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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition)
Autoren: Robert M. Talmar
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Komm, lass uns nach einer Decke für ihn suchen. Wenn du dir wegen des Ledirs wirklich sicher bist, dürfen wir es wagen.«
    »Das«, flüsterte Finn. »Und noch einiges mehr.« Er merkte, wie er selbst zu frösteln begann, und rieb seine Oberarme. »Wir müssen uns bewegen, um wieder warm zu werden. Ja, suchen wir nach einer Decke. Wärme braucht er am nötigsten. Das wenigstens können wir für ihn tun.« Sie standen auf und wollten eben gehen, als Finn sich ruckartig umdrehte und in die Dunkelheit starrte.
    »Was ist? Wohin willst du? Glimfáins Barke ist dort drüben.«
    »Ich weiß.« Er starrte in die entgegengesetzte Richtung, folgte mit den Blicken den Furchen, die Glimfáins Stiefelabsätze im schlammigen Erdreich hinterlassen hatten. Noch erkannte er dahinter schwach die Kuhle, deren Rand den Umriss des schweren Körpers nachzeichnete, wo der Dwarg gelegen hatte. Eine tiefere Pfütze hatte sich im Inneren des Walles aus Matsch gebildet, in der jetzt fahles Mondlicht schimmerte. Das, und   …
    Finn war mit drei, vier Sätzen da.
    Er ließ sich auf die Knie plumpsen.
    Er beugte sich vor, rutschte auf allen vieren von der einen Seite der Kuhle auf die andere und platschte mit seinen Händen im Wiesenschlamm herum.
    »Was machst du denn?« Tallia unternahm den unmöglichen Versuch, gleichzeitig zu flüstern und laut zu sprechen. Heraus kam nur ein heiseres, tonloses Hecheln.
    »Ich suche was«, antwortete er.
    »Du wirst dort keine Decke finden.«
    »Ich suche keine Decke.« Er patschte und wühlte, dass es gluckste und schwappte.
    »Was denn dann? Bitte, komm da raus, Finn. Du wirst dich nur erkälten.«
    »Ja, gleich. Es ist nur   …« Plötzlich verzog er sein Gesicht zu einem Grinsen. »Ich komm ja schon«, murmelte er. »Ich hab’s gefunden. Nur noch einen Moment.«
    Er umfasste etwas mit beiden Händen und spülte Wasser darüber, bis der Dreck und der Lehm davon abfielen.
    Voller Genugtuung hielt er es in die Höhe.
    Es war blass, durchsichtig und fing durch irgendeine seltsame Kraft das Mondlicht ein. Oder etwas blitzte für einen Wimpernschlag in seinem Inneren auf, ehe es verschwand.
    »Was hast du da, Finn?«, fragte Tallia erschrocken.
    »Das hier«, sagte er leise.
    Seine Stimme bebte, als ob er vor Kälte zitterte. »Das ist das, was Glimfáin am Cerenath fand und nachdem der Ledir suchte.«
    Er richtete sich auf und kam mit schmatzenden Schritten zur Krüppelkieferinsel zurück, an deren Rand Tallia neben Glimfáin stand und vor lauter Frösteln von einem Fuß auf den anderen trat. Finn streckte die Hand aus und hielt es ihr hin.
    »Eine Kugel aus Glas?«
    Finn schüttelte den Kopf und lächelte schwach zurück. Tallia brauchte einen Augenblick länger, bis auch sie verstand.
    »Eine Gilwe«, sagten beide wie aus einem Mund.
    »Deren Hinwendung das Wasser ruft«, setzte Finn hinzu.
    Er hob das Ding an und hielt es vor ihrer beider Augen. Eine vollendete Kugel lag in seiner Hand, um gut ein Drittel größer als eine seiner Fäuste. Sie war vollkommen glatt und viel schwerer, als ihre Größe es erwarten ließ. Sie sah nicht nur so aus, sie war auch so kalt wie Glas. Kalt und hart und glatt und schwer.
    Ein Dwargenwerkzeug, hatte Circendil es genannt.
    Und dennoch oder gerade deswegen so schön wie nichts, was sie jemals zuvor gesehen hatten.
    »Diesem Ding verdanken wir unser Leben«, sagte Finn in einem Tonfall, als könne er es selbst kaum glauben. »Welch seltsames Schicksal.«
    Tallia nickte. »Ja. Aber weißt du was?«
    Er sah sie fragend an.
    Sie drängte sich an ihn, und ihre Glieder schlotterten vor Kälte. »Es macht mir Angst«, sagte sie.
    Glimfáin hinter ihnen stöhnte leise im Schlaf. Sie beugten sich beide besorgt über ihn, aber er erwachte nicht.
    Finn wusste nicht recht, wohin mit der Gilwe. Für eine seiner eigenen Taschen war sie zu groß und viel zu schwer, und in der Hand herumtragen wollte er sie nicht. Am Ende steckte er sie in eine der breiten Laschentaschen an Glimfáins Gürtel und schloss den Riemen sorgfältig.
    »So«, sagte er. »Jetzt ist mir wohler. Auf zu den Kisten.«
    Sie tapsten vorsichtig durch die allmählich versickernden Lachen und bewegten sich in die Richtung, wo sie die notgelandete Windbarke vermuteten. Als sie sie fanden, bückte Finn sich nach einer der verbrannten Kisten. Sie zerbröselte unter seinen Händen. Er nahm Tallias Hand und zog sie weiter. Nach einigem Suchen fanden sie den Stapel, den Glimfáin zuvor zusammengetragen hatte. Auch
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