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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann
Autoren: Richard Rötzer
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selber schreiben. Ihr habt Euch dazu des Pfaffen bedient und ihn in perverser Niedertracht auch gleich die Begründung für seinen eigenen Tod aufzeichnen lassen. Gottschalk muß es geahnt haben, denn wenn ich’s recht bedenke, dann galt seine letzte Anklage im Maenhartbräu keineswegs dem Schuster. Vielmehr wollte er diesen warnen, denn Ihr wart der Ehebrecher, der Unzucht trieb, und auf Euch hat er gezeigt, als er den Teufel beschrieb. ›Er führte schlimmen Lebenswandel, waren seine Worte, ›und er ersann Bosheit auf seinem Lager. Er trug Unheil im Schoß und gebar die Lüge.‹ Wie wahr! Nur wollte keiner von uns dem armen Narren mehr Glauben schenken. «
    »Ihr seid ein Schwätzer und Narr wie er«, giftete Ludwig Pütrich, »sonst hättet Ihr begriffen, daß ich in Augsburg weilte, als der Pfaffe ermordet wurde, und ich mithin für seinen Tod nichts kann.«
    Die Türe ging auf. Ein Knecht ging auf Konrad Diener zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr, während Heinrich Rabenecker lauthals seinen Unmut kundtat. »Wenn Ihr schon die Morde sämtlich ihm vorwerft, was um alle Welt habe ich dann damit zu schaffen? Ich will jetzt endlich eine Erklärung!«
    Peter warf dem Richter einen fragenden Blick zu und dieser nickte kurz. »Gerne erfüll’ ich Euch den Wunsch«, sagte er daraufhin und machte ein paar Schritte auf den verärgerten Kaufmann zu. »Ihr wart Mitwisser bei der ganzen Schurkerei, habt Transport-und Kurierdienste geleistet und zuletzt mit Ludwig Pütrich einen schlauen Plan ausgeheckt, um Euch gegenseitig zu entlasten. Der Schuster Füss und Gottschalk starben in derselben Nacht und, wie ich vermute, noch vor den Vigilien. Ob Ihr selbst Hand anlegtet oder nur davon wußtet, das wird dereinst ein anderer entscheiden. Im Morgengrauen jedenfalls verließt Ihr beide die Stadt, ein jeder in anderer Richtung. Da lag aber der Füss schon auf Leonharts Grab, und Gottschalk steckte in einer Tonne, die Ihr, Heinrich Rabenecker, Richtung Erding transportiertet.«
    »Das ist eine verdammte Lüge!« protestierte der Ratsherr.
    »Bemüht Euch nicht!« rief ihm Konrad Diener zu. »Meine Knechte haben in Eurer Abwesenheit gerade Eure Lagerräume durchsucht und dabei ein Faß mit einem doppelten, herausnehmbaren Boden gefunden. Ihr konntet auf diese Weise über der Leiche Kalk einstreuen und Eure grausige Fracht damit tarnen. Und die Nachlässigkeit der Wächter begünstigte Euren Plan zusätzlich. Bei Eurer Rückkehr habt Ihr dann alleine oder mit Hilfe einer Eurer Leute den Feuerzauber über dem Pfaffen arrangiert. Während Ihr für beide Morde kein ausreichendes Motiv hattet, schien derjenige, der sie in Wahrheit begangen hatte, zur fraglichen Zeit weit weg zu sein.«
    »Und Ihr tatet ein übriges«, fügte Peter hinzu, »indem Ihr hinterlistig die Juden wieder ins Spiel brachtet. Ihr habt dabei nur übersehen, daß Ihr den Brand am Samstag entfachtet, auf den der Juden Schabbat fällt, während dem kein gläubiger Jude eine derartige Arbeit verrichten darf.«
    »Pah!« raunzte Rabenecker verächtlich. »Ich traue den Kerlen alles zu. Und was Ihr da behauptet, spricht nicht für meinerseitige Schuld. Ich habe jedenfalls nicht gemordet.«
    »Aber morden lassen«, vertrat der Richter mit Bestimmtheit. »Ihr wußtet, daß wir dem Geheimnis der verräterischen Botschaft auf der Spur waren und habt versucht, von Euch abzulenken, indem Euer mörderischer Spießgeselle hinterrücks und feige selbst den Kurier der Stadt tötete und ihm eine ebensolche Geheimbotschaft zusteckte, die freilich gefälscht war. Diesmal wart Ihr weit weg vom Orte des Geschehens, obwohl der Mord Euren Beweggründen entsprach und Hochverrat und Königsmord der Name Eures tödlichen Spieles ist.«
    Pütrich und Rabenecker waren durch diese Behauptungen gleichermaßen aufgebracht und überschrien sich gegenseitig.
    »Ihr seid völlig verrückt!«
    »Gemeine Lüge!«
    »Woher sollte ich denn wissen, wer wann als Bote unterwegs war? Schließlich war keiner von uns bei der Freitagssitzung des Rates zugegen.«
    »Oh, das war leicht«, antwortete der Richter beinahe spöttisch. »Während ihr Mann mich noch zum Narren zu halten versuchte, verließ eine angeblich unpäßliche Birgit Pütrich um die Mittagsstunde die Stadt zu Pferde. Sie war es, die Euch die Nachricht überbrachte.«
    »Und sie mußte dazu keineswegs nach Augsburg reiten«, ergänzte Peter, »da Ihr Euch in der Nähe der Stadt versteckt hieltet. So konnte sie leicht bis zum Abend zurück
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