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Der Weg der Helden

Der Weg der Helden

Titel: Der Weg der Helden
Autoren: David A. Gemmell
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zitternden Vagaren. Talaban lächelte. Der Anajo schob die fellbesetzte Kapuze zurück und schüttelte seine schwarzen Zöpfe aus. » Nomaden sind nah«, meinte er und tippte sich an seine Nase. » Kann sie riechen.«
    Die drei Vagaren duckten sich unwillkürlich, und Talaban sah die Furcht in ihren Augen. Wenigstens haben sie jetzt vergessen, wie kalt ihnen ist, dachte er.
    » Wie nah sind sie?«, fragte er den Stammesmann.
    » Einen halben Tag entfernt. Vielleicht zwanzig Reiter. Jagen Mammuts. Morgen sind sie nah. Vielleicht bei Einbruch von Nacht.«
    » Und all das kannst du riechen?«, warf einer der Vagaren ein.
    » Hab gute Nase«, erwiderte Mondstein, zwinkerte und strich sich über seine lange, gebogene Nase. Dann grinste er den Avatar an. » Wirst sehen. Morgen, zur Abenddämmerung.«
    Talaban hob seinen Arm zum Schiff, und sofort glitt das silberne Langboot rückwärts in die Bucht hinaus. Mondstein zog an der Pinne, worauf das Boot seinen Bug zur wartenden Schlange herumschwang. Talabans Blick blieb auf das schwarze Schiff gerichtet, mit seinem hohen Bug und seiner zerklüfteten Silhouette. Die nachträglich angebrachten Masten waren zwar abscheulich, aber in diesen Tagen schwindender Macht bedauerlicherweise notwendig. Vor fünfzig Jahren hatte es noch siebzig oder mehr solcher Kriegsschiffe gegeben. Sie befuhren die Ozeane, kartographierten neue Länder und setzten den Frieden des Avatar Primu durch. Jetzt gab es nur noch eins, Schlange Sieben, und ihre Energietruhe war beinahe leer, ihre Schönheit durch die plumpen Holzmasten entstellt, die man auf ihre Decks gepflanzt hatte. Hatte sie einst wie ein gigantischer Delphin die Fluten geteilt, so wälzte sie sich jetzt wie ein kranker Wal hindurch, musste stets dicht am Ufer bleiben, immer auf der Hut vor jeder großen Welle, die sie zum Kentern bringen konnte.
    Das silberne Beiboot legte längsseits des riesigen Kriegsschiffes an. Taue wurden heruntergelassen. Mondstein band je eines an Bug und Heck fest. Talaban stieg die Leiter zum Hauptdeck hinauf, erwiderte den Gruß der drei schwarz gekleideten Matrosen und eilte dann zu seiner Kajüte.
    Drinnen streifte er den Mantel von den Schultern, schnallte den Schwertgurt ab und stellte sich vor den Eisenkorb mit brennenden Kohlen unter dem Heckfenster. Während er die Hände in die Hitze hielt, schüttelte er sich vor Behagen. Obwohl Talaban die Kälte weit besser als die meisten anderen Männer ertrug, hasste er sie. Eine Luke im Fenster war geöffnet. Frische Luft strömte in die Kajüte, was den Gestank nach Kohle ein wenig linderte. Talaban blickte sehnsüchtig auf die Kristallkugeln in der Wand. Früher einmal hatten sie der Kapitänskajüte Hitze oder Licht gespendet, falls nötig sogar beides, aber mittlerweile war nur noch so wenig Energie in der Truhe, dass Talaban es nicht wagte, die Lampen zu aktivieren. Er trat an seinen Schreibtisch aus glänzendem Eichenholz und setzte sich, genoss den Luxus des ausladenden, gepolsterten Stuhls.
    Er schloss die Augen und dachte erneut an den Palast von Avatar Primu, die brennende Sonne und den Duft der Weinberge. Dort war Talaban eine Weile sehr glücklich gewesen, zufrieden damit, an den Karten zu arbeiten, die er im Jahr zuvor so sorgfältig skizziert hatte. In jenem Jahr war Questor Anu seines Amtes enthoben worden. Und man hatte Talaban geschickt, ihn zu verhören und zu entscheiden, ob er eine Bedrohung für den Staat darstellte.
    Das Verhör hatte in Anus Anwesen in den Außenbezirken der Stadt stattgefunden. Anu, wie alle Avatar ewig jugendlich, hatte ihn herzlich willkommen geheißen. Sie hatten sich in den Garten gesetzt, in Gesellschaft eines Schwachsinnigen mit schlaffem Kiefer, der sabbernd ins Leere starrte. Dieser Schwachsinnige war ebenfalls ein Avatar, aber wegen seines Zustandes waren ihm weder blaues Haar noch ein anderes Rangabzeichen erlaubt. Talaban empfand seine Gegenwart als unangenehm. Und sie war noch verstörender durch den Kontrast, den dieser behinderte Avatar zu Anu bot. Der ehemalige Questor war ein schlanker Mann mittlerer Größe mit ebenmäßigen Gesichtszügen und einer freundlichen Miene. Doch umgab ihn eine beinahe greifbare Aura der Vergeistigung, die ebenso zwingend wie beunruhigend war. Ein solches Gefühl empfand Talaban, wenn er einen Berg erstiegen hatte und über das Land unter sich blickte, es war ein Gefühl von Ehrfurcht und tiefster Demut.
    Anu quittierte Talabans Unbehagen mit einem Lächeln. » Warum stört er
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