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Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)

Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)

Titel: Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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erwiderte Mom. „Aber da wir beide ein Handy haben, dürfte das auch kein Problem sein.“
    Brad sah sich die leeren Räume einen nach dem anderen an. Sie waren sehr hoch und jeder Schritt hallte darin auf gespenstische Weise wider.
    Mom redete irgendetwas davon, dass man eigentlich zusätzliche Decken einziehen müsste, zum die Heizkosten im Griff zu behalten, aber Brad hörte ihr nicht weiter zu.
    Er ging hinauf ins Obergeschoss. Überall lag eine dichte Staubschicht. Spinnenweben spannten quer über die Treppe.
    „Mom, das ist ekelhaft hier!“, beklagte sich Brad.
    „Wenn alles hergerichtet ist, wird es richtig gemütlich“, antwortete sie aus der Küche.
    „Leere Versprechungen!“
    „Was hast du gesagt?“
    „Nichts, Mom.“
    Schließlich hatte Brad das Obergeschoss erreicht. Er betrat eines der Zimmer. Ein Schrank war dort vom Vorbesitzer zurückgelassen worden. Das dunkle Holz wies Verzierungen in Form von chinesischen Drachen auf, deren Gesichter wie die Fratzen missgünstiger Geister wirkten.
    Er konnte nicht anders, trat an den Schrank heran und versuchte vorsichtig, ihn zu öffnen. Aber er war verschlossen. Dort wo seine Hände das Holz berührt hatten, entstanden Linien in der Staubschicht. Linien, die für den Bruchteil einer Sekunde die Konturen eines Gesichts zu ergeben schienen.
    Brad zuckte zusammen. Er fühlte einen Schauder wie nie zuvor in seinem Leben. Für einen kurzen Moment war er unfähig zu atmen. Der Puls schlug ihm bis zum hals. Ein stöhnender Laut drang von Ferne in sein Bewusstsein.
    „Brad!“, kreischte eine Stimme.
    „Brad!“
    „Brad!“
    Erst beim dritten Mal begriff er, dass es seine Mutter war. Die Konturen im Staub waren plötzlich nicht mehr da. Fängst du jetzt schon an zu spinnen?, ging es ihm durch den Kopf. Ist vielleicht doch alles ein bisschen viel gewesen in letzter Zeit? Dads Tod und alles, was damit zusammenhängt, hat unser Leben ziemlich durcheinander gewirbelt.
    „Brad, warum gibst du eigentlich keine Antwort?“, rief Mom ziemlich sauer. „Muss ich erst die ganze Nachbarschaft zusammenschreien, damit du mir die Gnade einer Gesprächsaudienz gibst?“
    Brad atmete tief durch und blickte zur Seite aus dem Fenster, von wo man einen hervorragenden Rundumblick über zwei Drittel des Friedhofs hatte. „Diese Nachbarschaft hört dich sowieso nicht, gleichgültig, wie laut du schreist!“, murmelte er.
    „Was ist?“, rief Mom.
    „Ich komme gleich!“, antwortete Brad.
    „Du könntest mir mal anfassen! Allein schaffe ich diese Kiste nicht!“
    „Sofort!“, sagte Brad nun leicht genervt.
    Sein Blick blieb nun bei dem Mann hängen, dessen Rücken er hinter einer Hecke hatte hervortauchen sehen. Brad trat näher an die Fensterfront heran. Jetzt sah er den Mann von oben. Er war inzwischen an einem anderen Grab damit beschäftigt, die Blumen wieder in Ordnung zu bringen.
    Es war allerdings nicht irgendein Grab, sondern das seines Vaters. Das ist vielleicht das einzig gute an diesem Umzug, dachte Brad. Dad ist uns auf diese Weise nahe. Dass sein Vater nicht mehr am Leben war, hatte Brad noch lange nicht verarbeitet. Wenn er allein war, sprach er manchmal mit ihm, so wie er es früher getan hatte, als er noch lebte. Manchmal half ihm das. Aber es kam auch vor, dass die Traurigkeit dadurch nur noch schlimmer wurde. Er hatte dann ein Gefühl, als würde ihm jemand die Luft abschnüren und den Brustkorb zusammendrücken. Irgendwann, so hoffte er, würde das aufhören. Allerdings hatte er bis jetzt eher das Gefühl, dass es von Mal zu Mal schlimmer wurde und nicht schwächer.
    Mit Mom konnte er im Moment über viele Dinge nicht sprechen
    – und über seine Trauer schon gar nicht. Sie hatte Dads Tod selber noch nicht einmal ansatzweise verwunden.
    „Wo bleibst du denn, Brad?“
    Brad starrte zu dem Grab seines Vaters hinunter.
    JEFFERSON R. WALKER – den Namenszug konnte man sogar hier oben noch lesen. Der Grabstein war frisch und sauber – im Gegensatz zu den verwitterten Exemplaren, die man ansonsten überwiegend hier finden konnte.
    In diesem Augenblick blickte der Mann, der sich um die Blumen kümmerte, auf.
    Sein Gesicht war bleich und eingefallen wie ein Totenschädel. Die Gesichtsknochen traten deutlich hervor. Die Haut war pergamentartig. Er hatte so gut wie keine Haare mehr auf dem Kopf und wirkte uralt.
    Der Mann trug eine Sonnenbrille mit pechschwarzen Gläsern und schien Brad zu mustern. Dieser war für einen Moment wie hypnotisiert.
    Dann nahm der
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