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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition)
Autoren: Robert M. Talmar
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deutete zu einem Tisch hinüber, an dem eine laute Gruppe von Vahits beiderlei Geschlechts sich niedergelassen (genauer: sich auf die Bänke gefläzt) hatte. Es waren ausgerechnet die Muldweiler-Fokklins und ihre Verwandten. Jener verarmte Zweig der Familie, der auf Ferro Fokklin zurückging, Finns Großonkel, den älteren Bruder Falangs, jener, der seinerzeit die Sägemühle geerbt hatte, während Falang »nur« mit den Rezepturen der Tinten bedacht worden war.
    Damals hatten beide Brüder angenommen, Ferro habe mit der Mühle den besseren Teil bekommen, bis sich zeigte, wie es sich in Wahrheit verhielt.
    Seitdem, auch wenn dieser Vorfall mittlerweile 65 Jahre zurücklag, herrschten Neid und Missgunst zwischen den Fokklins rechts und links der Räuschel. Wobei die von Furgo stets als »Muldweiler-Fokklins« Bezeichneten nur der Abstammung nach noch ihrerFamilie zuzurechnen waren: Einheiratungen, besonders seitens der Familien Ralle und Zeisig, hatten kaum etwas von Ferros Blut und dem Namen Fokklin bewahrt.
    Der mürrische Greis in ihrer Mitte war ohne Zweifel Gevatter Rémblad, mit zweien seiner Söhne an seiner Seite, das mussten Gémo und Gantan sein, so sich Finn recht entsann; die drei waren die letzten verbliebenen Fokklins in Muldweiler, und Gémo und Gantan galten als eingefleischte Junggesellen. Die anderen zählten wohl dazu, aber gleichzeitig nicht richtig: Sie waren allesamt verwässerte Verwandte . Am Tisch führten vor allem Amarita Zeisig, eine geborene Ralle (die Tochter Réminia Fokklins), und ihr Sohn Dharso das große Wort, ohne sich um die anderen Gäste zu scheren. Abbado Zeisig, der älteste Geselle in der Tintnerey, saß bei ihnen und unterhielt sich verhalten mit seinem Vetter Dúncan, Dharsos Vater, einem seltenen Besuch aus Vierstraß.
    »Ich kann ja gern einmal den jungen Dharso fragen, wenn du möchtest«, erbot sich Herr Uranam, den gleichen Verschwörerton anschlagend wie vordem Finn. »Er ist nur ein Jahr jünger als du, glaube ich, und er wäre bestimmt begierig, dein Erbe anzutreten, falls du es ablehnst. Ich bin sicher, er würde laut genug hier schreien.«
    Tatsächlich schnellte sich Dharso, als habe er nur darauf gewartet, in diesem Augenblick von seinem Sitz auf und rief lauthals. »Hier! Hierher! « Er meinte ein Tablett mit Bierkrügen, das infolge des Gedränges in Gefahr geriet, an einen der anderen Tische zu wandern.
    Finn musste wider Willen lachen. »Untersteh dich, Herr Uranam. Na ja«, lenkte er ein und wandte sich wieder dem Schöffen zu, »ab morgen jedenfalls trete ich meine Pflichten als dieser ach so großartige Erbe an, falls dich das zufrieden stellt. Aber das heißt nichts anderes, als dass ich eine schwere, viele Jahre währende Lehre vor mir habe. Mit einem Lehrherrn wie Meister Furgo, und sei er dreimal mein Vater, wahrlich kein Zuckerschlecken!«
    »Es kommt nicht darauf an, ob es mich zufrieden stellt, sonderndarauf, ob du es willst. Du klingst jedenfalls nicht so, als freutest du dich darauf.«
    »Nein«, gab Finn zu. »Mir ist, als   … als sei dies ein falscher Weg, eine Abzweigung, die mich in die Irre führt, fort von   … ich weiß nicht, von was.«
    »Hm«, brummte der schlanke und für einen Vahit sehr hochgewachsene Schöffe. Er zupfte seine rote Amtsweste zurecht, polierte überflüssigerweise einen der makellos glänzenden Goldknöpfe und kniff seine Augen zusammen. Er musterte Finn scharf unter gesenkten Lidern. »Um zu beurteilen, was falsch ist, muss man wissen, was richtig wäre. Kennst du deinerseits den richtigen Weg, Finn?«
    Der junge Vahit seufzte. »Das ist es ja   – eben nicht. Es ist nur so ein Gefühl. Ich vermag es nicht deutlicher zu sagen.«
    »Dann, mein junger Freund, hast du deine Tubertel scheint’s schlecht genutzt, fürchte ich. Du solltest …« Er kam nicht dazu, zu sagen, was Finn seiner Ansicht nach sollte, denn weitere Gäste trafen ein. Es gab ein vielstimmiges Hallo und einen neuerlichen Schwall an Glückwünschen.
    Unter den Ankömmlingen war auch Hamblád Drossler, ein Verwandter seiner Großmutter väterlicherseits. Hamblád war der Lenker der Hüggellandpost im Obergau. Herr Uranam als Verweser der Post hatte ebenso wie Finn ein halbes Dutzend Hände oder mehr zu schütteln, und ehe Finn sich’s versah, war die rote Weste hinter aufgeregten Schultern, zusammengestoßenen Bierkrügen und breiten Damenhüten verschwunden.
    Ein nachdenklicher Finn blieb zurück. Er seufzte schwer, doch der Laut ging im
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