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Der ungeladene Gast

Der ungeladene Gast

Titel: Der ungeladene Gast
Autoren: S Jones
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King-Charles-Spaniels Nell und Lucy und des Stallhunds Forthright, Forth genannt. Allerdings hatten diese Experimente sie nicht wirklich zufriedengestellt. Sie hatte nie eine befriedigende Antwort auf die verzwickte Frage gefunden, ob man bei Hunden und Katzen den höchsten Punkt ihrer Köpfe, die sie nie still hielten, als Maß nahm oder die Schultern, die sich leicht mit Rückgrat und Hals verwechseln ließen. Zudem hatte sie die Tiere erst in Zoll gemessen, es sich dann anders überlegt und war auf Handbreit als korrektes Maß umgestiegen, da Pferde in Handbreit gemessen wurden und folglich wohl auch alle anderen Vierbeiner. Der getigerte Kater Lloyd maß übrigens für gewöhnlich zweieinhalb Handbreit (oder zehn Zoll), die Spaniels etwas mehr.
    Unbefriedigt von ihren durch Anmerkungen ergänzten Messmarkierungen, hatte sie viele Stunden damit verbracht, die Umrisse der Tiere zu zeichnen, wozu sie sie an die Wand quetschte und mit ihren Beinen und ihrem ganzen Körper dort festhielt. (Da der Spürhund Forthright nicht ans Haus gewöhnt war, war er als Modell nicht ganz einfach gewesen, zumal er auf seine hündische Art auch keinerlei Rücksicht auf Teppiche nahm. Zu guter Letzt hatte er Smudge unter lautem Gebell, mit dem er dagegen protestieren wollte, so lange in dem kleinen, hoch oben gelegenen Zimmer von ihren rücksichtslosen, kindlichen Armen an die feuchte, schmutzige Tapete gequetscht zu werden, durch den ganzen Korridor hinter sich hergeschleift.)
    Eigentlich hatte sie vorgehabt, den Tieren anschließend ein Fell zu malen, aber Haare und Fell sind außergewöhnlich schwierig zu zeichnen, und jedenfalls war sie noch nicht dazu gekommen. Es genüge zu sagen, dass ihre Wände alles andere als makellos waren.
    Emerald brachte Smudge ins Bett und stopfte die gesteppte Decke um sie fest. »Warst du wieder auf dem Dach?«, fragte sie.
    »Nicht in letzter Zeit.«
    »Du weißt, dass du das nicht darfst. Du könntest runterfallen und dir das Genick brechen, und was würde Ma dann sagen?«
    »Du und Clovis, ihr geht doch auch aufs Dach.«
    »Aber nur, um nach undichten Stellen zu suchen.«
    Smudge rutschte tiefer unter die Decke, bis nur noch ihre schwarzen Augen mit den violetten Schatten darunter und ihre unwirklich dunklen Haare über dem verblichenen Blumenmuster der Steppdecke zu sehen waren.
    »Em?«, fragte sie mit undeutlicher Stimme.
    Emerald war schon an der Tür.
    »Meinst du, ich bin nachher gesund genug, um auf deine Geburtstagsparty zu kommen?«
    »Das will ich doch hoffen. Wer soll mir denn sonst helfen, die Kerzen auszublasen? Ich bin viel zu alt, um sie alle allein zu schaffen.«
    »Du bekommst also einen Kuchen?«
    »Ach du meine Güte. Nicht wenn ich mich nicht darum kümmere«, sagte Emerald, lief aus dem Zimmer und machte die Tür hinter sich zu.
    Sobald sie weg war, hob Smudge das kleine, blasse Gesichtchen aus den Bettdecken. Sie schien aufmerksam auf etwas zu lauschen, setzte sich dann auf und presste das Ohr an die Wand hinter sich, die an das alte Haus grenzte.
    »Hm«, sagte sie stirnrunzelnd. »Niemand da.« Sie sah sich in ihrem allem Anschein nach leeren Zimmer um, legte sich wieder hin und zog die Decke bis unter das Kinn, während sich draußen ein kalter Frühlingswind erhob.
    Auf der Suche nach Mrs Trieves kam Emerald am Frühstückszimmer vorbei, wo sie Clovis entdeckte, der vor dem Kamin auf dem Boden lag und lustlos an den Kanten einer Zeitung herumzupfte. Die beiden King-Charles-Spaniels Nell und Lucy lagen auf dem abgewetzten Samtsofa neben ihm und drehten schnüffelnd die Nasen in Emeralds Richtung, als sie in der Tür stehen blieb.
    »Du willst also nicht mit Ferryman ausreiten?«
    Clovis sah mit düsteren, umwölkten Augen zum Fenster.
    »Mein Gott, Emerald! Hast du schon einmal daran gedacht, dich bei der Polizei zu bewerben?«, grummelte er. »Soweit ich weiß, suchen sie dort immer Leute zum Schikanieren missliebiger Mitmenschen.«
    »Ich werde um zehn mit Levi ausreiten – falls du es dir anders überlegen solltest. Das Wetter scheint umzuschlagen, deshalb würde ich sagen, je eher, desto besser. Übrigens, um wie viel Uhr kommt eigentlich der Zug, der deine Liebste zu meinen Festlichkeiten bringt?«
    Clovis rollte sich stöhnend auf den Rücken und sah zu den Stuckverzierungen an der Decke auf.
    »Patience Sutton«, stöhnte er. »Um wie viel Uhr kommt eigentlich der Zug, der die unsägliche Patience Sutton und ihre Mutter zu den Festlichkeiten bringt ? Wolltest du
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