird
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