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Der Verhandlungs-Profi

Der Verhandlungs-Profi

Titel: Der Verhandlungs-Profi
Autoren: Martin Dall
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Situationen:
Win-win: Beide Seiten profitieren.
Win-lose: Eine Seite profitiert, die andere verliert.
Lose-lose: Beide Seiten verlieren.
    Die zu starke Ausrichtung auf Win-win bringt in Wirklichkeit am Ende oft ein Lose-lose-Ergebnis, obwohl die beiden Parteien glauben, optimal verhandelt zu haben. Das typische Denken in einem solchen Fall: Wir haben es gut gemacht, haben uns gegenseitig nicht wehgetan, wir sind Partner, die auch weiterhin zusammenarbeiten wollen, und daher lassen wir uns gegenseitig leben. Die Wahrheit: Beide gehen so weit mit ihren Forderungen hinunter, bis nur noch ein fauler Kompromiss übrigbleibt. Der zwar für beide in Ordnung ist, aber darüber hinwegtäuscht, dass wesentlich mehr dringewesen wäre. Und zwar – interessanterweise – für beide Seiten. Das gegenseitige Schulterklopfen und die Harmonie einer Win-win-Situation beruhen also oft auf einem Irrtum.
    Natürlich ist es erstrebenswerter, Win-win-Ergebnisse zu schaffen, als gezielt auf Win-lose-Situationen hinzuarbeiten. Allein die Vorstellung, dass beide Verhandlungsparteien vom Tisch aufstehen, sich zufrieden in die Augen schauen, sich die Hände schütteln und über den zustande gekommenen Abschluss glücklich sind, ist natürlich sehr attraktiv. Doch dazu gehören zwei. In der Praxis gibt es aber leider auch Verhandlungspartner, die versuchen, unfair zu verhandeln, die sich unethisch benehmen, die ausschließlich in ihrem Eigeninteresse verhandeln und den Verhandlungspartner übervorteilen wollen.
    Außerdem kann es natürlich sein, dass Sie aus einer Position der Schwäche heraus verhandeln und überhaupt keine Chance haben, eine Win-win-Situation zu kreieren. Weil Sie in einer solchen Situation beispielsweise froh sein müssen, überhaupt etwas ausverhandeln zu können, was für Sie hilfreich ist. Und gerade in sehr komplexen Verhandlungssituationen mit mehreren Parteien (multilaterale Verhandlungen), großer Unsicherheit, Bedrohungen, aufkochenden Emotionen und beginnendem irrationalen Verhalten einer oder beider Verhandlungsparteien ist es oft auch nicht mehr festzustellen, wie eine Win-win-Situation überhaupt aussehen müsste.
    TIPP
    Ein zu starker Fokus auf Win-win kann zu mangelhaften Verhandlungsergebnissen führen.
Wie groß ist der Kuchen? – der Fixed-Pie-Irrtum
    Für die Erstellung einer neuen Broschüre für unser Unternehmen waren wir auf der Suche nach einem geeigneten Grafikdesigner. Als wir einen gefunden hatten, dessen Arbeiten uns gefielen und dessen Zugangsweise zu neuen Projekten uns zusagte, kamen wir zur Honorardiskussion. Nachdem er seine Vorstellungen dargelegt hatte, waren wir etwas – sagen wir – entmutigt, und wir waren uns nicht sicher, ob wir uns diesen Grafiker tatsächlich leisten konnten. Doch waren uns in den Vorgesprächen mit ihm zwei Dinge aufgefallen: erstens seine enorme Stärke in der grafischen Umsetzung von Ideen – das war auch der Grund, warum wir ihn engagieren wollten –, zweitens aber auch seine Schwäche, seine Vorzüge verbal darzustellen, also zu kommunizieren und zu verhandeln. So saßen wir also da, er mit seiner Honorarforderung, wir mit unserem limitierten Budget, beide mit dem Willen, doch zusammenzuarbeiten. Da wir preislich recht weit auseinanderlagen, begab ich mich auf die Suche nach Alternativen. Ich schilderte ihm meine Beobachtung seiner Kommunikation mit dem Kunden, also in diesem Fall mit uns, schlug ihm vor, unseren Preisvorschlag anzunehmen, und bot ihm zusätzlich ein kostenloses Dreitagesseminar in unserem Institut an. Dieses würde ihm in seinen kommunikativen Fähigkeiten helfen und es ihm damit auch in Zukunft erleichtern, seine Leistungen an Kunden zu verkaufen. Von diesem Vorschlag war er begeistert und er nahm ihn auf der Stelle an. Wir bekamen also eine wunderbare Broschüre und er ein professionelles Training, das es ihm ermöglichte, in Zukunft noch mehr gute Aufträge zu hohen Honoraren an Land zu ziehen.
    Wie ist das gelungen? Durch das Vergrößern des Kuchens. Denn allein mit dem Blick auf den Preis wären wir wohl zu keiner Einigung gekommen.
    Die meisten Verhandler glauben, der Verhandlungsgegenstand sei limitiert. Das zeigt sich in der Praxis zum Beispiel darin, dass der einzige Gedanke, den sie vor einer Verhandlung haben, ist: Heute reden wir über das Monatsgehalt. Oder: Heute verhandeln wir mit unserem Kunden über die Vertragsverlängerung. Oder: In der heutigen Verhandlung geht es um die Übernahme von Aktien von Unternehmen B. All
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