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Der verbannte Highlander

Der verbannte Highlander

Titel: Der verbannte Highlander
Autoren: Monica McCarty
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sie ihren ganzen Stolz zusammennahm, die Schultern straffte und das bebende Kinn reckte. Sie mochte zwar ein winziges, kleines Ding sein, aber in dieser zarten Gestalt steckte Stärke.
    Nun war ihr Gesicht wie eine Maske aus Alabaster, ohne jeden Ausdruck und so zerbrechlich wie Glas. Eine einzige Berührung, und sie würde womöglich zerbrechen. »Nicht so dankbar, als dass ich Euch h-h-hei-r…« Ihre Stimme brach ab,
als ihr das Wort im Hals steckenblieb, und mit entsetzt aufgerissenen Augen presste sie die Hand vor den Mund.
    Einer der Männer unterdrückte ein Lachen, und Patrick hätte ihn am liebsten dafür getötet. Mit brennenden Wangen wirbelte sie auf dem Absatz herum und fing an, den Weg zum Burgtor zurückzulaufen. Doch sie hatte nur ein paar Schritte zurückgelegt, als das Unheil zuschlug.
    Sie glitt mit einem Fuß im rutschigen Schlamm aus, verlor das Gleichgewicht und fiel rückwärts auf ihr Hinterteil, wobei sie mit einem lauten Platsch in einer trüben, braunen Pfütze landete.
    Einer der Männer murmelte: »Anscheinend sind ihre Füße genauso ungeschickt wie ihre Zunge.«
    Ein paar von ihnen lachten nervös und Patrick betete, dass sie es nicht gehört hatte, doch an der Art, wie sie die Schultern sinken ließ, erkannte er, dass es doch so war.
    Es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Es reichte. Die Rolle des Retters war ihm fremd, aber er konnte nicht länger einfach nur tatenlos danebenstehen. Er wusste, was er riskierte, aber irgendetwas zwang seine Schritte vorwärts. Kein Mädchen – nicht einmal eine Campbell – hatte solche Grausamkeit verdient. Und Patrick verstand vielleicht mehr als jeder andere, was es hieß, niedergeschlagen und hilflos zappelnd im Schlamm zurückgelassen zu werden. Er wusste, was Ungerechtigkeit bedeutete.
    Mit wenigen langen Schritten war er bei ihr. Ihre Kapuze war beim Sturz verrutscht und gab eine einzelne dicke Locke flachsblonden Haares frei, das sogar noch im grauen Nebel leuchtend schimmerte. Die schlichte Schönheit traf ihn unvorbereitet. Obwohl er ihr Gesicht nicht sehen konnte, erkannte er am leichten Beben ihrer Schultern, dass sie weinte. Er verspürte ein heftiges Brennen in der Brust und tief in den Eingeweiden seiner dunklen Seele regte sich etwas, von dem er nicht geglaubt hatte, dass er noch in der Lage
war, es zu fühlen: Mitgefühl und der unerklärliche Wunsch, zu beschützen.
    Am liebsten hätte er diese Männer mit bloßen Händen dafür erwürgt, dass sie ihr weh getan hatten. Vielleicht würde er das sogar noch tun. »Hier, Mädchen«, sagte er sanft und streckte ihr die Hand hin. »Nehmt meine Hand.«
    Zuerst glaubte er schon, dass sie ihn nicht gehört hatte. Doch dann wandte sie leicht den Kopf, so dass er das Glitzern einer einzelnen Träne sehen konnte, die ihr über die blasse Wange kullerte. Der winzige Tropfen fraß sich wie Säure durch das stählerne Band um seine Brust. Langsam hob sie die Hand und legte sie in die seine. Sie war so klein und weich, dass er beinahe zurückgezuckt wäre – erschrocken zuerst, und dann beschämt, als er an seine eigene harte, schwielige und schmutzverkrustete Handfläche dachte.
    Doch sie schien es nicht zu bemerken.
    Sanft zog er sie auf die Füße. Sie war so ein winziges Ding, dass er sie mit nur einem Finger hätte hochheben können. Er hielt ihre Hand und auf eigenartige Weise widerstrebte es ihm, sie loszulassen, bis sie sich ihm sanft entzog.
    Zu verlegen, um ihn anzusehen, hielt sie den Blick gesenkt. »Ich danke Euch«, hauchte sie so leise, dass er sie beinahe nicht gehört hätte.
    »Das sind Narren. Ihr habt Glück, dass Ihr ihn los …«, hob er an, doch sie hastete bereits davon. Die Rückseite ihres edlen Umhangs war von der Taille bis hinunter zum Saum völlig durchweicht und troff vor Schlamm.
    Instinktiv tat er ihr einen Schritt nach, doch dann pflanzte er die Füße fest auf den Boden und ließ sie gehen. Schließlich hatte er keine Ahnung, wie man ein Mädchen tröstete, selbst wenn das überhaupt möglich wäre. Die Vorstellung, dass ein geächteter MacGregor eine Campbell-Erbin tröstete, war so abwegig, dass er beinahe darüber gelacht hätte, wenn diese Fähigkeit nicht schon vor langer Zeit in ihm gestorben wäre.

    Er wandte den Blick von der einsamen Gestalt, die durch die Tore der Burg verschwand, gerade noch rechtzeitig ab, um zu sehen, wie Jamie Campbell, Argylls Vollstrecker und der gefährlichste Mann in den Highlands, geradewegs auf ihn
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