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Der Weg des Feuers

Der Weg des Feuers

Titel: Der Weg des Feuers
Autoren: Christian Jacq
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Fall müssten wir hart durchgreifen. Vergesst nicht, Medes, der Prophet duldet keinen Misserfolg.«

    5

    Viele Männer arbeiteten am Ausbau der Herrschermauern, einer Befestigungsanlage zur Sicherung der nordöstlichen Grenze Ägyptens, die die aufständischen Stämme, die einen Teil des syrischen Palästina durchstreiften, davon abschrecken sollten, einen Überfall zu wagen. Die alten Bauwerke wurden in Stand gesetzt, neue wurden errichtet. Die einzelnen Festungen standen über optische Zeichen und Brieftauben miteinander in Verbindung. Die Besatzung aus Soldaten und Zollbeamten überprüfte aufs Genaueste die Waren und die Herkunft der Reisenden, die die Grenze überschreiten wollten. Nach dem Anschlag auf den Pharao war erhöhte Wachsamkeit angesagt. Einige der Widerständler aus Kanaan waren zwar beseitigt worden, aber es gab sicher genug andere, die versuchen würden, ins Delta zu gelangen und ihre Kameraden zu rächen. Deshalb wies die Armee alle verdächtigen und unerwünschten Personen zurück und ließ keinen ohne ausführliches Verhör passieren. »Jeder, der diese Grenze überschreitet, wird mein Sohn«, hieß es in einem Erlass des Pharaos.
    Und auch wer Ägypten Richtung Kanaan verlassen wollte, musste sich einer strengen Überprüfung unterziehen: seinen Namen, den Grund der Reise und den genauen Zeitpunkt der Rückkehr angeben. Schreiber legten Schriftstücke an, die regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht wurden. Für Iker bedeutete das eine heikle Angelegenheit, weil er bei seinem Grenzübertritt keine Spuren hinterlassen durfte. Diese erste Hürde war aber nicht nur eine entscheidende Prüfung, sondern würde ihm auch erlauben, den aufständischen Kanaanitern glaubhaft zu machen, dass er aus seiner Heimat geflohen war, in der ihn die Sicherheitskräfte verfolgten. Sollten sie Spitzel unter der Besatzung der Herrschermauern haben, konnten sie sich davon überzeugen, dass er keine amtliche Ausreiseerlaubnis mit sich führte und sich wirklich wie ein heimlicher Grenzgänger verhalten hatte. Iker überdachte den Umfang der Sicherheitsvorkehrungen: Es gab zahlreiche Bogenschützen in den Schießscharten der Wachtürme und Bodentruppen, die ständig einsatzbereit waren. Jeder Durchbruchversuch war zum Scheitern verurteilt. Wurde eine Grenzfestung im Sturm überrannt, hatte sie immer noch genug Zeit, die nächstliegende zu warnen. Die Nachricht von dem Angriff würde sich schnell verbreiten, und bald würde Verstärkung eintreffen.
    Ohne vertrauliche Hinweise wäre es Iker nicht gelungen, die Herrschermauern unbemerkt zu überwinden. Aber Sehotep, der Träger des Königlichen Siegels, hatte ihm eine sehr genaue Karte gegeben, auf der auch die letzte Schwachstelle der Befestigungsanlage verzeichnet war. Also begab sich der junge Mann bei Einbruch der Nacht dort in ein unübersichtliches Dickicht.
    Er hatte ein altes, allein stehendes Mauerwerk vor sich, das gerade erneuert wurde. An den brennenden Fackeln konnte man erkennen, dass soeben der Wachwechsel stattfand. Iker nutzte diese wenigen Minuten der Unachtsamkeit und lief so schnell er konnte nach Kanaan.

    Der Kommandant hielt gar nichts von seinem neuen Einsatzort und sehnte sich nach der Kaserne von Memphis zurück, die ganz in der Nähe der Hauptstadt mit ihren zahllosen Vergnügungen lag. Hier schien die Zeit überhaupt nicht zu vergehen.
    Gleich am nächsten Tag wollte er das Dickicht um die Festung herum abbrennen lassen, damit jeder, der sich dort bewegte, sofort entdeckt werden konnte. Versuchte jemand zu fliehen, hatten die Bogenschützen Befehl zu schießen; deshalb übten sie täglich, was die Langeweile ein wenig vertrieb. Zum Glück war General Nesmontu ein erfahrener Offizier, der großzügig Urlaub gewährte und häufig Teile der Besatzung auswechselte, um Überdruss und Mangel an Wachsamkeit vorzubeugen. Mit einem solchen General als oberstem Vorgesetzten machten die Soldaten ihre Arbeit gern. Es war Zeit für den Wachwechsel.
    Gefolgt von einem Dutzend Bogenschützen, steuerte der Kommandant auf den Wachturm zu, auf dem gerade die Fackeln angezündet wurden. Für gewöhnlich dauerte die Übergabe nicht lange, weil die wachhabenden Männer nur allzu gern der nächsten Schicht Platz machten und so schnell wie möglich zum Essen wollten.
    An diesem Abend aber herrschte ungewohnte Unruhe. Die Bogenschützen, die noch im Dienst waren, redeten laut, es klang fast nach Streit, und kamen nicht vom Turm herunter.
    »Was ist denn da oben
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