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Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Titel: Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
Autoren: Roland Krause
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Würde und Weisheit taugen nicht zur Doppeldeckung.
    Malträtiertes Fleisch fleht den Sandner an, nicht mehr den Peter Pan zu geben. Der Chor der geknechteten Muskeln rechnet ihm die Lebensjahre vor. Er hatte den inneren Schweinehund angezählt und sich motiviert, an der Fitness zu arbeiten – da kam die knallharte Rechte. Die großspurigen Vorsätze abgekocht und ausgeknockt. Vielleicht wäre eine Mikadorunde die Alternative.
    D er Sandner schleicht belämmert über den Parkplatz.
    An seiner Seite wacht der Rotschopf. Seine erhobenen Hände hält er in zupackender Bereitschaft. Altenpfleger-Attitüde. Nicht, dass ihm sein Chef aus den Latschen kippt. Großes Zutrauen scheint er in dessen Konstitution nicht zu haben. Kein Wunder. Niedergeschlagen, im reinsten Wortsinn.
    B etätscheln lässt sich der Hauptkommissar nicht, dagegen wirkt ein abwehrender Knurrlaut. Meter für Meter schleppt er sich dahin.
    Den Dienstwagen hat der Hartinger ums Eck abstellen müssen. Nichts ist in München kostbarer als ein fußläufig erreichbarer Parkplatz. Aber was heißt schon erreichbar für den Sandner? Endlich vor dem Fahrzeug, schnauft er durch. Der Kragen seines Sweatshirts ist feucht. Alles hat seine Zeit. Der Rotschopf lässt bereits den Motor aufheulen.
    »Woher hast du überhaupt gewusst, wo ich bin?«, will der Kriminaler von ihm wissen, nachdem er die Beifahrertür des Dienst-BMWs zugezogen hat. Das Angurten ist ein mentaler Kraftakt. Empfange den Schmerz wie einen Bruder. Der Sandner wäre diesbezüglich lieber Einzelkind.
    »Ich sollte rasch bei Ihnen vorbei, weil Ihr Handy ausgeschaltet war. War ein Versuch. Vor Ihrem Haus ist eine alte Frau gestanden, wohl Ihre Nachbarin ...«
    Eine der Ratschn! Er ist sich sicher, niemand im Haus ahnt, dass er mehr mäßig als regelmäßig beim Boxtraining vorbeischaut. Du brauchst nicht allüberall Überwachungskameras, Facebook und Paybackkartengschiss. Letzten Endes bist du sowieso der gläserne Bürger. Bei ihm unterm Dach haust der hundertäugige Argus. Schmerz und Ärger verbrüdern sich.
    »Sie hat mir gleich aufs Brot geschmiert, Sie wären mit Sporttasche los«, unterbricht der Hartinger seine Grübelei, »hat wohl gerochen, zu wem ich wollte. Und der Brauner hat gemeint, er wisse, dass Sie mal geboxt haben – früher. Zumindest sich darin versucht.«
    Jugendliche Überheblichkeit produziert ein Lächeln, das prompt an Sandners versteinerten Zügen zerbröselt.
    »Versucht? Pass auf, was du daherredst – und wieso der Brauner? Also was ist los – sag?«
    »Zu dem müssen wir – der wartet.«
    W ährend der Hartinger samt Fahrgast gen Obermenzing prescht, versucht er sich im Multitasking. Er gehört zu der Sorte Menschen, die ihre Reden gestenreich untermalen. Wenn du die Hände am Steuer lassen solltest, ist der pantomimische Ansatz kontraproduktiv. Er steigert nur die Herzschlagfrequenz beim Mitfahrer.
    Der Sandner kauert auf dem Beifahrersitz. Probehalber bewegt er den rechten Arm, ballt die Faust. Taub fühlt der sich an, bis zur Schulter. Häuserzeilen rauschen an ihm vorbei, als wäre er im ICE unterwegs, bis der Petueltunnel ihm kurzzeitig die Sicht nimmt. Der Hartinger beherrscht die Kunst, sich selbst in zähem Verkehr durchzuschlängeln, als hätte das Auto eine Aalhaut. Immer am Limit.
    »Hartinger! Ich hab nicht gewusst, dass es um Leben und Tod bei mir gehen soll! Reiß dich zam.«
    Bis zum Gasfuß des jungen Kollegen dringt die Mahnung nicht vor. Der scheint ein autarkes Leben zu führen.
    »Dem Oberstaatsanwalt Brauner haben sie die Mutter entführt!«, platzt es endlich aus dem Hartinger heraus.
    Der Sandner fährt im Sitz hoch und starrt den Fahrer an, als hätte der sich vor seinen Augen in einen sprechenden Kohlrabi verwandelt.
    »Was sagst du? Bist du narrisch! Die lebt immer noch? Die muss doch schon bald hundert sein.«
    »Keine Ahnung, aber jedenfalls ist sie abgängig, und die Entführer haben sich beim Brauner schon gemeldet.«
    »Entführer? Sakrament – was wollen die? Und was haben wir damit zu tun? Ich hab nicht einmal Bereitschaft. Kreuzkruzifix.«
    »Ich weiß nicht mehr darüber. Der Brauner hat nach Ihnen verlangt – subito.«
    Der Sandner versinkt in Schweigen. Nach ihm verlangt hat er also, der ehemalige Oberstaatsanwalt. Kein Grund zu hyperventilieren.
    Zum Knecht taugt er nicht. Da hat er ein Wort mitzureden. Das muss der Brauner gut begründen können, sonst geht es wieder retour. Warum sollte jemand das alte Waiberl eintüten?
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