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Der Tote in der Wäschetruhe

Der Tote in der Wäschetruhe

Titel: Der Tote in der Wäschetruhe
Autoren: Wolfgang Swat
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Schreck fährt den beiden Frauen in die Glieder. Vorsichtig blicken sie aus der kleinen Kaffeeküche hinaus auf den langen Korridor. Dort ist nichts zu sehen. Sie wollen sich schon wieder an den Pausentisch setzen, als ein Mann aus der Telefonzentrale kommt. Er hastet auf Magdalene Bogner und Anna Bubner zu. Seine rechte Hand ist blutüberströmt, und Blut tropft von ihr auf den Fußboden. »Ruft den Notarzt. Bei den Ragows ist etwas passiert«, stößt er aufgeregt hervor und rennt zum Hinterhaus. Magdalene Bogner wählt den Notruf 110 um 4:40 Uhr.
    Ein Streifenwagen der Polizei rast heran. Der Diensthabende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) schickt einen Krankenwagen los. Die Sanitäter fordern zehn Minuten später die »Dringliche Medizinische Hilfe« an. Gegen 5 Uhr trifft der Notarzt ein. Er findet Hertha Ragow, die im Flur der Hinterhauswohnung in einer Blutlache auf dem Boden liegt. Der Arzt kann weder ihr noch ihrem Mann Max helfen, der zusammengesunken neben der Toilette hockt. Beide Opfer haben Stichwunden im Oberkörper und sind tot. Es ist offensichtlich, dass sie ermordet wurden. Im Kinderzimmer des Hauses wimmert die 16-jährige Juliane vor sich hin. Sie ist im Brustbereich verletzt, stellt der Arzt fest. Neben ihr kauert der Mann, der die Raumpflegerinnen im »Haus des Handwerks« alarmiert hat. Er hält sich mit der linken Hand das rechte Handgelenk. Ein paar Tropfen Blut sickern durch seine Finger auf den Boden. Alkoholdunst umweht ihn. Er und das Mädchen werden in das Bezirkskrankenhaus Cottbus eingeliefert. Die Morduntersuchungskommission der Polizei wird mobilisiert.
    Rückblende. Am 18. Dezember um 19.30 Uhr fährt der Eilzug aus Wilhelm-Pieck-Stadt Guben auf dem Bahnhof in Cottbus ein. Aus einem Wagen der zweiten Klasse steigt Harry Wegmann. Der 27 Jahre alte Mann ist von athletischer Gestalt. Gepäck hat er nicht bei sich. Nur ein unscheinbarer Waschbeutel baumelt ihm von der Schulter. Wegmann schlendert durch die Stadt. Er besucht verschiedene Gaststätten, trinkt Bier, brütet vor sich hin. Anspannung steht ihm ins Gesicht geschrieben. Seine Kneipentour führt den Maurer aus dem Wohnungsbaukombinat später in die Gaststätte »Schlachteplatte«. Dort kauft er eine Flasche Likör der Marke »Halb und Halb«. Zuletzt landet der unstetig wirkende Mann in der Mitropa am Bahnhof. Diese Gaststätte hat am längsten geöffnet. Mit jedem Bier, das er in den vergangenen Stunden getrunken hat, haben sich Wut, Enttäuschung, Verzweiflung und Hass in ihm gesteigert. Seit drei Wochen brodelt es schon in ihm - seit ihn am 25. November ein Brief von seiner 16-jährigen Freundin Juliane Ragow erreichte. Er hatte die Schülerin Mitte August, unmittelbar nachdem er aus dem Gefängnis gekommen war, kennengelernt. Dort hatte er wegen versuchter Vergewaltigung seine zweite Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verbüßt. Bereits 1969 hatte das Militärgericht Dresden gegen den Panzersoldaten wegen vollendeter Vergewaltigung eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verhängt. Immer war es der Alkohol, der ihn aggressiv, unberechenbar und hemmungslos machte. Zehn Bier und zehn kleine Schnäpse waren die Tagesration.
    Im Knast hat er sich geschworen, mit der Sauferei aufzuhören. Als er Juliane kennenlernt, soll diese sein Halt sein. Schnell kommen sich der 16-jährige Teenager und der gutaussehende schwarzhaarige muskulöse junge Mann näher. Wegmann hat Erfahrung mit Frauen. Sie liegen ihm zu Füßen oder werden -wie seine Vorstrafen beweisen - von ihm mit Gewalt genommen. Einmal schon war er verlobt. Mit seiner Exfreundin hat er einen gemeinsamen Sohn. Trotz des Kindes zerbrach die Beziehung, weil er dem Alkohol übermäßig zusprach und dann schnell jähzornig und gewalttätig wurde. Betrunken hatte er der Frau, die er heiraten wollte, mehrfach gedroht: »Ich schlage dich tot«, um dann, wieder nüchtern, reuevoll Besserung zu geloben.
    Anfangs läuft es gut mit seiner neuen Freundin. Nach wenigen Tagen kommt es zum intimen Kontakt. Juliane wird kurz nach der ersten Liebesnacht schwanger. Als Wegmann erfährt, dass er nicht der erste Mann im Leben der Heranwachsenden ist, reagiert er gereizt. Seine guten Vorsätze schlagen ins Gegenteil um. Eifersucht nagt an ihm. Er sieht in Gedanken, wie sich seine Freundin mit anderen Jungs amüsiert, wenn er in Guben und nicht bei ihr in Cottbus ist. Obwohl es dafür keine Anhaltspunkte gibt, wachsen die Spannungen. Das Paar streitet sich oft und immer
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