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Der Teufelskeiler

Der Teufelskeiler

Titel: Der Teufelskeiler
Autoren: Joe R. Lansdale
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dann hier solange.«
    Ich sah ihm an, dass er es sich tatsächlich überlegte, aber kurz darauf sagte er: »Nein, ich glaube dir.«
    »Kein Wort also?« Ike legte die Hand aufs Herz. »Kein Wort.«
    »Das bleibt unser Geheimnis, bis Papa wieder nach Hause kommt.«
    »Ich würde es nicht mal Indianern verraten, die mich foltern.«
    »Da brauchst du dir eher keine Sorgen zu machen. Ist schon eine Weile her, dass sie zuletzt angegriffen haben.«
    »Spiel hier nicht den Schlaumeier«, sagte Ike. »Die richtige Einstellung ist wichtig.« Er grinste mich schief an, und ich grinste zurück.
    »Jetzt geh dich waschen. Ich wollte dich eh grad zum Essen holen. Frisches Wasser steht schon hinten.«
    Ich ging auf die Rückseite des Hauses, wo die Waschschüssel mit frischem Wasser auf einem Becken stand. Daneben lagen ein neues Stück Laugenseife und ein sauberes, zusammengelegtes Handtuch.
    Ich zog mein Hemd aus, schüttelte den Staub ab und klopfte auch meine Hose ab. Mit etwas Wasser strich ich meine Haare glatt. Nachdem ich mich gewaschen und abgetrocknet hatte, streifte ich mein Hemd wieder über und betrachtete mich in der Spiegelscherbe, die hinter der Waschschüssel an der Wand lehnte. Für meinen Geschmack war ich sauber genug, um mich an Mamas Tisch setzen zu können.
    Zu essen gab es Kuhbohnen, Brathähnchen, geröstetes Maisbrot und Maisgrütze, dazu Buttermilch. So ziemlich die gleiche Mahlzeit, die es die ganze Woche schon gegeben hatte, aber dem Geschmack tat das keinen Abbruch. Mama hätte ein verfaultes Stück Holz kochen können, und es hätte uns immer noch geschmeckt, sogar wenn sie es uns zehn Tage hintereinander aufgetischt hätte.
    Während des Essens sah Ike plötzlich hoch und sagte: »Was Papa wohl so isst?«
    Mama fuhr ihm mit der Hand über den zotteligen Kopf. »Ich habe mich grad dasselbe gefragt.«
    »Ich glaube, Papa geht es gut«, sagte ich.
    Mama lächelte. »Du hast bestimmt recht. Ihm geht es sicher gut.«
    Nach dem Essen spülten wir ab. Mama wusch das Geschirr, ich trocknete ab, und Ike räumte auf. Danach gab Mama Ike und mir je ein Pfefferminzbonbon und schickte uns nach draußen. Bis zum Abend gab es nichts Wichtiges mehr zu tun.
    Ich holte meine Zeitschriften und ging damit rüber zum Heuboden. Ike packte seine Angelrute und ging fischen. Auf dem Heuboden war es ziemlich heiß, aber hin und wieder gefiel mir das. Wenn ich mich bei der Hitze ins Heu kuschelte, wurde ich manchmal recht schläfrig und konnte wunderbar tagträumen.
    Heute klappte es allerdings nicht. Nicht einmal auf meine Zeitschriften konnte ich mich so konzentrieren, wie ich es gerne gewollt hätte. Dauernd musste ich an die großen Spuren im Maisfeld denken, an Old Satan.
    Nach einer Weile ging ich zur offenen Scheunentür und sah hinaus. Mama stand weit vom Haus entfernt mitten auf dem Weg und schaute in die Ferne. Sie stand
    sehr lange so da, als könnte sie, wenn sie sich nur genug anstrengte, um die Kurven und durch die Pinien bis zum Jahrmarkt in Tyler sehen.

SIEBEN
     

    An dem Tag, an dem Papa wiederkommen sollte, fuhr Doc Travis auf unseren Hof, ohne ihn. Wir hatten alle die Hunde bellen und den Ford knattern hören und waren hinausgelaufen, um die beiden zu begrüßen.
    Als Doc Travis ausstieg und Mama sah, dass Papa nicht bei ihm war, sog sie scharf die Luft ein. Alle möglichen furchtbaren Gedanken gingen mir durch den Kopf, schreckliche Dinge, die Papa zugestoßen sein konnten.
    Aber als Doc Travis uns anlächelte, wusste ich sofort, dass alles in Ordnung war.
    »Was ist mit Leonard?«, fragte Mama leise.
    »Dem geht's gut, richtig gut. Hat den Burschen schneller auf die Bretter geschickt, als eine Ente einen Junikäfer schlucken kann.«
    »Und wo steckt er jetzt? Er ist doch nicht verletzt, oder?«
    »Nicht mal 'nen Kratzer hat er abbekommen«, antwortete Doc Travis. »Jungs, hol mal einer von euch die Schachtel aus dem Auto. Hat euer Papa mitgeschickt.«
    Ike und ich hätten uns beinahe über den Haufen gerannt, weil jeder als Erster dort sein wollte, aber als wir merkten, wie schwer und mühsam die Schachtel zu schleppen war, halfen wir zusammen.
    »Stellt sie auf den Küchentisch«, sagte Mama. »Doc, möchtest du eine Tasse Kaffee?«
    »Vorher wirst du mich nicht mehr los. Schenk ein, Lady.«
    Sie gingen ins Haus und wir hinterher. Die große Pappschachtel stellten wir mitten auf den Tisch.
    »Vorsichtig, Jungs«, sagte Doc Travis. »Und schaut ja nicht hinein. Noch nicht.«
    Wir setzen uns alle an den
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