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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung
Autoren: Unbekannter Autor
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Bühne sein. Die Parabolantenne war bereits ausgerichtet, der Router angeschlossen, jetzt mußte Jabba nur noch die drahtlose Verbindung ermöglichen, und ich konnte mich ans Werk machen.
    Die ganze Zeit hatte ich mich gefragt, warum mir dieses Studio so vertraut vorkam, und endlich fiel es mir ein: Es roch hier genau wie auf dem Dachboden meiner Großmutter in Vie nach alten Möbeln, Mottenpulver und rostigem Metall. Ich war schon lange nicht mehr bei meiner Großmutter gewesen, was allerdings nicht meine Schuld war. Immer, wenn ich sie besuchen wollte, war sie gerade auf dem Sprung, um mit ihren schrulligen Freundinnen, alle über achtzig und verwitwet, in irgendeinen entlegenen Winkel der Erde zu reisen. Sie hätte sich zweifellos mit Begeisterung die alten Miramar-Studios angesehen. Zu ihrer Zeit war sie ein großer Fan von Herta Frankels Kindersendung und dem Hündchen Marylin gewesen.
    »Fertig«, meldete Proxi. »Du bist drin.«
    Ich ließ mich im Schneidersitz auf die feuchtkalten Bretter nieder und klemmte mir den Laptop zwischen die Knie. Jabba hockte sich zu mir, um das Geschehen auf dem Bildschirm zu verfolgen. Mit Hilfe meiner eigenen Version von »Sevendoolf«, einem bekannten Trojaner, mit dem man sich durch die Hintertür Zutritt zu fremden Systemen verschaffen konnte, klinkte ich mich in das Netzwerk der Stiftung TraxSG ein.
    »Wie bist du an die Paßwörter gekommen?« wollte Proxi wissen, die sich von der anderen Seite über meinen Laptop beugte. Ob ich Proxi attraktiv fand, hätte ich nicht sagen können. Für sich genommen war jeder Teil ihres Körpers perfekt. Ihr Gesicht wurde von glänzend schwarzen, kurzgeschnittenen Haaren umrahmt und wirkte wegen der hübschen spitzen Nase und der großen dunklen Augen sehr anziehend. Aber irgendwie paßte der Rest nicht zusammen. Die Füße schienen zu einem anderen Körper zu gehören, die Arme waren auf den ersten Blick zu lang, und die schmale Taille wirkte paradoxerweise noch zu breit über ihren spindeldürren Hüften. »Mit roher Gewalt?« bohrte sie weiter.
    »Die Rechner laufen bei mir zu Hause heiß, seit wir das hier planen.« Ich grinste vielsagend. Nicht einmal unter dem Einfluß von Pentothal würde ich eins meiner kostbaren Hackergeheimnisse preisgeben.
    Dabei war das System kein bißchen gesichert. Es arbeitete mit Microsoft SQL Server und benutzte für das lokale Netzwerk Windows NT. Nicht einmal der Virenschutz war auf dem neuesten Stand. Man hatte ihn im Mai 2001 zuletzt aktualisiert, also genau vor einem Jahr. Eigentlich deprimierend, einen solchen Seelenverkäufer zu entern. Natürlich war es trotzdem eine Heidenarbeit gewesen, sich auf eine Operation dieser Größenordnung vorzubereiten.
    »Mann, sind die unbedarft ...« Einem Ausnahmehacker wie Jabba war so was menschlich wie technisch unbegreiflich.
    »Vorsicht!« Proxi stieß vor Eifer gegen meine Schulter. »Bleib von diesen Files weg. Da wimmelt es bestimmt vor Viren, Würmern und Spyware.«
    Proxi, die im richtigen Leben bei Ker-Central in der Sicherheitsabteilung arbeitete, wußte nur zu gut, was für einen Ärger einem ein paar Zeilen hinterhältiger Quellcode machen konnten. Man mußte diese Cybergiftfallen gar nicht erst öffnen, um sie zu aktivieren; manchmal reichte es schon, daß man unbedacht mit dem Cursor darüberfuhr.
    »Da ist der Ordner mit den Logos.« Jabba tippte mit der Fingerspitze auf den Plasmabildschirm, der Wellen schlug wie ein stiller Tümpel.
    Jabba hatte sich nicht weiter anstrengen müssen, um den Ordner zu finden. Der bei TraxSG für die Systemverwaltung zuständige Mensch war so clever gewesen, den Unterordner einfach »Logos« zu nennen. Wahrscheinlich hatte er sich nach getaner Arbeit ein paar Biere genehmigt, weil er die Idee so toll fand. Zu gerne hätte ich ihm eine Glückwunschbotschaft hinterlassen, aber ich beschränkte mich darauf, den Inhalt des Ordners durchzugehen. Dann kopierte ich einen neuen Satz Logos hinein, die das berühmte Markenzeichen der TraxSG -der Name senkrecht in Buchstaben verschiedener Typen, Größen und Farben - durch die Losung »Keine Abgabe, keine Korsaren« ersetzten. Die würde nun jedesmal auf dem Bildschirm erscheinen, wenn jemand einen Rechner der Stiftung hochfuhr, ein Programm startete oder sich auch nur aus dem
    Netzwerk abmelden wollte. Zusätzlich installierte ich ihnen ein kleines Programm, das in den Tiefen der Maschine schlummern und vorgenommene Änderungen automatisch rückgängig machen würde, falls
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