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Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Titel: Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
Autoren: Roland Krause
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du willst, aber sobald du dich aufs Schicksal verlässt, schmiert es dich aus. Es kann halt nicht aus seiner Haut, wie der Skorpion aus der Fabel. Der Frosch hat dessen Natur nicht begriffen und sterben müssen.
    Der Sandner schlürft sein pechschwarzes Lebenselixier, bevor er nach seiner Gitarre langt. Neben dem Sessel im Ständer hat die blonde Hoyer geduldig auf seine Hände gewartet. Ganz automatisch greift er G-Dur. Leise beginnt er zu singen. Mehr ein Brummen ist es. »Knockin’ on heavens’ door«. Dylans schlichte Weise. Passend, um dem Morgen ein paar düstere Klänge zu widmen. »I can’t shoot them anymore«. Nein, er will sie nicht mehr drankriegen. Nicht mehr um sich schlagen. Heute nicht. Der Tag fängt zu sanft an. Aber es gilt noch einen Mord aufzuklären.
    Widerwillig schlappt er unter die Dusche, macht sich fertig.
    Die Wiesner ist pünktlich. Sie haben kein Skript. Sie werden improvisieren. In ihrem Peugeot läuft Edith Piaf. In einer Lautstärke, dass der Sandner dagegen anbrüllen müsste. Besser schweigen und sich dem Gesang aussetzen. »Je ne regrette rien«. Die Wiesner kennt den Text auswendig. Manchmal liegt sie einen halben Ton daneben, ihr Enthusiasmus macht das locker wett. »C’est payé, balayé, oublié«. Ab und an nimmt sie die Hände vom Lenkrad und ballt die Fäuste. Bezahlt, weggefegt, vergessen. Heute kann der Sandner damit umgehen. Er achtet nicht auf den Verkehr. Sein Blick ist nach innen gewandt.
    Sie haben den Jonny ausschlafen lassen, die erste Nacht im eigenen Bett. Er könnte den Brauner vermissen. Dem Burschen wird es nicht schwerfallen, ihn durch etwas »Adäquates« zu ersetzen – ohne Gehstock und Schnarchen im Sessel. Vielleicht wär es ja eine nette Wohngemeinschaft mit den beiden geworden. Man sollte den Jonny qua Dienstanweisung beim Brauner einquartieren.
    Wo sich der Hartinger herumtreibt, können sie nur vermuten. Vielleicht noch im Haus des Ex-Oberstleutnants. Er hat nicht ausgesehen, als ob er der Seelsorge bedürftig wäre. Ein bisserl Ausnahmezustand hat noch niemandem geschadet. Besonders wenn du in Sandners Team werkelst, ist jede Grenzerfahrung ein praktisches Tool im Werkzeugkasten. Fehler darfst du machen, so viel du willst, bloß müssen sie variieren.
    D irekt vor dem Eingang der Dienststelle stellt die Wiesner den Wagen ab. Zweite Reihe. Who cares? Gemeinsam betreten sie das Gebäude. Viertel vor acht. Der Gang der beiden Polizisten hat einen federnden, leichten Touch. Vielleicht der Edith Piaf geschuldet. Wo sie recht hat, hat sie recht.
    Sie machen sich sofort auf zum Polizeirat. Aber sie schaffen es nicht bis zum Büro. Der Wenzel tritt ihnen entgegen. Hoffentlich hat der auch eine gute Nacht gehabt. Wie aus dem Ei gepellt kommt er daher. Präpariert für glanzvolle Momente, ganz nach Vorschrift. Seinen braunen Anzug scheint er jeden Tag aufzubügeln. Aus irgendeiner staubigen Kammer entsprungen, hat er sich auf dem Gang materialisiert.
    »Guten Morgen, Herr Staatsanwalt«, wird er vom Sandner angemessen begrüßt.
    Wenzels Blick fällt unter die Rubrik: Haben wir uns schon mal gesehen? Offenbar unter seiner Würde zu fragen, was einen emeritierten Hauptkommissar hierher verschlagen haben könnte. Er wendet sich an die Wiesner und öffnet den Mund. Der Sandner kommt ihm zuvor.
    »Tja«, sagt er, »die Freunderl vom LKA können Sie wieder abbestellen. Das große Fressen fällt aus. Ist peinlich, wenn nichts auf den Tisch kommt, weil es keinen Fall gibt. Nur ein Tipp unter uns Klosterschwestern.«
    »Wie meinen Sie das?«, schnauzt der Wenzel. »Die Entführung ist ...«
    »Welche Entführung?«, fragt der Sandner. »Es gibt keine Entführung, hat nie eine gegeben.«
    »Halten Sie mich für ganz blöd?«
    Interessante Frage. Eindeutig zu beantworten für den Sandner. Aber irgendetwas sollte schon an ihm dran sein, sonst hätte seine Exfrau ihn nicht auserwählt. Muss ja nicht an seiner Intelligenz und Ausstrahlung gelegen haben. Oder an seiner Physiognomie. Oder ... irgendetwas gut Verborgenes halt. Holte er wohl nur an hohen Feiertagen hervor.
    Mit einer legeren Geste weist der Hauptkommissar in Richtung seines Büros.
    Der Wenzel schaut an seinem ausgestreckten Arm entlang. Ungläubig wäre jetzt ein verharmlosendes Adjektiv. Auch ihm kann Grenzerfahrung nicht schaden. Wird wohl eher eine staatsanwaltliche Nahtoderfahrung.
    Der Sandner geht voran. Er dreht sich nicht um. Braucht er auch nicht, er hört das Schnaufen direkt hinter
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