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Der Tigermann

Der Tigermann

Titel: Der Tigermann
Autoren: Lecale ERrol
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schicken.«
    Aber es gab keinen Arzt, das wußte Eli, der etwas gegen das unkontrollierbare Beben tun konnte. Für ihn war es ein Zeichen großer Gefahr, der Gegenwart des Bösen
    »Es ist nur ein Fieber, das sie manchmal befällt«, wehrte er ab. »Mara beruhigt sich bald wieder.«
    Aber das Mädchen zitterte immer noch, als er sie aus der Durbar-Halle führte. Nicht weit entfernt im Korridor stand eine beleibte Gestalt in safrangelbem Gewand, die sie unbewegt anstarrte.
    Die Priester Kalis, dachte Eli, verlieren keine Zeit.
     
    Der Maharadscha hatte seine Robe gegen einen europäischen Anzug ausgetauscht, als Eli zu seinen Privatgemächern geleitet wurde. Nachdem er nun keine Kopfbedeckung mehr trug, sah Eli auch seine dunklen Haare mit der hellbraunen Strähne auf der linken Seite.
    »Fühlt Miß Mara sich besser?« erkundigte sich der Prinz.
    »Viel besser«, versicherte ihm Eli. »Aber ich habe sie nicht mitgebracht, da sie ohnehin nicht sehr zu unserer Unterredung beitragen könnte. Sie ist nämlich leider taubstumm.«
    Der Maharadscha zeigte sein Mitgefühl.
    »Außerdem ist sie Jungfrau«, fuhr Eli nach kurzer Pause fort. »Aus diesem Grund begleitet sie mich. Große Kraft liegt in Jungfrauen im Kampf gegen die Schattenwelt.«
    »Natürlich. Natürlich. Ihre alten Druiden – brachten sie nicht Jungfrauen als Opfer dar? Die keuschen Jungfrauen Roms. Und hier ebenfalls. In unseren Tempeln haben wir die Dewadasis, die – entschuldigen Sie bitte das Wort – heiligen Prostituierten, zur Erbauung der Reisenden. Aber auch Jungfrauen, die eine beachtliche Rolle in den verschiedensten Arten des Glaubens spielen. Ich verstehe.«
    Eli fühlte sich von der regen Intelligenz des Maharadschas und seiner verständnisvollen Art angezogen. Eine Weile unterhielten sie sich über allgemeine Themen. Der Maharadscha erzählte Eli von den Reformen, die er bereits durchgeführt hatte, und den Neuerungen, die er plante. Das fließende Wasser im Palast, beispielsweise, kam von einer Talsperre in den Bergen etwas außerhalb der Stadt. Der Stausee sollte jedoch nicht nur den Palast, sondern die ganze Stadt mit Wasser versorgen. Rohre waren schon gelegt und einige Leitungen mit Abzapfsteilen auf verschiede-nen Straßen und Plätzen standen der Öffentlichkeit zur Verfügung.
    »Aber mein Volk, mein armes dummes Volk, will das Wasser nicht, das ich ihm gebe. Nun ja, die Moslems nehmen es wohl, aber sie sind nur eine Minderheit – Kaufleute, Geldverleiher. Und dann sind da noch die paar Christen. Aber die anderen weigern sich. Und wenn ich sie nach dem Grund frage, sagen sie, es hat keinen Geschmack. Das stimmt natürlich. Verglichen mit der fauligen Brühe aus den alten Brunnen ist mein Wasser tatsächlich geschmacklos. Aber es ist frei von Krankheitserregern, und es kostet nichts, im Gegensatz zu dem Wasser aus den Brunnen, die entweder in Privatbesitz sind oder den Tempeln gehören.«
    Sein Gesicht wurde finster. »Natürlich stecken die Priester dahinter. Sie stemmen sich gegen jegliche Reform. Und sie möchten auch nicht auf das Einkommen verzichten, das die Brunnen ihnen bringen. Sie verbreiten Gerüchte, daß mein Wasser verflucht ist, daß es Frauen steril macht und alles mögliche andere. Sie können mir nicht verzeihen, daß ich ihre Macht eingeschränkt und Suttieh abgeschafft habe. Sie kennen doch Suttieh? «
    »Ja, selbstverständlich. Die Verbrennung der Witwen auf den Scheiterhaufen ihrer verstorbenen Gatten«, antwortete Eli. »Wenn ich mich recht entsinne, war es Bentinck, der das gegen 1830 oder so abschaffte. Aber das hatte natürlich nur für Britisch-Indien Geltung. Ich hielt es immer für einen barbarischen Brauch, der einem so sanftmütigen Volk wie den Indern geradezu wesensfremd sein müßte.«
    »Die Priester stellen es so hin, daß die ehelichen Bande unzertrennbar sind«, entgegnete der Maharadscha. »Weil demnach Mann und Frau in ihrer nächsten Reinkarnation wieder vereint sein wollen, müssen sie auch zusammen sterben. Da dies aber die Welt des Mannes ist, kommt niemand auf den Gedanken, von einem Mann Suttieh zu erwarten, wenn seineFrau vor ihm das Zeitliche segnet. Gerade der Zynismus dieser Anschauung empört mich so sehr.«
    Er blickte Eli nachdenklich an.
    »Das Volk ist leichtgläubig. Seit Hunderten von Generationen sind die Menschen hier die Verblendeten der Priester und der Tradition. Selbst ich empfinde es fast als Sakrileg, wenn ich etwas Neues einführe. Und wissen Sie, wer am meisten gegen
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