Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
hatte. Trotz des Supergehalts, das ich ihm zahle, dachte Miller, hat mir der Analytiker hier keinen Text vorgelegt, der mich beruhigen soll. Aber er wußte das zu schätzen. Zum fünften Male nahm er sich Dixons Schlußfolgerungen vor.
    Das Fazit, Sir, sieht so aus, daß der freien Welt schlicht und einfach das Öl ausgeht. Wegen der Entschlossenheit mehrerer aufeinanderfolgender Regierungen, die Fiktion aufrechtzuerhalten, die gegenwärtige Situation des »billigen Öls« werde in alle Ewigkeit fortdauern, wird diese Tatsache von der breiten Masse der amerikanischen Bevölkerung derzeit nicht wahrgenommen.
    Der Beweis für die »Erschöpfungstheorie« findet sich in der Tabelle der globalen Ölreserven, weiter vorne beigelegt. Von den heute einundvierzig ölproduzierenden Staaten verfügen nur zehn über bekannte Reserven, die länger als dreißig Jahre reichen. Selbst dieses Bild ist noch optimistisch, da für diese Zeitspanne eine Produktion auf dem heutigen Stand zugrunde gelegt wird. Tatsache aber ist, daß der Ölverbrauch und damit die Ölförderung steigt, und da den Produzenten mit knappen Reserven das Öl vorher ausgehen wird, wird die übrige Förderung anziehen, um das Minus auszugleichen. Sicherer wäre also die Annahme, daß – bis auf zehn – in allen ölproduzierenden Staaten die Vorräte binnen zwanzig Jahren erschöpft sein werden.
    Es ist schlicht undenkbar, daß rechtzeitig alternative Energiequellen verfügbar werden. In den nächsten drei Dekaden heißt es für die freie Welt: Öl oder wirtschaftlicher Untergang.
    Die amerikanische Position ist katastrophal und wird immer katastrophaler. In der Zeit, als die damals mächtigen OPEC -Staaten den Rohölpreis von zwei auf vierzig Dollar pro Barrel hochtrieben, gewährten die amerikanischen Regierungen vernünftigerweise der heimischen Ölindustrie jedwede Förderung, zu explorieren und möglichst viel Öl aus einheimischen Reserven zu fördern und zu verarbeiten. Seit dem Niedergang der OPEC und dem drastischen Produktionsanstieg in Saudi-Arabien 1985 badet Washington buchstäblich in billigem Öl aus dem Nahen Osten und hat zugelassen, daß die einheimische Ölindustrie austrocknet. Diese Kurzsichtigkeit wird zu einem bitteren Erwachen führen.
    Die amerikanische Reaktion auf das billige Öl war und ist: gestiegene Nachfrage, höhere Einfuhr von Rohöl- und Ölprodukten und schrumpfende Inlandsproduktion, eine scharfe Beschneidung der Exploration, umfassende Stillegungen von Raffinerien und eine schlimmere Arbeitslosigkeit als 1932. Selbst wenn Amerika sofort ein Crash-Programm mit massiven Investitionen und umfassenden Produktionsanreizen in Angriff nähme, würde es zehn Jahre dauern, das Reservoir an geschulten Fachkräften aufzufüllen, die Fördereinrichtungen wieder in Betrieb zu setzen oder ganz zu erneuern und die Aufgabe anzupacken, unsere inzwischen totale Abhängigkeit von nahöstlichem Öl auf ein erträgliches Maß zurückzuführen. Bis dato spricht nichts dafür, daß Washington beabsichtigt, einen solchen Wiederaufstieg der amerikanischen Ölproduktion zu fördern.
    Dafür gibt es drei Gründe – und alle sind falsch.
    1) Neues Öl, in den USA aufgespürt, würde zwanzig Dollar pro Barrel kosten, während saudiarabisch-kuwaitisches Öl Produktionskosten von zehn bis fünfzehn Cent pro Barrel verursacht und uns als Käufer sechzehn Dollar pro Barrel kostet. Man nimmt an, daß dieser Zustand andauern werde. Er wird es nicht.
    2) Es wird angenommen, daß die Araber und insbesondere die Saudis auch weiterhin gewaltige Mengen an amerikanischer Technologie, an amerikanischen Waffen, Waren und Dienstleistungen für ihre eigene soziale und militärische Infrastruktur kaufen und damit ihre Petrodollars zu uns zurückschleusen werden. Das jedoch werden sie nicht tun. Ihre Infrastruktur ist heute so gut wie komplett, sie wissen nicht, wofür sie ihre Dollars noch ausgeben sollen, und ihre vor kurzem (1986 und 1988) abgeschlossenen Tornado-Geschäfte mit Großbritannien haben uns als Waffenlieferanten auf die zweite Stelle verdrängt.
    3) Es wird angenommen, daß die nahöstlichen Königreiche und Scheichtümer gute und loyale Verbündete seien, die sich niemals gegen uns wenden, die Preise nicht wieder hochtreiben und deren Regime sich für ewige Zeiten an der Macht halten werden. Ihre brutale Erpressungspolitik gegenüber Amerika, von 1973 bis 1985, zeigt aber, wie es um ihre freundschaftliche Gesinnung bestellt ist, und in einer so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher