Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Totenleser

Der Totenleser

Titel: Der Totenleser
Autoren: Antonio Garrido
Vom Netzwerk:
( Buch der Riten ) wird gesagt, dass der Tod eines der beiden Elternteile eine dreijährige Trauer verlangt und dass die orthodoxeste Form dieser Trauer darin besteht, sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen, Kleidung aus Sackleinen zu tragen und in einer Hütte in der Nähe des Grabes zu wohnen. Die einfachen Leute, die es sich nicht leisten konnten, die Arbeit ruhen zu lassen, begnügten sich damit, keine Feste mehr zu besuchen, in den drei Jahren nicht zu heiraten und auf jegliche sexuelle Aktivität zu verzichten.
    Bei den Bestattungsriten – ob nun taoistischen, buddhistischen, konfuzianischen oder einer Kombination daraus – brachten die Chinesen ihren Verstorbenen Opfer dar. Doch der Begriff »Opfer« besitzt hier nicht den westlichen Sinn der »Tötung eines Menschen oder eines Tieres als Gabe für einen Gott«, sondern bedeutet in Wirklichkeit, selbst ein Opfer zu bringen, das heißt, »etwas fortzugeben, um etwas anderes zu erlangen«.Wenn jemand zum Beispiel seinen Toten als Opfer einen Korb mit Früchten gab, stellte das für den Gebenden ein Opfer dar, weil er zugunsten seiner verstorbenen Angehörigen darauf verzichtete, sie selbst zu essen.
    Bestattungen wurden als Verbrennungen oder als Begräbnisse durchgeführt. Wenn die Person begraben wurde, wurden die Knochen nach sieben Jahren rituell exhumiert, gereinigt und abermals beerdigt.
    SAMPAN    Der Sampan ist ein flaches Boot ohne Kiel von 3,5 bis 4,5 Metern Länge, das für den Transport von Passagieren oder Waren, für die Fischerei und sogar als Wohnung benutzt wird. Wörtlich bedeutet sam pan »drei Bretter« und bezieht sich auf das Grundmuster seiner Bauweise, die aus einem Brett für den Boden und zwei anderen für die Seiten besteht. Im weiteren Sinn verwendet man die Bezeichnung Sampan auch für die chinesische Dschunke, vielleicht das älteste bekannte Segelschiff, das seine ursprüngliche Form seit seinem ersten Auftauchen im Jahr 600 n.Chr. bewahrt hat.
    STRAFEN    Der Lingchi oder »Tod der tausend Schnitte« war die schrecklichste vom Gesetz vorgesehene Strafe. Aber sie war nicht die einzige. Zu den häufigsten gehörten die Serien von Stockschlägen mit glatten, keine Knoten aufweisenden Bambusstangen, deren Länge, Dicke und Gewicht genau festgelegt und klassifiziert waren. Der Jia , unpassenderweise »Joch« genannt, bestand aus einem quadratischen Stück Holz,ähnlich einer Tischplatte, das in zwei Hälften geteilt werden konnte und in der Mitte ein Loch hatte, durch das man den Kopf des Verurteilten steckte. Die Handfesseln oder Handschellen aus grobem Holz wurden nur bei Männern angewendet. Die Fußfesseln waren aus Metall und ketteten die Füße so aneinander, dass ihr Bewegungsspielraum eng begrenzt war.
    UNIVERSITÄT    Wie die Regierenden der Dynastien vor ihnen vertraten die Song die Ansicht, dass die öffentlichen Ämter von den zuverlässigsten und fähigsten Staatsbürgern besetzt werden sollten, ungeachtet ihrer wirtschaftlichen und sozialen Herkunft. Dieser Gedanke mündete in das, was unter dem Begriff »System von Prüfungen für den öffentlichen Dienst« bekannt wurde, ein Verfahren, nach dem jeder Staatsbürger an den ausgesprochen schwierigen Aufnahmeprüfungen teilnehmen und, abhängig von der erreichten Punktzahl, eine Beamtenlaufbahn bis hinauf zum Posten des Ersten Ministers einschlagen konnte.
    In allen Distriktstädten schufen die Song Grundschulen und in allen Präfektursitzen höhere Schulen. Selbst die Dörfer auf dem Land besaßen einfache Bildungseinrichtungen, was – gemeinsam mit dem Sinken der Bücherpreise durch die Verbreitung des Buchdrucks – dazu führte, dass das Analphabetentum praktisch verschwand.
    In der Hauptstadt Lin’an brachte es die Nähe der Universität zum Hof mit sich, dass viele Studenten politisches Interesse zeigten und Aktivitäten entfalteten, die den hohen Regierungsfunktionären missfielen und sie sogar zum Boykott des Unterrichts veranlassten. Die Situation verschärfte sich derart, dass Jia Sidao, der berühmte Kanzler des Kaisers Lizong (1225–1264), studentische Spione in die Universität einschleusen musste.
    Die Shu-yüan genannten privaten Akademien stellten die einzige Möglichkeit dar,in bestimmten Fächern wie etwa der Medizin einen höheren Abschluss zu machen (u.a. gab es die Akademien Hanlin,Bailudong,Yuelu,Chongshan,Shigu und Yintianfu). Im Unterschied zu den staatlichen Schulen vermittelten die Lehrer an den Akademien nicht bloß das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher