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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel
Autoren: Eva Bellin
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daß er überhaupt kein Vertrauen zur Polizei hatte. Und zur Justiz erst recht nicht.
    »Sie lassen doch heutzutage jeden laufen. Da kommt so ein Psychiater und sagt, der arme Kerl war nicht bei Sinnen, und schon lassen ihn die Richter laufen. Vielleicht kommt er für ein Jahr in 'ne Klapsmühle. Das war's dann.«
    Unvermittelt begann Herr Mach zu schluchzen. Wedel verabschiedete sich entnervt. Ein weinender Mann, das ging einfach über seine Kraft.
    Der schwere Teil stand ihm aber noch bevor. Wedel fuhr gegen Abend zu Hornungs Villa. Ein richtiger Butler, wie aus dem Kino, öffnete die Tür. In einer Bibliothek empfing ihn der Hausherr.
    Wedel stellte auf Anhieb fest, daß er es hier mit einem Edelkaufmann von echtem norddeutschen Schrot und Korn zu tun hatte. Aber das bedeutete nicht so sehr viel. Das war der olle Wie-hieß-er-noch damals auch gewesen und mancher andere ebenfalls.
    Wedel erklärte rundheraus, man wisse zweifelsfrei, daß Richard Hornung der geheimnisvoll verschwundene Mann im Grandhotel gewesen wäre, daß er jedoch nichts mit dem Mord dort zu tun hätte.
    »Etwas anderes macht uns Kopfzerbrechen. Es scheint einen gewissen Zusammenhang zu geben zwischen dem Mord an einem Pagen aus dem Hotel, der aus Rendsburg stammte und übrigens heute beerdigt wurde, wie Sie wohl wissen werden, und Ihnen, Herr Hornung.«
    »Wie bitte? Was wollen Sie denn damit sagen?«
    »Weiter nichts. Ich bin aber gezwungen, Sie nach Ihrem Alibi zu fragen für, warten Sie mal … aha, hier haben wir's …«
    Er hielt Hornung seinen Terminkalender unter die Nase und zeigte auf Datum und Zeitpunkt der vermutlichen Mordzeit zwischen halb zehn und halb elf. Hornung setzte sich eigens eine kleine Lesebrille mit halben Gläsern auf, die er aus der Brusttasche zog und auseinanderfaltete.
    »Ganz einfach. Ich weiß zwar nicht, weshalb Sie das wirklich wissen müssen. Aber da war ich zu Hause. Ich glaube … ja, das stimmt … mein Wagen war in der Werkstatt. Ich wollte eigentlich noch etwas halb Geschäftliches erledigen. Aber dann blieb ich doch zu Hause. Ich habe mit meiner Frau gemeinsam ferngesehen.«
    »Na wunderbar. So ein präzises Alibi lobe ich mir. Darf ich vielleicht zur gänzlichen Abdichtung noch kurz die Bestätigung Ihrer Frau einholen?«
    Der Mann redete zuviel. Zu ausführliche Erklärungen waren oft ein Zeichen von schlechtem Gewissen, wußte Wedel.
    »Selbstverständlich.«
    Hornung ging allen Ernstes ans Telefon und nahm den Hörer ab.
    »Lucie, hier ist ein Herr von der Kriminalpolizei. Er möchte dir Fragen stellen. Könntest du netterweise kurz in die Bibliothek kommen?«
    Sie warteten etwa drei Minuten. Na ja, in solchen Villen verlief sich alles. Da dauerte es. Anders als bei Wedels zu Hause, wo man sich einfach durch die ganze Wohnung einschließlich des Badezimmers etwas zurufen konnte. Die Dame des Hauses trat ein. Sie sah wirklich so aus. Wedel erhob sich unverzüglich. Sie war die Art Frau, der man die Hand küßte.
    Sie begrüßte Wedel, reichte ihm sogar die Hand, ließ aber trotzdem deutlich fühlen, daß sie ihn für einen Untergebenen hielt und für einen ungebetenen Gast sowieso. Für einen Störenfried sogar.
    Sie wies auf den Stuhl, auf dem Wedel gesessen hatte, und nahm selber Platz.
    Wedel stellte noch einmal die Frage nach Richard Hornungs Alibi.
    »Können Sie sich an den Abend erinnern, gnädige Frau?«
    Warum auch nicht ›gnädige Frau‹? Es kostete ja nichts und stimmte die Eisfee vielleicht etwas milder.
    Sie runzelte leicht und nicht unkleidsam die Stirn. Dann sagte sie sehr bestimmt:
    »Ich erinnere mich deutlich. Der Wagen meines Mannes war in der Werkstatt. Er lieh sich meinen Wagen aus. Gegen acht Uhr ist er fortgefahren. Wollte mit einem schwierigen Kunden und einem Architekten, mit dem wir häufig zusammenarbeiten, in irgendeinem Lokal den Kontakt verdichten. Er war gegen elf Uhr wieder zu Hause und hat dann noch ein wenig mit in die Röhre geschaut.«
    »Lucie, bitte! Wie kannst du so etwas behaupten!«
    »Weil es die Wahrheit ist, Lieber. War das alles, Herr … äh …?«
    »Ja, danke sehr. Das war alles, gnädige Frau.«
    Sie erhob sich und ging mit ruhigen Schritten zur Tür. Sie hatte ihren Mann ins Zwielicht gebracht.
    Wußte sie es?
    Wedel tippte: Ja.
    Hornung rief hinter ihr her: »Lucie, es wird einen Skandal geben.«
    Sie reagierte nicht und verließ den Raum.
    »Wir hatten Streit in letzter Zeit. Meine Frau hat von dem … dem kleinen Seitensprung in Berlin
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