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Der weiße Bikini

Der weiße Bikini

Titel: Der weiße Bikini
Autoren: Carter Brown
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geradezu Ätherisches, das
lediglich durch die empfindliche Kurve der vollen sinnlichen Lippen
beeinträchtigt wurde.
    »Meine Tochter Jennifer«, sagte
Monteigne langsam. »Als das Porträt gemalt wurde, war sie neunzehn .«
    »Sie ist sehr schön«, sagte ich
aufrichtig.
    »Das war vor drei Jahren .«
    Er ließ sich langsam in seinen
Schreibtischsessel nieder. Ein schwaches Klicken wurde hörbar, und plötzlich
versank das Gemälde wieder in schattigem Dunkel. Er musterte mein Gesicht
einige Sekunden mit finsterem Blick, dann richtete er seine Augen auf einen
Punkt über meinem Kopf.
    »Sie war immer ein schwieriges
Kind«, murmelte er. »Launisch, eigensinnig und völlig egoistisch. Von früher
Kindheit an zeigte sie ein herausforderndes Benehmen. Die größte Sinnlosigkeit
beging sie ein Jahr nachdem das Bild gemalt worden war. Sie riß von zu Hause
aus und ließ sich heimlich in Nevada trauen. Vermutlich plante sie eine
triumphale Heimkehr mit dem Bräutigam im Schlepptau. Die ganze Angelegenheit
war völlig absurd. Der Mann, den sie heiratete, war ein glücksritternder Strolch — was ich ihr in allen Einzelheiten drei Wochen zuvor klargemacht
hatte. Damals begriff ich zum erstenmal, daß ihre Vernarrtheit doch ernster
war, als ich angenommen hatte. Aber das war typisch für Jennifer: >Getan
wird es auf jeden Fall, denn hinterher ist es für Daddy zu spät, noch irgend etwas zu unternehmen<. Aber dieses Mal habe ich
etwas unternommen .«
    Er nahm eine Zigarette aus der
silbernen Schachtel auf seinem Schreibtisch und zündete sie behutsam an. »Ich
begab mich am Tag vor der Ankunft von Braut und Bräutigam auf eine dreimonatige
Europareise. Mein Butler überreichte Jennifer eine von mir verfaßte Mitteilung
und schloß dann höflich die Tür vor beider Nase. Die Mitteilung war kurz und
bündig. Sie besagte, daß sie, soweit es mich betraf, als tot gelten könne. Ihre
monatliche Zuwendung sei in dem Augenblick eingestellt worden, als ich das
Telegramm erhielt, in dem ich über ihre Eheschließung ins Bild gesetzt worden
war. Ihre Kleider seien bereits der Fürsorge überlassen und ihre persönlichen
Habseligkeiten mit dem Müll aus dem Haus geschafft worden. Niemals wieder würde
sie einen Fuß über die Schwelle des Hauses setzen .« Mit einer leichten Bewegung seines Kopfes zum Porträt hin fügte er hinzu:
»Seither habe ich nicht einmal die Beleuchtung des Bildes angemacht oder einen
Blick darauf geworfen — jedenfalls nicht bis heute .«
    »Das alles geschah vor zwei
Jahren ?« sagte ich.
    »Ja«, sagte er und nickte kurz.
    »Und jetzt wollen Sie, daß ich
Ihre Tochter wiederfinde, Mr. Monteigne ?«
    »Nein«, sagte er tonlos. »Ich
habe sie ganz zufällig gestern abend selber wiedergefunden. In einer der kurzen Nachrichten auf den letzten Seiten
der Nachmittagszeitung. Sie befindet sich im Leichenschauhaus, Holman. Man hat
ihre Leiche gegen acht Uhr morgens an einem Strand direkt nördlich von Malibu
gefunden .«
    »Dann — halten Sie also für
möglich, daß es sich dabei um keinen Unfall gehandelt hat ?« fragte ich. »Und Sie möchten, daß ich mir so oder so darüber Gewißheit
verschaffe ?«
    »Hören Sie auf, mir Worte in
den Mund zu legen, Holman .« In seiner Stimme klang
nackte Verachtung mit. »Mir ist völlig schnurz, auf welche Weise sie umkam.
Unfall, Selbstmord oder Mord — was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Mich
interessiert einzig und allein, auf welche Art und Weise sie die letzten beiden
Jahre verbrachte. Mir war von jeher klar, daß sie auf diese Weise enden würde!
    Vom Augenblick an, als ihre
Mutter starb — sie war damals erst vier —, habe ich es kommen sehen. Es bestand
da direkt ein unausweichlicher und vorgezeichneter Ablauf von Selbstzerstörung.
Verstehen Sie? Aber jetzt bleibt da ein leerer Fleck — diese letzten beiden
Jahre — , und ich möchte, daß dieser weiße Fleck
ausgefüllt wird. Das ist Ihr Auftrag, Holman, diesen weißen Fleck auszufüllen.
Ich möchte von dem Zeitpunkt ab, als der Butler ihr jene Mitteilung übergab,
bis gestern früh, als ihre Leiche am Strand angeschwemmt gefunden wurde, im
Detail wissen, was mit Jennifer geschah.«
    »Na, schön«, sagte ich, ohne
irgendwelche innere Beteiligung in der Stimme, »ich werde bei der Polizei
anfangen —«
    »Sie werden nichts dergleichen
tun«, fuhr er mich an. »Ich möchte unter keinen Umständen, daß mein Name in
irgendeiner Weise mit ihr in Verbindung gebracht wird. Es scheint, daß sie
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