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Der Turm von Zanid

Titel: Der Turm von Zanid
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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Großbritannien, Erde. Eine Zeitlang war er König der Insel Zamba in der Sabadao-See des Planeten Krishna gewesen. Doch statt sich mit diesem durchaus nicht uneinträglichen Posten zu bescheiden, hatte er, von zügellosem Ehrgeiz getrieben, mit einer Handvoll Gefolgsleuten und zwei Dutzend eingeschmuggelten Maschinengewehren das mächtige Königreich Gozashtand angegriffen. Damit hatte er den Zorn des Interplanetarischen Rates über sein Haupt beschworen. Der IR hatte dem Planeten Krishna nämlich eine Technologieblockade auferlegt, um zu verhindern, dass die kriegerischen, aber noch vorindustriellen Eingeborenen dieses bezaubernden Planeten die verheerenden Methoden wissenschaftlicher Kriegsführung kennen lernten, ehe sie politisch und kulturell so weit vorangeschritten waren, dass sie solche Kenntnisse und Erfindungen auch verkraften konnten. Unter diesen Umständen war eine Kiste mit Maschinengewehren natürlich absolut tabu.
    Die Folge davon war, dass man Fallon von seinem Thron herunter verhaftet und in Gozashtand unter kataleptischer Trance ins Gefängnis gesteckt hatte. Es hatte viele Jahre gedauert, bis seine zweite Frau Julnar – die man gezwungen hatte, zur Erde zurückzukehren – wieder nach Krishna zurück kam und seine Freilassung erwirkte. Fallon, kaum wieder auf freiem Fuß, hatte sofort versucht, seinen Thron wiederzuerlangen. Der Versuch war missglückt, zu allem Überfluss hatte er auch Julnar verloren, und seither lebte er in Zanid, der Hauptstadt von Balhib.
     
    Fallon wanderte am Präfektenpavillon vorbei, an dessen Hauptmast die grünschwarze Flagge von Kir, dem Dour von Balhib, steif in der frischen Brise stand, die von der Steppe hereinwehte. Darunter flatterte die Flagge des gerade stattfindenden Festes, auf der der drachenähnliche Shan aus den Äquatorwäldern Mutaabwks prangte, jenes Ungeheuer, auf dem – der Legende nach – Tausende von Jahren zuvor der Halbgott ›Anerik‹ nach Balhib geritten war, um die Erleuchtung zu verbreiten. Fallon schlenderte durch das Budengewirr und schlug alsdann den Weg zur Tribüne ein, von der schwach die Melodiefetzen eines Marsches herübertönten, den ein Terraner namens Schubert mehr als dreihundert Jahre zuvor komponiert hatte.
    Schubert hatte große Mühe, sich gegenüber einer lauten Stimme mit hartem terranischen Akzent durchzusetzen. Fallon ging der Stimme nach und stieß auf einen Erdenmenschen, der in erbärmlichem Balhibou, untermalt von leidenschaftlichen Gesten, von einer Kiste herab eine Rede hielt:
    »… hütet euch vor dem Zorn des einen Gottes! Denn dieser Gott hasst das Böse – besonders die Sünden der Götzenanbeterei, der Leichtfertigkeit und der Hoffärtigkeit, denen ihr Balhibuma verfallen seid. Lasst mich euch vor dem kommenden Zorn bewahren! Bereut, ehe es zu spät ist! Zerstört die Tempel der falschen Götter! …«
    Fallon blieb einen Moment stehen und hörte zu. Der Redner war ein stämmiger Bursche in einem schwarzen terranischen Anzug. Sein schwer beschreibbares Gesicht war vor Fanatismus zu einer angestrengten Fratze verzerrt, und unter dem schneeweißen Turban quoll langes schwarzes Haar hervor. Besonders aufgebracht schien er über die weibliche Nationaltracht von Balhib zu sein, die aus einem Faltenrock und einem um die Schultern gesteckten Schal bestand. Fallon erkannte die Lehre der ökumenischen Monotheisten wieder, einer weit verbreiteten synkretistischen Sekte brasilianischen Ursprungs, die nach dem Dritten Weltkrieg auf der Erde entstanden war. Die krishnanischen Zuhörer schienen eher belustigt als beeindruckt.
    Als er des banalen Gequatsches überdrüssig war, setzte er etwas zielstrebiger seinen Weg fort. Doch schon nach ein paar Metern wurde er von einem Triumphzug aufgehalten, der vom Minashtplatz kam. Die Anhänger von Zanid trugen den Kapitän der einheimischen Mannschaft auf den Schultern, der seinen gebrochenen Arm in einer Schlinge trug. Fallon wartete, bis die Sportfans vorbeigezogen waren, und setzte seinen Weg fort. Er kam an einer Schießbude vorbei, an der Krishnaner mit leichten Armbrüsten auf Holzfiguren schossen, und blieb vor einem Zelt stehen, über dem in Balhibou-Schrift stand:
     
    TURANJ DER SEHER
     
    Astrologe, Kristallschauer, Schwarzkünstler, Zahnheiler. Sieht alles, weiß alles, sagt alles. Zukunftsvoraussage, Offenbarung von Chancen, Verhütung von Unbill, Wiederauffindung verlorener Gegenstände, Planung von Freierwerbung, Entlarvung von Feinden. Wendet euch vertrauensvoll
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