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Der verbannte Highlander

Der verbannte Highlander

Titel: Der verbannte Highlander
Autoren: Monica McCarty
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zukam. Der Henker musste mitangesehen haben, wie seine Schwester stolperte, und hatte offensichtlich beschlossen, der Sache nachzuforschen. Und indem Patrick ihr geholfen und die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, hatte er sich selbst zum Mittelpunkt dieser Nachforschung gemacht.
    Er stieß einen Fluch aus und sein Blick schoss zu Gregor hinüber. Sein Bruder sah ihn an, als habe er den Verstand verloren, und tatsächlich begann Patrick langsam, sich dasselbe zu fragen.
    Was hatte er sich nur dabei gedacht?
    Jetzt mussten sie schnell handeln. Campbell kam immer näher und in seinen Augen flammte jähes Wiedererkennen auf.
    In Erwartung eines Kampfes, der schon lange überfällig war, pulsierte angespannte Erregung durch Patricks Adern. Es gab keinen MacGregor, der sich nicht Jamie Campbells Tod wünschte, und nichts wäre Patrick lieber, als die Ehre zu haben, den verdammten Henker geradewegs heim in die Hölle zu schicken.
    Er krampfte die Hand um das Heft seines Dolches. Ein einziger Wurf …
    Gott, er war in Versuchung. Mehr noch als nur in Versuchung  – er brannte darauf. Doch die Vernunft siegte. Es wäre reiner Selbstmord. Drei Männer gegen Hundert war ein ungleicher Kampf, den er nicht riskieren wollte.
    Schnell sah er zu seinem Cousin hinüber. Es waren noch drei Teilnehmer auf dem Wettkampffeld übrig, doch ihm blieb nur noch eines, was er tun konnte. Der Chief würde damit warten müssen, den MacLeod zu übertrumpfen, ebenso wie Patrick damit warten musste, Jamie Campbell gegenüberzutreten.

    Doch der Tag der Rache würde kommen.
    Stumm formte er mit den Lippen ›Jetzt‹, das Signal für seinen Bruder, dann stieß er hart gegen den Pfahl. Der wackelte und begann, umzustürzen, erst langsam und schwankend wie ein Pendel, dann krachte er mit lautem Getöse nieder.
    Das Ablenkungsmanöver funktionierte. In der Menge brach die Hölle los. Patrick rannte auf den Wald zu und schloss zu seinem Bruder und seinem Cousin auf, doch irgendetwas ließ ihn noch ein letztes Mal zum Burgturm von Inveraray Castle zurückblicken.
    Bedauern, möglicherweise, über etwas, was ihm nie gehören konnte.
    Über ein Leben, das ihm genommen worden war. Ein Leben, in dem ein MacGregor-Krieger und ein Campbell-Mädchen nicht durch Hass und Schicksal voneinander getrennt waren.
    Mit einem letzten Blick zu der mächtigen Festung schlüpfte Patrick zwischen die Bäume und verschwand im Nebel.

Kapitel 1
    Oh düstre Festung! Deine dunklen Hallen
Sind nicht erfüllt von schottischer Geschichte;
Auf andren Türmen strahlt, oh stolzer Argyll,
gekrönt dein alter Ruhm in hellem Lichte.
Nur wenig bleibt von längst vergangnen Zeiten,
Wenn nun den Hügel hoch wir schreiten,
Als vor dem innren Aug zu sehen,
Im Wind, oh Castle Campbell, deine Banner wehen!
     
    »Castle Campbell«, von WILLIAM GIBSON
     
     
    Nahe Castle Campbell, Clackmannanshire, Juni 1608
     
    E lizabeth Campbell ließ das zerknitterte Stück Pergament in den Schoß sinken und blickte schweren Herzens aus dem kleinen Fenster, wo der massige Schatten von Castle Campbell langsam in der Ferne verblasste. Ganz gleichgültig, wie oft sie den Brief las, es änderte nichts an den Worten darin. Wie es schien, war ihre Zeit abgelaufen.
    Die Kutsche rumpelte nur quälend langsam den holprigen Weg entlang, denn die jüngsten Regenfälle hatten die ohnehin schon raue Straße in die Highlands noch trügerischer werden lassen. Aber wenn sie mit dieser Geschwindigkeit weiterfuhren, dann würden sie eine ganze Woche brauchen, um Dunoon Castle zu erreichen.
    Von der gegenüberliegenden Seite der Kutsche fing Lizzie den verstohlenen Blick ihrer Dienerin Alys auf, worauf die andere Frau schnell wieder die Augen niederschlug und vorgab,
ganz in ihre Stickerei vertieft zu sein. Die unsauberen Stiche allerdings straften ihre Versunkenheit Lügen.
    Alys machte sich Sorgen um sie, auch wenn sie sich alle Mühe gab, es nicht zu zeigen. In der Hoffnung, sie von unangenehmen Fragen abzuhalten, sagte Lizzie: »Ich weiß nicht, wie du bei all diesem Geholper nähen …«
    Doch wie um ihren Standpunkt zu unterstreichen, blieben ihr die Worte im Hals stecken, als sie von der Sitzbank hochgehoben wurde und dann so hart wieder zurückprallte, dass ihr die Zähne aufeinanderschlugen und sie mit der Schulter gegen die holzvertäfelte Wand der Kutsche knallte.
    »Autsch«, stöhnte sie und rieb sich den Arm, nachdem sie sich wieder aufgerappelt hatte. Sie warf einen Blick zu Alys hinüber, die ein
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