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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel
Autoren: Tom Harper
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drei Ersatzmagazine, sondern, zu Pembertons Entsetzen, auch zwei Stielhandgranaten zutage.
    «Die wollen Sie doch wohl hier nicht gebrauchen?»
    «Wieso nicht?» Grant schob sich die Granaten hinter den Gürtel und hängte sich die Maschinenpistole um die Schulter. «Falls Sie befürchten, dass die Tünche an den Wänden leiden könnte, sind Sie ein paar tausend Jahre zu spät dran, würde ich sagen.» Er wandte sich wieder treppaufwärts. «Warten Sie hier.»
    Pembertons Mund war wie ausgedörrt. «Wo wollen Sie hin?»
    «Den König von Griechenland suchen.»

    Pemberton kauerte sich in das Halbdunkel der Kehre des Treppenschachts und wartete. Grants Schritte waren bald nicht mehr zu hören, und völlige Stille umgab ihn. So leise wie möglich öffnete er die Schnallen am Tornister und griff hinein. Das Notizbuch war noch da, Gott sei Dank; er fuhr mit den Fingern über das Leder und fragte sich, was hier eigentlich vor sich ging. Wo war Grant hergekommen? Würde er zurückkommen? Selbst wenn er die Soldaten im Palast ausschaltete, wie sollten sie je den anderen entwischen, die mit Sicherheit auf der gesamten Insel ausschwärmten? Pemberton war der Krieg nicht fremd, aber die letzten zwanzig Jahre hatte er ihn nur durch den dämpfenden Filter der Archäologie erlebt: Brandspuren an Mauern, schartige, eingekerbte Bronzeklingen, ganz selten auch einmal ein Skelett, das fotografiert, mit einem Schildchen versehen und ausgestellt wurde. Jetzt steckte er mitten im Kampfgeschehen, und die Vorstellung, später einmal das Forschungsobjekt eines künftigen Archäologen abzugeben, war nicht besonders angenehm.
    Lautes Geschrei war zu hören, ganz in der Nähe, gefolgt von drei Schüssen. Pemberton zuckte zusammen. Hier war er nicht sicher – er müsste sich eine dunklere Ecke suchen, etwas Abgelegeneres. Leise stahl er sich die breiten Treppenstufen weiter hinunter, auf die Säulenhalle zu.

    Grant kniete neben den Leichen zweier deutscher Soldaten und schob drei neue Patronen in seinen Webley. Das hatte er sich schon früh angewöhnt – immer nachzuladen, wenn sich die Gelegenheit bot. Wie oft ihm diese Maßnahme schon das Leben gerettet hatte, wusste er nicht mehr.
    Er schob den Webley ins Halfter und nahm die deutsche MP in Anschlag. Noch zwei , dachte er. Von einem versteckten Posten aus hatte er das Tal den ganzen Tag im Auge behalten, schon seit am Morgen ein Adjutant völlig aufgelöst in seinem Quartier aufgetaucht war und gestammelt hatte, der griechische König sei verschwunden. Er hatte die Flugzeuge beobachtet, die Schwärme von Fallschirmjägern, die über der Insel absprangen, den Rauch, der aus den Städten aufstieg, und war immer wütender geworden. Warum war er zur Untätigkeit verdammt, weil irgendein dämlicher Politiker sich Sorgen um einen König machte, der nicht mal bei seinen eigenen Untertanen erwünscht war? Er hatte gesehen, wie Pemberton sich aus der Villa entfernte, dann die Landung des Fallschirmjägertrupps oben im Tal verfolgt. Daraufhin hatte er seinen Posten verlassen und war den Hang hinab zum Palast gepirscht. Das SOE hatte ihn nicht nach Griechenland geschickt, um Kindermädchen für irgendwelche Blaublüter zu spielen; sondern um Nazis umzubringen. Und genau das hatte er auch vor.
    In geduckter Haltung bewegte er sich den östlichen Palastabhang hinab. Von oben hatte er reichlich Zeit gehabt, sich das Gemäuer anzusehen, doch jetzt, inmitten der Ruinen, war es fast unmöglich, diese Eindrücke mit dem weitläufigen Chaos ringsum in Einklang zu bringen. Es war ein wahres Paradies für Heckenschützen, die auf so vielen Ebenen hinter so vielen Trümmerteilen hätten Deckung finden können, dass er kaum wusste, wo er hinschauen sollte.
    «Nur Geduld», murmelte er vor sich hin. Die war nie seine Stärke gewesen. Doch in diesem Labyrinth waren noch zwei Deutsche unterwegs, und wenn er jetzt überhastet handelte, würde er eine leichte Beute abgeben. Dann lieber …
    Krachend fuhr eine Kugel in die Mauer neben ihm. Woher der Schuss kam, hatte er nicht mitbekommen; reflexhaft packte er die Schmeisser mit beiden Händen und schnellte herum, um Abwehrfeuer zu geben. Zwei Kugeln zischten aus der Mündung, und dann – nichts mehr. Blockiert . Er riss sich die nutzlose MP von der Schulter, warf sie fort und rettete sich mit einem Hechtsprung nach rechts auf den Boden, während weitere Schüsse über seinen Kopf hinwegpfiffen. Der Schweinehund war über ihm . Bäuchlings robbte er durch den
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