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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat
Autoren: Claudia Kern
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toten Nachtschatten abgenommen hatte. Das Leder war so speckig und dunkel, dass die Blutflecken nicht auffielen. Dass es Männerkleidung war, würde niemanden stören. Die meisten Frauen bevorzugten auf Reisen Männerkleidung, weil sie bequemer und robuster war. Sogar Anas Mutter war auf diese Weise gereist.
    Der Schmied nahm seinen Krug und setzte sich auf einen freien Hocker. »Mein Name ist übrigens Guus«, sagte er.
    Der ältere der beiden anderen Männer zeigte zuerst auf sich, dann auf den Rest der Familie. »Ich bin Frek, das ist mein Mann Urek und das meine beiden Frauen Marta und Hetie.«
    General Norhan, der alte Berater ihres Vaters, hatte Ana einmal von Soldaten erzählt, die sich einen Mann zu ihren Frauen nahmen, damit diese versorgt waren, sollten sie selbst ums Leben kommen. Doch Frek sah nicht wie ein Soldat aus.
    »Ich bin Penya«, sagte sie. In den letzten Monaten war ihr der Name so vertraut geworden, dass sie kaum noch zögerte, wenn sie ihn nannte.
    Sie setzte sich nahe an den Kamin. Die Hitze des Feuers trocknete ihr Gesicht und brannte in den Augen. Die grauhaarige Wirtin reichte ihr ein Schaffell, das sich Ana um die Schultern legte.
    »Du musst im Voraus zahlen, wenn du essen und trinken willst«, sagte die Frau. Sie wirkte freundlich, aber bestimmt.
    »Natürlich. Wie viel ist es?«
    »Drei Kupferstücke.« Die Wirtin sah zu, wie Ana das Geld abzählte und auf den Tisch legte, dann steckte sie es in die Tasche ihrer Schürze. Es klimperte.
    »Früher haben wir immer alles nachher kassiert«, sagte sie. Ihr Blick glitt über ihre Gäste, als suche sie nach Verständnis. »Aber seit mein Sohn tot ist und nur noch Cissja und ich hier leben, glauben viele, sie könnten sich einfach verdrücken, wenn es ans Bezahlen geht. Was sollen eine alte Frau und ein kleines Mädchen denn machen?«
    Der Schmied nickte. »Die ganze Welt hat den Anstand verloren, und es wird mit jedem verdammten Tag schlimmer.«
    Frek stützte sich mit den Ellenbogen auf den Tisch und legte den Kopf auf seine gefalteten Hände. »Bist du viel gereist in letzter Zeit?«, fragte er den Schmied.
    »Mein ganzes Leben lang. Schwielen an den Händen und Schwielen am Arsch, daran erkennt man einen Schmied. Ich …« Er unterbrach sich und sah Ana und die anderen Frauen am Tisch an. »Entschuldigt meine groben Worte. Ich vergesse manchmal, dass ich nicht nur von Schmieden umgeben bin.«
    Marta schüttelte den Kopf. »Uns stört das nicht«, sagte sie, als spräche sie für alle in der Taverne. Ana empfand das als unhöflich, schwieg jedoch.
    »Wenn die Holzfäller kommen, dann wird hier richtig geflucht«, sagte die Wirtin, während sie dünnen Eintopf aus dem Kessel in einen Napf schaufelte und ihn Ana reichte. »Deine Worte beleidigen mich nicht.«
    Der Schmied sah Ana an. Sie fühlte sich gezwungen, auf seine Entschuldigung zu reagieren, und nickte. »Bitte rede weiter.«
    »Wenn ihr alle meint.« Er nahm einen Schluck Bier aus seinem Krug. »Wie schon gesagt, mein ganzes Leben bin ich gereist. Im Krieg war ich Schmied in der Armee.«
    »In welcher?«, fragte Urek.
    »Das spielt keine Rolle mehr. Ich will nur sagen, dass ich viel gesehen habe, aber so was wie in letzter Zeit …« Er trank noch einen Schluck und rülpste leise. »Balderick war zwar ein alter Bastard, aber bei den Göttern, ohne ihn ist es noch schlimmer geworden. Er …«
    Der Name ließ Ana aufhorchen. Sie unterbrach den Schmied. »Was weißt du über Fürst Balderick?«
    Marta mischte sich ein, bevor Guus antworten konnte. »Weißt du etwa nicht, was geschehen ist?« Sie hatte das Gesicht eines Truthahns und sprach hektisch und atemlos, so als könnte sie es nicht erwarten, anderen eine schlechte Nachricht zu überbringen.
    Ana wollte ihr antworten, aber Marta ließ sie nicht zu Wort kommen, als hätte sie Angst, jemand könnte die Neuigkeit vor ihr verraten.
    »Er ist tot. Alle sind tot. Seine ganze Armee. Abgeschlachtet. Die Nachtschatten waren es«, sagte sie zwischen kurzen Atemstößen. »Fünfzig Mann kamen zurück nach Westfall. Sie trugen Baldericks Kopf in einer Kiste bei sich. Die Leute sagen, das Gras wächst nicht mehr, dort, wo sie den Kopf vorbeigetragen haben.«
    »Und die Felder liegen brach.«
    Marta warf Hetie einen Blick zu, verärgert über die Unterbrechung. Die jüngere Frau senkte den Kopf.
    »Was ist mit Rickard?«, fragte Ana. Sie spürte ihren Herzschlag laut und hämmernd hinter ihren Schläfen.
    »Rickard?« Marta runzelte die Stirn.
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