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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad
Autoren: Edith Kneifl
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haben sich an mich gewandt. Darf ich fragen, warum?“
    „Ein Bekannter, der Arzt von Graf Batheny, der auch meinen Vater wegen seiner Herzprobleme behandelt, hat Sie mir wärmstens empfohlen.“
    Bei der Erwähnung des Grafen zuckte Gustav unwillkürlich zusammen. Um Fassung bemüht, zündete er sich eine Zigarette an. Seine Hände zitterten.
    Nach dem ersten Zug besann er sich jedoch auf seine gute Erziehung und fragte, ob es sie störe, wenn er rauche.
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Kann ich auch eine haben?“
    Er glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, reichte ihr aber sogleich das silberne Zigarettenetui, das er von seinem Großvater geerbt hatte.
    Sie bediente sich. Er gab ihr Feuer und stellte mit Genugtuung fest, dass seine Hände zu zittern aufgehört hatten.
    „Sind Sie mit Doktor Lipschitz oder gar mit dem Grafen Batheny befreundet?“, fragte sie.
    Jetzt ließ er sich lange Zeit mit seiner Antwort. Er starrte auf ihre Lippen, die sich fast vulgär wölbten, als sie einen Zug von ihrer Zigarette nahm. Die Baronin kam ihm plötzlich richtig verrucht vor.
    „Befreundet ist nicht der richtige Ausdruck.“ Sein abweisender Blick ließ keine weitere Frage zu.
    „Wenn ich diesen Fall übernehmen soll, benötige ich mehr Informationen. Wir Detektive sind wie Ärzte, oder besser gesagt, wie diese neumodischen Nervenärzte. Wir haben Schweigepflicht. Alles, was Sie mir erzählen, bleibt bei mir.“ Theatralisch griff er sich ans Herz.
    Endlich schien er den richtigen Ton getroffen zu haben. Sie dämpfte ihre bis zur Hälfte gerauchte Zigarette aus.
    „Meine Tochter ist ein sehr eigenwilliges und außergewöhnliches Kind. Sie ist nicht zum ersten Mal verschwunden. Vor zwei Jahren ist sie schon mal für drei Tage von zu Hause ausgerissen. Aber das tut nichts zur Sache.“
    „Oh doch! Wo war sie damals?“
    „Im Prater auf der Vermählungswiese … bei den Zigeunern … Mein Herr Papa und ich haben die Zigeuner auch gleich als Erstes aufgesucht. Keiner von ihnen hat Leonie in letzter Zeit gesehen.“
    „Und Sie haben diesen Leuten so ohne Weiteres geglaubt?“
    „Warum sollten sie uns nicht die Wahrheit sagen? Sie würden es nicht wagen, meinen Vater zu belügen. Sie haben viel zu viel Angst vor ihm. Er ist ein mächtiger Mann. Sein Einfluss reicht weit über die Pratergrenzen hinaus.“
    Gustav war gespannt, was seine Tante von diesem ungewöhnlichen neuen Fall halten würde. Obwohl er oft Streit mit ihr hatte, hielt er große Stücke auf sie. Tante Vera hatte ihm Vater und Mutter ersetzt. Denn seine Mama war zwar sehr schön gewesen, hatte aber in ihrer eigenen Welt gelebt und niemanden geliebt außer sich selbst. Das hatte er schon als Zehnjähriger begriffen.
    „Ich übernehme den Fall.“ Er hoffte, selbstbewusst genug zu klingen. „Geben Sie mir die Namen und Adressen von allen Leuten, mit denen ihre Tochter verkehrte.“
    Margarete von Leiden blickte ihn verblüfft an, tat aber wie ihr geheißen. Anscheinend war sie daran gewöhnt, Befehle von Männern entgegenzunehmen. Brav schrieb sie mit dem Stift, den er ihr reichte, einige wenige Namen in sein Notizbuch.
    „Die Adressen dieser Personen kenne ich nicht“, sagte sie entschuldigend.
    Gustav war überrascht, als er die Namen las. Sie waren ihm fast alle bekannt. Er hätte niemals gedacht, dass eine Baronesse mit solch dubiosen Leuten Kontakt haben könnte.
    Während er überlegte, wie viel Honorar und Spesengeld er verlangen solle, fragte sie: „Genügen fünfzig Kronen als Anzahlung und zwanzig Kronen Spesen für jeden folgenden Tag Ihrer Nachforschungen?“
    Er hatte für sich gerade die Hälfte des vorgeschlagenen Betrages veranschlagt, war aber so geistesgegenwärtig zu nicken.
    „Und wenn Sie meine Leonie finden, zahle ich gern noch einmal hundert Kronen Erfolgshonorar.“
    „Haben Sie zufällig ein Foto von Ihrer Tochter dabei?“
    Sie holte aus ihrem schwarzen Beutel, der mit weißen funkelnden Perlen bestickt war, eine Fotografie hervor und reichte sie ihm über den Tisch.
    Gustav bemühte sich, sein Erstaunen zu verbergen. Hatte er doch damit gerechnet, ein Kind suchen zu müssen. Auf dem Bild lächelte ihm ein hübsches junges Mädchen kokett entgegen.
    „Wie alt ist die Baronesse?“
    „Fünfzehn.“
    Er hatte die Baronin auf höchstens dreißig geschätzt.
    „Bitte erzählen Sie mir ein bisschen mehr von Ihrer Tochter.“
    „Was wollen Sie wissen?“
    „Geht sie zur Schule? Was hat sie für Interessen?“
    „Sie ist, wie
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