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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler
Autoren: Frederick Forsyth
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benachbarte Kuwait, und Saudi-Arabien wird in der OPEC das entscheidende Wort haben. Mit 1,3   Milliarden Barrel Jahresproduktion heute und einem Anteil an der Weltproduktion, der in dem Maße steigen muß, wie der der anderen einunddreißig Ölproduzenten zurückgeht, mit Reserven für mehr als hundert Jahre wird Saudi-Arabien den Welterdölpreis diktieren – und damit über Amerika bestimmen.
    Angesichts der abzusehenden Ölpreissteigerungen werden die USA mit einer Ölimportrechnung von täglich 450   Millionen Dollar konfrontiert sein – zu bezahlen an Saudi-Arabien und sein Anhängsel Kuwait. Und das bedeutet, daß die Öllieferanten im Nahen Osten wahrscheinlich zu Eigentümern eben jener amerikanischen Industrien werden, deren Bedarf sie decken. Trotz ihrer Modernität, Technologie, militärischen Macht und ihres Lebensstandards werden die USA wirtschaftlich, finanziell, strategisch und damit politisch von einem bevölkerungsarmen, rückständigen, halbnomadischen, korrupten und unberechenbaren Land abhängig sein, auf das sie keinen Einfluß haben.
    Cyrus V . Miller klappte den Bericht zu, lehnte sich zurück und blickte zur Decke hinauf. Wenn irgend jemand die Frechheit besessen hätte, ihm ins Gesicht zu sagen, daß er im politischen Denken Amerikas zu den Ultrarechten gehörte, hätte er vehement widersprochen. Er wählte zwar von jeher republikanisch, hatte sich aber nie sehr für die Politik interessiert, oder doch nur insofern, als sie die Ölindustrie tangierte. Die politische Partei, der er anhing, war die der Patrioten. Miller liebte seinen Wahlheimatstaat Texas und das Land seiner Geburt mit einer Intensität, die ihm manchmal geradezu den Atem benahm.
    Mit seinen siebenundsiebzig Jahren war er unfähig zu erkennen, daß sein Amerika in vielem seinem eigenen Hirn entsprungen war: ein weißes, angelsächsisch-protestantisches Amerika traditioneller Werte und eines primitiven Chauvinismus. Nein, versicherte er dem Allmächtigen mehrmals täglich im Gebet, gegen Juden, Katholiken, Hispanics oder Schwarze habe er nichts – schließlich beschäftigte er ja auf seiner herrschaftlichen Ranch im Hill Country außerhalb von Houston acht weibliche Hausangestellte, die spanisch sprachen, von mehreren Schwarzen in den Gärten ganz zu schweigen –, solange sie wußten, wo sie hingehörten.
    Er starrte zur Decke hinauf und versuchte, sich an den Namen eines Mannes zu erinnern, eines Mannes, den er ungefähr zwei Jahre vorher bei einer Tagung in Dallas kennengelernt und der ihm erzählt hatte, er lebe und arbeite in Saudi-Arabien. Sie hatten sich zwar nur kurz miteinander unterhalten, aber der Mann hatte Eindruck auf ihn gemacht. Er sah ihn in der Erinnerung klar vor sich: mit ungefähr ein Meter achtzig eine Spur kleiner als Miller, athletisch, straff wie eine gespannte Feder, ruhig, wachsam, nachdenklich, ein Mann mit einem gewaltigen Schatz an Erfahrungen aus dem Nahen Osten. Er hinkte, stützte sich beim Gehen auf einen Stock mit silbernem Knauf und hatte irgend etwas mit Computern zu tun. Je länger Miller sich zu erinnern versuchte, desto mehr fiel ihm ein. Sie hatten sich über Computer, über die Vorzüge seiner Honeywells unterhalten, aber der Mann hatte dem IBM -Produkt den Vorzug gegeben. Ein paar Minuten später rief Miller seine Forschungsabteilung an und diktierte, was ihm eingefallen war.
    »Stellen Sie fest, wo er sich aufhält!« befahl er.
    Es war bereits dunkel an der spanischen Südküste, jenem Teil, der den Namen Costa del Sol trägt. Obwohl die Touristen-Saison schon einige Zeit zurücklag, waren die hundert Meilen der Küste von Malaga bis Gibraltar von einer funkelnden Lichterkette erhellt, die von den Bergen hinter der Küste wohl wie eine feurige Schlange wirkte, wie sie sich durch Torremolinos, Mijas, Fuengirola, Marbella, Estepona, Puerto Duquesa und weiter nach La Linea und zum »Felsen« dahinwand. Auf der Autobahn Malaga – Cadiz, die durch den Streifen Flachland zwischen den Bergen und den Stränden führt, zuckten pausenlos die Scheinwerfer von Pkws und Lastwagen auf.
    In den Bergen hinter der Küste nahe an ihrem westlichen Ende, zwischen Estepona und Puerto Duquesa, erstreckt sich das Weinanbaugebiet des südlichen Andalusien, wo nicht der Sherry des westlich davon gelegenen Jerez, sondern ein aromatisch-herzhafter Rotwein gekeltert wird. Zentrum dieses Gebiets ist die Kleinstadt Manilva, nur ein paar Meilen von der Küste entfernt, aber mit einem prachtvollen Ausblick
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