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Der unteleportierte Mann

Der unteleportierte Mann

Titel: Der unteleportierte Mann
Autoren: Philip K. Dick
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andere Erde, auf der ich als Tier statt als Mensch geboren worden bin.
Oder eine Mikrowellenübertragung, bei der mein Gehirn als Wandler ohne Elektronik benutzt worden ist. Die gibt es, besonders bei den Polizeiagenturen.
Er fürchtete sich sehr vor den weltweiten Polizeiagenturen. Besonders vor Lies Incorporated, der schlimmsten Polizeiagentur von allen. Sogar die sowjetische Polizei fürchtete sich davor. Sie strahlen unterbewußt psychotronische Signale auf mich ab, während ich schlafe, dachte er. Und dann wurde ihm klar, wie paranoid das war. Christus, niemand, der geistig gesund war, würde so etwas glauben. Und selbst wenn Lies Incorporated tatsächlich im Schlaf mikrowellenverstärkte telepatische Informationen an ihn abstrahlte, würden sie dann etwas mit Ratten zu tun haben?
Mit Ratten!
Ich bin eine gottverdammte Ratte, begriff er. Wenn ich schlafen gehe, regrediere ich Millionen von Jahren bis in eine Zeit, in der ich einmal eine Ratte war, und ich denke Rattengedanken und habe Rattenvorstellungen; ich mag, was eine Ratte mag. Das erklärt, warum ich mit Fred um die Hundecrunchies gekämpft habe. Es ist ganz einfach: Erinnerungen aus dem Paläo- statt aus dem Neokortex.
Dafür gibt es eine anatomische Erklärung. Hat etwas mit den später hinzugekommenen zusätzlichen Schichten des Gehirns zu tun; das Gehirn hat ältere Schichten, die während des normalen Schlafs zu arbeiten beginnen.
Das ist das Problem, wenn man in einem Polizeistaat lebt, sagte er sich; man glaubt - bildet sich ein - , daß die Polizei hinter allem steckt. Man wird paranoid und denkt, sie würden einem im Schlaf Informationen zustrahlen, um einen unterbewußt zu kontrollieren. In Wirklichkeit würde die Polizei das natürlich nie tun. Die Polizei ist unser Freund.
Oder ist mir dieser Gedanke unterbewußt zugestrahlt worden? fragte er sich plötzlich. »Die Polizei ist unser Freund.« Was für ein Unfug!
Er rasierte sich weiter, obwohl er sich angesichts der ganzen Sache höchst verdrießlich fühlte. Vielleicht hört der Traum ja auf, mich zu behelligen, sagte er sich. Oder . . .
Innehaltend dachte er: Vielleicht versucht der Traum ja, mir irgend etwas zu sagen.
Lange Zeit stand er da, ohne sich zu bewegen, den Rasierapparat vom Gesicht weggehalten. Mir was zu sagen? Daß ich auf einer Müllhalde lebe, wo es getrocknete Nahrungsbröckchen gibt, verrottendes Essen, andere Ratten.
Er erschauerte.
Und fuhr fort, sich so gut er konnte zu rasieren.
II
»Syn-kaf?« fragte die Empfangsdame mitfühlend. »Oder marsianischen Fniksaft-Tee, solange Sie warten?«
Rachmael ben Applebaum, der einen echten Tampa, Florida Garcia y Vega-Zigarillo hervorholte, sagte: »Ich möchte mich einfach nur hinsetzen, danke.« Er steckte sich die Zigarre an, wartete. Auf Miss Freya Holm. Er fragte sich, wie sie wohl aussah. Wenn sie so hübsch war wie die Empfangsdame ... Eine sanfte Stimme sprach ihn an, beinahe scheu. »Mr. ben Applebaum? Ich bin Miss Holm. Wenn Sie in mein Büro kommen würden . . .« Sie hielt ihm die Tür auf, und sie war die Vollkommenheit selbst; sein Garcia y Vega-Zigarillo verqualmte achtlos im Aschenbecher, als er sich erhob. Sie war nicht älter als zwanzig, mit chitinschwarzem, langem Harr, das frei über ihre Schultern fiel, und Zähnen so weiß wie die glänzenden Zollstreifen der teuren UN-Infomagazine ... er starrte sie an, starrte auf das zierliche Mädchen in Goldspray-Mieder und Shorts und Sandalen mit der einzelnen Kamelie über dem linken Ohr, starrte und dachte: Und das ist mein Polizeischutz. »Sicher.« Wie betäubt ging er an ihr vorbei, betrat ihr kleines, im zeitgenössischen Stil eingerichtetes Büro; mit einem schnel- len Blick erfaßte er Artefakte der ausgestorbenen Kulturen von sechs Planeten. »Aber Miss Holm«, protestierte er schließlich zögernd. »Vielleicht haben Ihre Arbeitgeber es Ihnen nicht erklärt; die Lage ist sehr ernst. Hinter mir ist eines der mächtigsten ökonomischen Syndrome des Sol-Systems her: Auf Hoff- manns Spuren . . .«
»AHS«, sagte Miss Holm, während sie sich an ihren Schreibtisch setzte und ihr Tonaufzeichnungsgerät einschaltete, »ist Eigentümer der Teleportionsmaschine des Dr. Sepp von Einem und hat durch dieses Monopol die Oberlicht-Linienschiffe und
-Raumfrachter der Applebaum-Gruppe überflüssig gemacht.« Auf dem Tisch vor sich hatte sie einen Computerbogen, den sie nun zu Rate zog. »Sie sehen, Mr. Rachmael ben Appla- baum . . .« Sie blickte auf. »Ich möchte Sie in
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