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Der Tod im Eis

Der Tod im Eis

Titel: Der Tod im Eis
Autoren: Vampira VA
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fand blindlings jene mächtige Keule, mit der sein Vater einst auf die Jagd gezogen war.
    Dann wurde die Tür geöffnet. Wieder sah Wovek es nicht, aber er wußte, daß es geschah.
    Er hörte Schritte, die eigentlich zu leise waren, um sie wirklich hören zu können. Sie näherten sich dem Kokon.
    Wovek wartete, bis der Eindringling ihn passiert hatte, dann trat er hinter dem Tuch hervor.
    Eine mächtige Gestalt stand vor dem Ei, die Arme erhoben und bereit, zehn Dolche zugleich in die Hülle zu schlagen.
    Wovek war schneller.
    Er ließ die Jagdkeule mit einer Kraft, die ihn selbst einen Augenblick lang entsetzte, auf den Kopf des Mannes herabsausen. Und er führte den Hieb nicht, um den anderen zu betäuben. Sondern um ihn zu töten.
    Die Gestalt fiel um wie ein gefällter Baum. Die Dolche in ihrer Hand verschwanden, als würden sie sich in Luft auflösen. Eine schwarze Lache breitete sich um den Kopf des Liegenden herum aus, deren Zufluß jedoch rasch versiegte.
    Wovek beugte sich hinab und untersuchte den Fremden. Er tastete nach dessen Puls, konnte aber keinen ausmachen. Trotzdem wußte er, so wie er zuvor die bloße Gegenwart des Fremden wahrgenommen hatte, daß er immer noch lebte. Auf eine unwirkliche, falsche Art.
    Wovek mußte nicht lange darüber nachdenken, was zu tun war.
    Tattu selbst sollte entscheiden, wie der Frevler zu strafen war.
    Als wäre der große Fremde leicht wie eine Feder, so mühelos lud ihn sich der alte Inuit über die Schulter und verließ die Hütte.
    *
    Die Fahrt durch den Wald verlief schweigend.
    Zum einen, weil Lilith Parks nicht ablenken wollte. Er folgte der Spur des Wolfes unbeirrbar, lenkte das Snowmobil durch Lücken zwischen den Bäumen hindurch, die ihr selbst viel zu schmal für das Fahrzeug schienen.
    Zum anderen wollte sie ihn nicht belügen müssen. Wenn er Fragen über sie und ihr Leben stellte, würde sie ihm nicht die Wahrheit erzählen können, wenn sie vermeiden wollte, daß er eine Irre in ihr sah. Und sie wollte ihn auch nicht noch mehr mit Hypnose beeinflussen. Das hatte er nicht verdient; zu schön war gewesen, was sie miteinander geteilt und getan hatten.
    »Die Fährte führt tatsächlich nach Nuiqtak«, sagte der Trapper nach einer ganzen Weile. »Seltsam ...«
    Lilith verzichtete darauf, etwas zu erwidern, und so verfiel auch Parks wieder in Schweigen.
    Das Licht des neuen Tages begann nun allmählich auch hier unten an Kraft zu gewinnen. Der sichtbare Ausschnitt der Welt wuchs für Lilith über die Ränder des Scheinwerferlichtes hinaus. Die mächtigen Baumriesen standen jetzt weniger dicht gedrängt, und das mußte wohl ein Zeichen dafür sein, daß sie sich dem Rand des Waldes näherten.
    So war es in der Tat. Parks stoppte das Snowmobil und wies durch die Windschutzscheibe. »Nuiqtak.«
    Lilith nickte nur, als sie die Ansammlung von Häusern in der Senke sah, die sich vor ihnen erstreckte. Vereinzelt waren die Lichter von Fahrzeugen auszumachen, die zu dieser frühen Stunde unter-wegs waren, und dazwischen bewegten sich ein paar einsame Fußgänger.
    Wie auch jener, der nicht weit entfernt den Hang überquerte. Mit einer seltsamen Last auf der Schulter .
    Liliths Blick war von der Schärfe eines Raubtiers. Scharf sog sie den Atem ein.
    Parks sah erschrocken zu ihr herüber. »Was ...?«
    Lilith schüttelte hastig den Kopf. »Nichts. Ich danke dir. Für alles.« Sie hauchte ihm einen Kuß auf die bärtige Wange. »Und nun verschwinde.«
    Sie sprang aus dem Snowmobil und eilte dem Mann hinterher.
    Dem Mann, über dessen Schulter Landru hing.
    Wie tot.
    * »He! Halt!«
    Der Mann, gewandet in der Art der Eingeborenen, blieb tatsächlich stehen. Er drehte sich um, und erst jetzt konnte Lilith sehen, daß er alt war.
    Sehr alt.
    Viel zu alt in jedem Fall, um jemanden von Landrus Gewicht mühelos tragen zu können. Und doch tat der Inuit es, ohne auch nur das geringste Anzeichen von Anstrengung oder gar Erschöpfung zu zeigen. Nicht das kleinste Schweißtröpfchen glänzte auf seiner runzligen Stirn.
    Doch Lilith war zu aufgeregt, um den Gedanken weiter zu verfolgen.
    Der Alte sah ihr entgegen, fragend und abweisend.
    »Was ist mit ihm?« wollte Lilith wissen und deutete auf Landru. Sein Gesicht war überzogen von einem schwarzen Muster getrockneten Blutes. Sie spürte, wie der Durst in ihr erwachte . Unwillkür-lich wischte ein knappes Lächeln über ihr Gesicht.
    Wie mochte Landrus Blut wohl schmecken? Anders als das anderer Vampire? War es kräftigender?
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