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Der Vollzeitmann

Titel: Der Vollzeitmann
Autoren: Achim Achilles
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pigmentierte Barmann überraschend gut hingekriegt hatte. Ein Cocktail würde seine Leistungsfähigkeit nicht wesentlich einschränken, aber seine Phantasien beflügeln.
    Attila saß mit dem Rücken zur Tür, um den kleinen Bildschirm besser sehen zu können, auf dem Jazz-Clips liefen. Plötzlich wurde es still im Beaux . Bülow, der Barmann und all die anderen starrten auf ihn, beziehungsweise hinter ihn.
Attila drehte sich vorsichtig um - da stand Camille. Sie trug einen Trenchcoat, der bis zum Solarplexus geöffnet war, sehr hohe Absätze und ein strahlendes Lächeln. Sie spielte ihre Rolle perfekt: die Sünde persönlich.
    Attila wusste genau, was all die Lustmolche hier dachten: Sie trug bestimmt nichts unter dem Mantel. Und wahrscheinlich hatten sie recht.
    »Hallo Schatz«, sagte Attila, während er sich lässig erhob und umdrehte. Er küsste sie auf die Wange. Sie lehnte sich an einen Barhocker. »Champagner«, sagte Attila zum Barmann. Der nickte wortlos. Es war eben doch richtig gewesen, sich diese Frau zu angeln, Ukraine hin oder her. Während Camille ein paar Belanglosigkeiten des Tages aufzählte, überlegte Attila angestrengt, was Bülow wohl morgen im Büro erzählen würde. Ganz einfach: Dass der Chef seinen Hochzeitstag im Beaux gefeiert und seine Frau fantastisch ausgesehen habe. Fertig.
    Camille rieb ihr Bein an seinem. Er spürte, dass sie, wenn überhaupt, einen sehr kurzen Rock trug. Männer sind so einfach, dachte Attila. Warum muss erst eine Ukrainerin kommen, um das zu kapieren.

2 UHR

    Der Abend hatte Lars bisher inklusive Abendessen für Sandy und Drinks in der Bar neunzig Euro gekostet. Eine gigantische Fehlinvestition. Normalerweise lief das für ihn besser, er fragte sich, ob exakt dieser Abend die Wende bedeutete, den Abstieg, ob sein Jagdglück ihn langsam verließ, vielleicht sank sein Testosteron-Spiegel bereits, viel zu früh, früher zumindest als man das in den Magazinen lesen konnte.
    Er fühlte sich morgens neuerdings so seltsam zerschlagen,
kaputt ohne jeden richtigen Grund. Er musste unbedingt einen Termin beim Arzt machen, das konnte er nicht hinnehmen, so eine Früherschlaffung, nur weil der Körper irgendwo so eine bescheuerte Hormonproduktion stoppte. Dann ließ er sich das Zeug eben spritzen, machten die in Kalifornien schon lange, die Nebenwirkungen waren ihm egal, kriegte er halt irgendwann Krebs, na und, aber vorher wollte er Gas geben können.
    Er sollte auch mal wieder einen Aids-Test machen, die Lymphknoten unterm Arm schienen ihm heute Morgen schon wieder dicker als sonst, man weiß ja nie. Obwohl er eigentlich immer auf ein Kondom bestand, na ja, zumindest meistens, also jetzt nicht bei Tanja oder Katharina, die kannte er doch schon so lange, aber bei den anderen.
    Er rief noch einmal Doro an. Keine Antwort, die machte ihn echt fertig. Sandy hat noch immer nur die Mailbox an, wieso gingen die denn alle so früh ins Bett, die jungen Dinger?
    Lars hörte den Anrufbeantworter ab. Nichts Wichtiges. Er schaltete den Fernseher und den Computer an. Er war natürlich bei myspace , facebook und xing und hatte eine eigene Website. Beruhigt registrierte er die Länge seiner Freundeslisten; die waren schon richtig imposant, da staunte jeder, der ihn im Netz besuchte.
    Er hatte diverse Nachrichten, aber keine gute Frau dabei. In Nächten wie dieser trieb er sich auch gerne mal in Chat-Rooms herum, wo es wirklich hart zur Sache ging, verbaltechnisch und so. Er machte sich eine Flasche Wein auf. Um diese Zeit waren fast nur noch Perverse im Netz unterwegs, dachte sich Lars, da will ich nicht dazugehören. Er wechselte zu youporn.com . Aber nur für ein paar Minuten. Immer derselbe Quatsch, die Filme machten ihn manchmal scharf. Aber heute Nacht machten sie ihn nur traurig. Er
loggte sich bei der ESL ein, der Liga für Online-Spiele. Er musste sich jetzt abreagieren, da war Counterstrike genau das Richtige.
    Wie konnte man so ein geiles Spiel nicht gut finden, fragte sich Lars. Er juchzte vor Freude, wenn er mal wieder einen Hinterhalt vorhergesehen hatte und den Schüssen der anderen gekonnt ausgewichen war. Und auf diese Nerds war Verlass. Zu jeder Tages- und Nachtzeit fand er online irgendwelche Gegner, die gegen ihn spielen wollten.
    Im Netz nannte er sich DarkRaider , das war sein Kampfname. Wenn jemand Kontakt mit ihm aufnehmen wollte, blockte er lieber ab, maximal verriet er noch den Wohnort und sein Alter, also eher: das Alter seiner Counterstrike -Existenz, da war er
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