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Der Weg des Falken (Literatur-Literatur) (German Edition)

Der Weg des Falken (Literatur-Literatur) (German Edition)

Titel: Der Weg des Falken (Literatur-Literatur) (German Edition)
Autoren: Jamil Ahmad
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»Und wenn’s nach mir ginge, würde ich sie am liebsten als Braut verkaufen.«
    »Sie ist also nicht in dich verliebt, Afzal Khan?«, sagte einer der Händler lachend.
    »Bislang nicht«, konterte er. »Aber wenn ich es darauf anlegte, würde sie mir nicht widerstehen können.«
    Am dritten Tag nahm das Gespräch einen ernsthafteren Ton an. Auf den Preis für Sherakai einigte man sich ohne allzu große Schwierigkeiten. Die zwei Händler kamen überein, sich zusammenzutun, und kauften sie gemeinsam zu gleichen Anteilen. Die Verhandlungen um Shah Zarina waren anstrengender. Als Jungfrau war sie eine Kostbarkeit, und jeder Mann hätte sie gern auf seiner Pritsche gehabt, aber die Händler schienen den Preis, den Afzal Khan verlangte, nicht bezahlen zu wollen, und er war nicht bereit, von seiner Forderung abzugehen.
    Während einer Verhandlungspause kam der junge Mann, an dem Afzal Khan am vergangenen Tag Gefallen gefunden hatte, zu ihm und begann, über Shah Zarina und die Schwierigkeit, den Handel abzuschließen, zu sprechen.
    »Habe ich dich richtig verstanden, dass du sie am liebsten als Braut verkaufen würdest?«, fragte er.
    »So ist es«, erwiderte Afzal Khan. »Sie ist die Richtige zum Heiraten. Sie wäre bereit, für ihren Mann und ihr Zuhause zu sterben.«
    »Den Eindruck habe ich auch«, sagte der junge Mann leise. »Aber ich bin nicht reich genug, um die Summe zu bezahlen, die du verlangst.«
    »Wie viel bietest du an?«
    »Dreitausend Rupien sind alles, was ich bei mir habe. Ich wünschte nur, ich hätte mehr.«
    Afzal Khan dachte eine Weile nach und sprach dann: »Ich werde deine dreitausend Rupien annehmen. Betrachte den Rest als mein Hochzeitsgeschenk. Zwar geht es mir gegen den Strich, mich auf ein so unvorteilhaftes Geschäft einzulassen, aber es soll kein Mann sagen können, dass Afzal Khan nicht bereit war, Geld zu verlieren, als es von ihm verlangt wurde.«
    Auf dem Gesicht des jungen Mannes breitete sich ein wundersames Lächeln aus. Er nahm Afzal Khans Hände und küsste sie, zählte die dreitausend Rupien ab und steckte sie in Afzal Khans Tasche.
    »Bring mich zu ihr!«
    Afzal Khan führte den jungen Mann zu dem kleinen Zimmer, in dem Shah Zarina seit dem Weggang ihrer Gefährtin allein saß. Er rief sie heraus und forderte sie auf, sich dem jungen Mann zuzuwenden.
    »Ich habe dich als Braut verkauft. Dieser junge Mann wird dich heiraten. Möge Gott euch Glück schenken.«
    Sie stand vor einem ganz in Schwarz gekleideten Mann. Das Ende seines Turbanschals war unter sein Kinn gezogen und dann wieder in sein Stirnband gesteckt worden. Er war klein von Wuchs – kaum so groß wie Shah Zarina.
    Sein pechschwarzer Bart und ein paar ungebärdige Locken lugten unter seinem Turban hervor. Shah Zarina richtete ihren Blick wieder auf Afzal Khan.
    »Ich danke dir«, sagte sie schlicht. »Ich werde immer für dich beten.«
    Am nächsten Morgen brachen die Käufer und Verkäufer allmählich wieder auf, so wie sie gekommen waren. Einzeln und in kleinen Gruppen zerstreuten sie sich und ließen das Dorf zurück, wie sie es vorgefunden hatten – eine verschlafene Ansammlung von Hütten, stumm, ohne Musik, von hungrigen Hunden durchstreift, bis das Nahen des nächsten Donnerstags sie von neuem zum Leben erwecken würde.
    Auf einem der Pfade wanderte Tor Baz, von Shah Zarina gefolgt, und tastete nach dem kleinen Silberamulett, das an die Innenseite seines Mantels genäht war. Er lächelte, wie er es meistens tat. Doch während er normalerweise ohne besonderen Grund lächelte, lächelte er diesmal über Afzal Khan.
    »Es ist kaum zu glauben«, dachte er, »dass Afzal Khan mir wirklich abgenommen hat, ich würde dieses Mädchen heiraten – die Vorstellung, dass solch ein erfahrener Veteran auf den ältesten Trick im Gewerbe hereinfällt! Offenbar wird der Mann allmählich wirklich alt. Unglaublich – wirklich unglaublich!
    Andererseits«, dachte er, während er weiterging und sich an den bärtigen Mullah aus den Albträumen seiner Kindheit erinnerte, der von den Schleiern zwischen dem Menschen und Gott gesprochen hatte, »könnte ich mit dieser schon sesshaft werden. Wer außer Gott weiß, was die Zukunft für mich und für dieses Land bereithält? Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, meine Wanderung zu beenden.«

Danksagung
    Die Veröffentlichung dieses Buches wäre nicht möglich gewesen ohne den beharrlichen Zuspruch meines Bruders Javed Masud, die unermüdlichen Anstrengungen Faiza S. Khans vom
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