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Der Weihnachtspullover

Der Weihnachtspullover

Titel: Der Weihnachtspullover
Autoren: Glenn Beck
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recht, Eddie. Du bist Gott egal. Das ist schon immer so gewesen. « Die Worte gaben meine Gedanken wieder und hätten eigentlich tröstlich sein sollen, aber als ich den Tonfall der Stimme vernahm, lief mir ein Schauer über den Rücken.
    Das inzwischen so vertraute leise Flüstern erwiderte: » Gott liebt dich, Eddie. Komm nach Hause, es wird alles wieder gut. «
    » Nein, Eddie «, widersprach das Maisfeld, dessen Stimme an Kraft gewann. » Du gehörst hierher. Dieses Maisfeld ist dein Zuhause. «
    Ich schaute wieder zu dem Sturm hinüber. Darin vermischten sich Schwarz, tiefes Grün und Silber wirbelnd zu einer Wolke, die am Himmel keuchte und wogte. Der Sturm kam mir eigenartig lebendig vor. Schien mich zu locken.
    Mit einer Stimme wie meiner eigenen spöttelte das Maisfeld: » Ich werde es mir verdienen. Das verspreche ich dir. «
    Aber jedes Mal, wenn die dreiste Stimme sprach, konterte das beruhigende Flüstern sogleich. » Komm nach Haus. «
    »Ich kann nicht nach Hause«, schrie ich. »Ich weiß ja nicht mal, wie ich von hier dahin komme.«
    Das Flüstern sagte: » Geh dem Sturm entgegen. «
    Das Maisfeld reagierte sogleich, als ob es in Panik geriet, weil ich auf das Flüstern hören könnte. » Der Sturm wird dich zermalmen, Eddie. Er tötet alle, die ihm entgegentreten. « Die Stimme gewann von Minute zu Minute an Selbstvertrauen, wurde lauter und kräftiger. » Sieh dich doch nur um, Eddie, du bist zu Hause. Hier gehörst du hin. «
    Ich sah mich um und wusste, dass die Stimme recht hatte. Ich hatte es verdient, an diesem Ort zu sein. Er bot keinen Trost, aber dafür hatte ich die Gewissheit, dass ich nicht noch mehr Schmerz erleiden musste.
    » Du hast so viel mehr verdient, Eddie. « Das leise, sanfte Flüstern war nun kaum noch zu hören. Es wusste, dass es verlor. » Du musst nur den ersten Schritt tun. «
    Ich saß in der Falle. Vor mir lag ein Weg, der in einen Sturm hineinführte, der den Tod verhieß. Hinter mir war eine Wand aus Schatten und Kummer. Und so stand ich da und hatte Angst, mich vorwärtszubewegen, und konnte dabei doch auch nicht mehr zurück.

 
     
     
     
     

 

Kapitel 15
     
er Sturm heulte und stöhnte, während ich hineinstarrte. Ich sank erneut auf die Knie und begann zu weinen. Aber dieses Mal flossen nicht nur Tränen, sondern ich schrie auch nach meiner Mutter.
    Ich sah ihr Gesicht vor mir. All die Schuldgefühle und die Wut und die Vorwürfe, die sich seit Moms Tod – und auch schon lange davor – immer weiter in mir aufgestaut hatten, sprudelten einer Sturzflut gleich aus mir hervor. Ich benötigte eine ganze Weile, um die Worte dem Schluchzen und Würgen und dem bebenden Wispern beizumischen, die die Luft um mich erfüllten.
    Dann betete ich. »Gott«, schrie ich, »ich baue immer nur Mist. Bitte hilf mir, einen Weg zu finden, um alle wissen zu lassen, wie leid mir das tut, was ich getan habe, und auch das, was ich zu tun versäumt habe.« Bilder meiner Mutter, meines Vater, meiner Großmutter und meines Großvaters schossen mir durch den Kopf. Es war mir inzwischen egal, was mit mir geschah. Ich hatte mich mit einem Leben abgefunden, das dem Maisfeld ähnelte, in dem ich mich befand, aber der Gedanke, all das, was geschehenwar, niemals wiedergutmachen zu können, war mir unerträglich.
    Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte, aber als ich meine Augen öffnete, sah die Welt immer noch genauso aus: der ganz allmählich dämmernde Tag, eine Wand aus vertrocknetem Mais hinter mir und der unwirkliche, heftig wogende Sturm vor mir. Ein scheußliches, hoffnungsloses Gefühl erfüllte meine Brust: Vielleicht ist es zu spät.
    Wie als Antwort auf meine Gedanken sprach das Flüstern wieder. »Trete dem Sturm entgegen, Eddie.«
    Da war ein Rascheln in dem Mais hinter mir. Ich fuhr herum.
    »Hallo, Eddie.«
    Es war eine neue Stimme, aber eine seltsam vertraute. Ein Mann trat aus der Dunkelheit zwischen den Stängeln. Das Licht von den Blitzen des Sturms erlaubte mir einen kurzen Blick auf sein Gesicht.
    »Russell?« Wie lange mochte er wohl schon dort gewesen sein?
    »Ist alles in Ordnung, Eddie?«
    Ich erhob mich von meinen Knien und wischte den Staub mit den Händen ab. »Nein.«
    »Wohin gehst du?«, fragte er.
    »Nach Hause.«
    Russell blickte verwirrt drein. »Was tust du dann hier?« »Ich habe mich verlaufen.«
    »Das stimmt nicht ganz.«
    Ich blickte ihn fragend an. »Nein?«
    »Nein.« Russell starrte mir in die Augen. Ich hatte das Gefühl, als ob sein Blick
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