Der Weg in Die Schatten
alt. Ich hoffe, Sie können es gebrauchen. Ich muß jedoch erwähnen, daß ihr Haar, soweit ich weiß, inzwischen blond ist, und nicht brünett, wie auf dem Bild.
Das andere ist ihr Abschlußfoto von Marriane Hills. Ich weiß zwar nicht, wozu Sie es brauchen, aber da Sie darauf bestanden haben …
Bitte teilen Sie mir doch mit, zu welchen Ergebnissen Sie bisher gekommen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Mrs Barbara Tyler
‐ NACHRICHT ENDE ‐
Während er las, hatte sein System die Bilder geladen und aufbereitet. Ellen Tyler‐Rand war eine attraktive Frau, obwohl ihr das besondere Etwas fehlte, das ihrer Mutter zu eigen war.
Vermutlich war das Bild im Freien, auf irgendeiner Gesellschaft gemacht worden. Sie hatte ein rundes Gesicht und volle Lippen.
Ihre Augen waren jedoch kleiner, als es die Mode momentan forderte. Sie lachte, stand leicht von der Kamera abgewandt und hielt mit einer Hand einen Hut mit weißer Krempe auf dem Kopf fest. Sie hatte, wie in dem Brief erwähnt, brünettes Haar. Cross gab dem Computer die Anweisung, ihre Haarfarbe entsprechend neu zu berechnen.
Während der Rechner damit beschäftigt war, rief er das zweite Bild auf. Mrs. Tylers Angestellter, wer immer er auch sein mochte, hatte gute Arbeit geleistet. Die Kopie war fast so scharf wie das Original.
Er wechselte in den Vergrößerungsmodus und begann, die Gesichter der Mädchen auf dem Photo zu untersuchen. Da er jedoch nur eine Kopie hatte, stieß seine Neugier bald an die Grenze der Auflösung. Er wählte einige Gesichter aus und wies das Programm an, sie zu extrapolieren. Er nahm an, daß das einige Stunden dauern würde.
Ellen Tyler‐Rands Bild war inzwischen jedoch fertig, und er druckte es in handlicher Größe aus. Danach lud er die zweite Nachricht in das Trideo‐System. Nachdem er den Absender gelesen hatte, mochte er sie kaum noch anschauen.
Auf dem Schirm tauchten kurz das Logo von UCAS Data Systems und ihr augenblicklicher Werbespruch, ›Trideo-Mail™ ‐ Denn der Ton macht nur das halbe Bild ‹, auf. Danach erschien die Mitteilung, daß die Nachricht vor zwei Stunden aufgezeichnet worden war. Der Absender saß, wie er erwartet hatte, im Matchsticks .
Das Rot im Bild war um einige Pixel verschoben, so daß er keinen Zweifel mehr am Ursprung der Sendung hatte. Der Absender drehte sich zur Kamera, während das Bild sich aufbaute. Sie blinzelte einmal, schaute ihm dann genau in die Augen und fing an zu reden.
»Brandon, ich bin es. Das war dumm. Natürlich weißt du, daß ich es bin, schließlich kannst du mich ja sehen. Auf jeden Fall muß ich etwas loswerden, egal ob du zuhörst oder nicht. Schalte mich ruhig aus, wenn du willst. Ich werde dich sowieso weiter belästigen.«
Janey Zane hatte ihre Haare kurz schneiden lassen, seit sie sich zum letzten Mal gesehen hatten. Die schwarze Motorradjacke war dieselbe wie eh und je, aber er konnte nicht sagen, was sie darunter trug ‐ wenn überhaupt etwas. Ihre linke Hand spielte geistesabwesend mit dem Reißverschluß.
Die Worte sprudelten immer noch wie ein Wasserfall aus ihr heraus, aber ihr Körper zeigte eine ungewohnte Ruhe. Er hätte die Stop‐Taste beinahe noch rechtzeitig gedrückt.
»Okay, gut «, fuhr sie fort. »Deine Einstellung geht mir ganz schön gegen den Strich. Denkst du etwa nicht, wir alle hätten uns Gedanken über das gemacht, was passiert ist. Wir stecken beide ziemlich tief in der Sache drin. Glaubst du etwa, mir tut das Ganze nicht weh?«
Sie starrte ihn an. In diesem Moment war ihm egal, daß ihre Augen nicht echt waren.
»Natürlich fühlst du dich verantwortlich. Ich würde gar nichts mehr mit dir zu tun haben wollen, wenn das nicht so wäre. Es war deine Angelegenheit, Brandon. Deaver hat es gesagt, und wir alle haben zugestimmt. Brandon saß im Auto, er mußte etwas tun, hat er gesagt. Die Sache würde heiß werden, das war von Anfang an klar. Es gab keine Möglichkeit, die Steuben herauszuholen. Deine Sache. Deaver und ich, wir dachten, du hättest einen Ausweg gefunden, also sind wir geblieben.«
Janeys Augen schweiften für einen Moment ab.
»Ich weiß nicht, was Kristen sich dabei gedacht hat. Wahrscheinlich sind ihr die Jobs zu nahe gegangen. Du hast es gesehen, wir alle haben es.
Deaver meint, daß sie im Lauf des letzten Jahres wieder mit BTLs angefangen hat. Sie war früher ein Chiphead, wußtest du das? Reiche Eltern, schlimme Kindheit, sie war sogar auf einer dieser Vorbereitungsschulen in Kalifornien. Kannst du dir das
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