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Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden
Autoren: Marcia Muller
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als müßte er die Tränen zurückhalten.
    »Und wie lang ging das mit Frank?«
    »In Wirklichkeit war gar nichts. Schon
bald nachdem sie zu den de Palmas gezogen war, fing er an, ihr diese Briefe ins
Zimmer zu legen. Sie ermutigte ihn, ließ sich aber nicht von ihm anrühren. Sie
wollte, daß er ihr weiterhin die Briefe schrieb, verstehen Sie.«
    »Warum?«
    Jesse schwieg lange.
    »Warum, Jesse?«
    »Sie wollte — sie wollte ihn damit
erpressen. Sie wollte ihre eigene Wohnung und ihren eigenen Wagen. Sie dachte,
wenn sie genug beisammen hätte und ihm dann drohte, sie Rosa zu zeigen, würde
er sie finanziell unterstützen.«
    Mir war ganz übel.
    »Sie können die Briefe ruhig lesen«,
sagte Jesse.
    »Nein.« Ich reichte sie ihm zurück.
»Verbrennen Sie sie.«
    Er ging wieder zu dem Grillplatz
hinüber.
    »Sie wollte ihn an dem Abend damit
konfrontieren, an dem er getötet wurde.«
    An dem Abend, als er getötet wurde.
Maria konnte ihn — »Jesse, glauben Sie, sie könnte ihn getötet haben?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß überhaupt
nichts mehr.«
    »Warum hat sie Ihnen davon erzählt?«
    »Sie scheint es gar nicht schlimm zu
finden. Sie ist eher stolz darauf, daß sie so schlau war.« Jesse zündete einen
der Briefe an und hielt ihn in der Hand, während die Flamme größer wurde. Sein
Gesicht wirkte müde. »Das Wahnsinnige ist, daß ich sie trotzdem liebe.«
    »Aber wie lange würde eine solche Liebe
denn halten?«
    Er zuckte die Achseln, während er die
restlichen Briefe in Brand setzte.
    »Jesse, wenn Sie sie heiraten, wird
dieses Wissen Ihnen Ihr ganzes Leben vergällen.«
    »Ich weiß.«
    »Denken Sie an Ihre Arbeit.«
    »Ich weiß.«
    »Wie können Sie schöpferisch sein, wenn
Ihre Seele langsam stirbt?«
    Jesse sah mich an und nickte. Es war
natürlich sinnlos zu reden. Dieses Problem mußte Jesse für sich lösen.
    »Jesse«, sagte ich, »als Sie die Briefe
aus dem Schreibtisch holten, war doch der Kellerschlüssel noch da?«
    »Ja.«
    »Haben Sie den Schreibtisch wieder
abgesperrt?«
    »Ja.«
    Und der Mörder hatte inzwischen
reichlich Zeit gehabt zu handeln. Es war fast elf. Während ich Jesse nachgejagt
war, hatte der Mörder unbemerkt meine Falle umgehen können.
    »Ich muß zurück«, sagte ich und sprang
auf, um zu meinem Wagen zu laufen.
    Das Fest ging zu Ende, als ich ins
Museum zurückkam. Die Gäste waren auf dem Weg zu ihren Autos. Im Hof traf ich
mit Carlos Bautista zusammen.
    »Ein gelungener Abend, Elena«, sagte er
und nahm meine Hände. »Das haben Sie großartig gemacht.«
    »Ich hatte tatkräftige Hilfe.«
    Carlos hielt immer noch meine Hände.
Ich versuchte, sie ihm zu entziehen.
    »Was ist?« fragte er, verwundert über
meine Teilnahmslosigkeit.
    »Ich bin nur müde.«
    »Morgen können Sie ausschlafen. Das
Museum bleibt geschlossen. Ich habe allerdings für zwei eine Sitzung des
Verwaltungsrats angesetzt.«
    »Eine Sitzung?«
    »Ja. Ich möchte Ihre Ernennung zur
Direktorin amtlich machen. Vielleicht können wir hinterher zur Feier des Tages
ein Glas zusammen trinken.«
    »Das wäre nett.« Ich entzog ihm meine
Hände und wollte gehen.
    »Elena, ist alles in Ordnung?« Er war
es wahrscheinlich nicht gewohnt, daß seine Aufmerksamkeit so lau aufgenommen
wurde.
    »Ja, natürlich.«
    »Gut.« Er tätschelte mir kurz die
Schulter und ging.
    Im Bürotrakt stieß ich auf Vic.
    »Ah, da sind Sie ja, Elena.«
    »Ja, da bin ich.«
    »Der Lieutenant hat angerufen. Er läßt
Ihnen ausrichten, er kommt bald zurück und Sie möchten auf ihn warten.«
    »Wahrscheinlich will er mich
verhaften.«
    »Ach was.«
    Ich setzte mich achselzuckend in Marias
Sessel.
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Doch, doch. Ich bin nur müde.«
    »Kann ich etwas tun?«
    Mich in Ruhe lassen. »Nein, Vic. Fahren
Sie ruhig nach Hause.«
    »Ja, ich denke, das werde ich tun.
Gehen Sie nur auch bald schlafen.« Mit einem letzten besorgten Blick auf mich
ging Vic hinaus.
    Ich zog den Schlüssel aus meiner
Tasche, um den Schreibtisch aufzusperren, aber da sah ich, daß, wie ich
befürchtet hatte, schon jemand vor mir dagewesen war. Die Schublade war einen
Spalt offen, und als ich sie aufzog, sah ich sofort, daß der Kellerschlüssel
weg war. Ich rannte zur Kellertür. Sie war abgeschlossen, und der Schlüssel war
nicht da.
    Nun konnte ich nicht einmal hinunter,
um nachzusehen, ob die milagros noch da waren. Mein ganzer schöner Plan
war geplatzt.
    Ich machte einen Rundgang durch die
Räume, um nachzusehen, ob die ehrenamtlichen
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