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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn
Autoren: Karl May
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aufriß. Hatte sie bisher an jeder Thür Kränze und Guirlanden bemerkt, so bildete der Saal, in den sie jetzt traten, einen wahren Blumengarten. Aber nicht Blumen allein gab es hier, sondern auch Menschen, und zwar Menschen, bei deren Anblick Alma nun sofort wußte, woran sie war.
    Sie erblickte nämlich Doctor Holm mit Ellen, Oberlieutenant von Hagenau mit Hilda, ihren Bruder Robert mit Fanny von Hellenbach, Fels mit Marie Bertram, Adolf und Anton mit ihren Bräuten, den Paukenschläger mit der seinigen, Edmund Hauser mit seiner jungen Frau, Förster Wunderlich mit Frau Barbara, Magda Petermann mit Doctor Zander, dem jetzigen Gerichtsarzte, Wally Petermann mit Eduard von Randau, kurz und gut, Alle waren da, Alle, und sie stimmten mit lauten Jubelrufen in den Tusch ein, welchen die anwesende Musikcapelle ausbrachte.
    Im Nu waren die Beiden umringt und es zeigte sich, welcher Liebe und Ehrerbietung sich der einstige Polizist und Försterssohn erfreute. Er und seine herrliche Braut wurden fast erdrückt, er mußte sich förmlich mit ihr aus der liebevollen Umzingelung flüchten.
    Er führte sie zunächst noch weiter im Schlosse herum. Dabei fragte sie:
    »Aber was soll der herrliche Altar, welcher unten in dem Saale errichtet war?«
    Er drückte sie an sich und flüsterte ihr in das Ohr:
    »Hochzeit morgen!«
    Sie nickte mit glückseligem Lächeln und fragte:
    »Und die Anderen mit?«
    »Außer Robert und Fanny Alle, welche noch unvermählt sind. Ich darf mich einigermaßen den Gründer ihres Glückes nennen und will sie bei mir sehen an dem Tage, an welchem mein süßer Sonnenstrahl für ewig mein eigen wird. Ist es Dir recht so?«
    »Alles, was Du thust, ist mir recht, Du Guter. Ich habe keinen Willen als nur den Deinige. Ich sage wie Ruth: Dein Volk ist mein Volk und Dein Gott ist mein Gott. Wo Du hingehst, da gehe ich auch hin und wo Du begraben wirst, da will ich auch begraben sein!«
    Und es war Hochzeit am nächsten Tage, ein Hochzeitsfest, an welchem Viele, Viele Theil nahmen und über welches sich das ganze Land freute.
    Eben ordnete sich im großen Banketsaale der Zug, um nach dem Altarsaale zu gehen, da öffnete sich die Flügelthür und – der König trat ein, gefolgt von einigen Cavalieren. Er schritt auf das außerordentlich überraschte Brautpaar zu, begrüßte es und sagte mit erhobener Stimme: »Ich kann an diesem wichtigen Tage nicht fern von Ihnen sein. Mein Herz hat mich zu Ihnen getrieben, um zu den Geschenken, welche ich hier sehe, auch das meinige zu legen. Sie haben, fern von hier, ein Fürstenthum erworben und, in mein Land zurückgekehrt, demselben wieder entsagt. Sie haben mir seltene, wichtige Dienste geleistet. Einst raubte man Ihnen, dem Unschuldigen, die Ehre, der Richter hat sie Ihnen zurückgegeben; aber Ihr Freund und König will sein Ja und Amen dazu sprechen. Gustav Brandt, knieen Sie nieder!«
    Es herrschte lautloses Schweigen. Brandt gehorchte. Der König nahm sich eine goldene Kette nebst Stern vom Halse, hing sie ihm um und sagte: »Wir stehen und knieen nicht inmitten eines Ordenscapitels, aber da oben waltet Gott und hier steht Ihr Monarch, das ist genug. Ich verleihe Ihnen hiermit das Kreuz eines hohen Hausordens in Brillanten. Sie wollen nicht Fürst genannt werden, nun wohl, so heiße man Sie Baron. Trägt bereits dieses neuerbaute Schloß Ihren Ehrennamen, so will ich denselben weiter verewigen auf Kind und Kindeskind.«
    Er zog seinen Degen, legte ihn dreimal kreuzweise auf Brandt’s Nacken und sagte dabei: »Gustav Brandt, ich schlage Sie zum Ritter meines Hausordens. Ritter Brandt, ich schlage und ernenne Sie zum Freiherrn von Brandtenstein. Freiherr von Brandtenstein ich schlage und ernenne Sie zum Baron Brandt von Brandtenstein. Der gute Gott segne Ihr Haus und Geschlecht und mache an Kindern und Kindeskindern gut, was an der Unschuld des Stammvaters gefrevelt worden ist! Amen!«
    Kein Jubelruf erhob sich, Alle waren still und stumm, denn Aller Augen standen voller Thränen. Endlich fuhr der König fort: »Jetzt erheben Sie sich, Baron Brandt von Brandtenstein, und erlauben Sie mir, Ihrer lieben, alten Mutter meinen Arm zu geben, um als Hochzeitsführer Sie und Ihre schöne Braut an Gottes Altar zu geleiten!«
    Erst jetzt löste sich der Bann. Erst rief Einer laut sein »Hoch!« Dann aber stimmten die Anderen alle ein, und die Grundfesten des Schlosses schienen zu erzittern unter dem donnernden Jubel, mit welchem die Anwesenden ihrem Könige an den Ort folgten, an
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