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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol
Autoren: Guido Knopp
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sich derweil auf eine Estancia seines Wohltäters Don Pedro zurück und schrieb an seinem Reisebericht, der so schnell wie möglich erscheinen und Geld in die Kasse spülen sollte. Der Chef verspürte jedoch offenbar wenig Lust, sich ebenfalls von den Massen feiern zu lassen, und traf am letzten Julitag allein in Kristiania ein – unter falschem Namen, glatt rasiert und mit dicker Hornbrille. Unverzüglich eilte er ins Schloss und meldete seinem König endlich persönlich die Eroberung des Südpols.
    Nun hätte nach dem Umweg nach Süden eigentlich die von Nansen weiterhin lautstark eingeforderte Hauptreise nach Norden folgen müssen. Doch mit der Begründung, dass die Finanzierung nicht gesichert sei –
dabei waren zu diesem Zeitpunkt schon über 300 000 Kronen an öffentlichen und privaten Spenden zusammengekommen –, brach Amundsen als Nächstes zu einer großen Vortragsreise auf: Zuerst hielt er seine kinematografisch angereicherten Vorlesungen in Norwegen, dann im Rest von Skandinavien, schließlich in Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien und der Schweiz. Was aber war mit Großbritannien? Erzürnt über die missgünstigen Äußerungen aus dem Umfeld der Royal Geographical Society, hatte Amundsen erwogen, die Einladung in die Höhle des Löwen ganz auszuschlagen. Nach Vermittlung König Haakons jedoch fand er sich schließlich bereit, auch auf der britischen Insel aufzutreten. »Ich bin entschlossen, in England mein Recht zu fordern. Ein Mann, der das verliert, verliert sich selbst und wird überall an Achtung und Sympathie einbüßen«, gab sich Amundsen kämpferisch.
    Abb 218
    Abb 184
    Überall in Europa riss man sich um Amundsen als Redner, so auch in Berlin (links) und sogar im Vereinigten Königreich.
    Am 14. November betrat er in Dover britischen Boden und reiste weiter nach London, wo er am darauf folgenden Tag in der Queen’s Hall eine Rede vor den Kapazitäten der RGS hielt. Der Vortrag wurde zwar kein glänzender Erfolg, doch immerhin schienen alle Differenzen endgültig ausgeräumt. Doch dann ergriff beim anschließenden Dinner Lord Curzon, einstmals mächtiger Vizekönig von Indien und nunmehr Präsident
der RGS, das Wort. »Lord Curzon besprach eingehend den Anlass für meinen Vortrag und hob besonders den Wert hervor, den ich den Hunden als Mitarbeitern an unserem Erfolg beigemessen hatte«, schrieb Amundsen später in seiner Autobiografie. »Lord Curzon beendete seine Ansprache mit den Worten: ›Ich fordere Sie daher auf, in ein dreimaliges Hurra für die Hunde einzustimmen‹ – wobei er im nächsten Augenblick die spöttische und herabsetzende Absicht dieser Worte noch deutlich unterstrich, indem er sich mit überflüssig beruhigender Gebärde an mich wandte, um mich, obgleich ich auf diese allzu durchsichtig verschleierte Beleidigung in keiner Weise reagiert hatte, mit großem Ernst zu ersuchen, von einer Erwiderung abzusehen.« Amundsen machte gute Miene zum bösen Spiel, doch das Tischtuch zwischen dem Entdecker und den Briten, dieser »Plumpuddingnation«, war für ihn damit ein für alle Mal zerschnitten.
    Drei Tage zuvor hatten die 15 000 Kilometer weiter südlich ausharrenden Männer der britischen Antarktisexpedition endlich Gewissheit über das Schicksal von Kapitän Scott und seinen Gefährten erlangt. Seit Cherry-Garrard und Dmitrij am 16. März mit den Hunden wieder am Hut Point eingetroffen waren, hatte die Vorahnung des Unheils über ihnen geschwebt, doch noch hatten sie die Hoffnung nicht aufgeben wollen. Scotts Plan hatte schließlich die Rückkehr der Polgruppe für Ende März vorgesehen, manchmal war sogar von Anfang April als letztmöglichem Termin die Rede gewesen. Die bittere Kälte und die Stürme, die über Hut Point hinwegfegten, sprachen zwar eine andere Sprache, doch noch einmal machte sich Atkinson mit einem Begleiter am 27. März auf den Weg, um die Polfahrer zu suchen. Sie kamen nur bis Corner Camp, dann mussten sie vor den eisigen Temperaturen und dem tobenden Orkan kapitulieren und umkehren. Atkinson war jetzt davon überzeugt, dass die Polgruppe verloren war. Dann und wann heulten zwar noch die Hunde, was sie immer getan hatten, wenn eine Rückkehrergruppe sich der Hütte näherte, doch niemand kam. Anfang April schrieb Cherry-Garrard in sein Tagebuch: »Wir müssen dem nun ins Auge sehen: Die Polgruppe wird höchstwahrscheinlich nicht mehr zurückkommen. Und wir können nichts mehr tun.«
    Für die verbliebenen Männer begann nun der zweite Winter in
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