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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada
Autoren: Lauren Weisberger
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und meinte, so eine Gangschaltung sei wirklich tückisch, doch mir war nicht nach Smalltalk zumute.
    »Zurück zum Elias-Clark-Building«, seufzte ich bloß, als der
Wagen anrollte. Da ich diese Strecke jeden Tag mindestens einmal, manchmal aber auch zweimal fuhr, wusste ich, dass mir höchstens acht Minuten blieben, um ein paar Mal tief durchzuatmen, mich wieder zu beruhigen und mir zu überlegen, wie ich die Asche- und Schweißflecken kaschieren sollte, die auf dem Wildleder meiner Gucci-Hose zu permanenten Gestaltungsmerkmalen geworden waren. Und was die Schuhe anging – bei denen war sowieso Hopfen und Malz verloren. Die einzige Rettung wäre die Schusterbrigade, die bei Runway für genau solche Notfälle Gewehr bei Fuß stand.
    Leider war die Fahrt diesmal schon nach sechseinhalb Minuten vorbei, und mir blieb nichts anderes übrig, als wie eine wackelige Giraffe auf einem gekappten und einem Stöckelabsatz ins Gebäude zu hinken. Bei einem schnellen Zwischenstopp in der Kleiderkammer staubte ich ein nagelneues Paar kastanienbraune kniehohe Jimmy Choos ab, die fantastisch zu dem Lederrock passten, den ich mir im Vorbeilaufen angelte. Die Lederhose landete auf dem Stapel für die »Couture-Reinigung« (wo die Preise bei 75 Dollar pro Kleidungsstück anfingen). Jetzt noch rasch in den Kosmetikraum. Eine der Redakteurinnen warf einen Blick auf mein verlaufenes Make-up und machte sich sofort mit einem Erste-Hilfe-Köfferchen an die nötigen Ausbesserungsarbeiten.
    Nicht übel , dachte ich, als ich mich in einem der allgegenwärtigen hohen Spiegel betrachtete. Niemand hätte vermutet, dass ich noch vor wenigen Minuten kurz vor einem Amoklauf mit anschließendem Selbstmord gestanden hatte. Selbstbewusst betrat ich Mirandas Vorzimmer, setzte mich an meinem Schreibtisch und freute mich auf ein paar freie Minuten, bis sie vom Lunch zurückkam.
    »Aan-dreh-aa«, rief sie aus ihrem spartanisch eingerichteten Büro, das den Charme einer Tiefkühltruhe verströmte. »Wo sind das Auto und der Hund?«
    Ich schoss wie eine Rakete vom Stuhl hoch und lief, so schnell
mich meine 12-Zentimeter-Absätze auf dem plüschigen Teppichboden tragen wollten, hinüber. »Den Wagen haben ich beim Parkwächter in der Garage abgegeben und Madelaine bei Ihrem Portier, Miranda«, antwortete ich. Ich war stolz, beide Aufgaben erfüllt zu haben, ohne den Wagen, den Hund oder mich selbst ins Jenseits zu befördern.
    »Und was haben Sie sich dabei gedacht?«, fragte sie und blickte tatsächlich von ihrer Women’s Wear Daily hoch. »Ich hatte Sie doch ausdrücklich gebeten, den Wagen und den Hund hierher zu bringen. Die Mädchen können jede Minute da sein, und dann wollen wir gleich los.«
    »Ach. Ich dachte, Sie hätten gesagt, ich soll…«
    »Genug. Die Details Ihrer Inkompetenz interessieren mich nur peripher. Schaffen Sie mir den Wagen und den Hund her. Ich will in 15 Minuten fahren. Verstanden?«
    15 Minuten? Hatte das Weib Halluzinationen? Ich brauchte ein, zwei Minuten, um mit dem Lift nach unten zu fahren und eine Limousine zu bekommen, sechs bis acht zu ihrer Wohnung und dann noch einmal circa drei Stunden, bis ich den Hund in dem 18-Zimmer-Palast aufgestöbert, den verfluchten Wagen aus der Garage geholt und mich wieder bis zu ihrem Büro durchgekämpft hatte.
    »Selbstverständlich, Miranda. In 15 Minuten.«
    Kaum stand ich wieder im Vorzimmer, fing ich an zu zittern. Ich fragte mich, ob mein Herz wohl gleich im gesegneten Alter von 23 Jahren den Geist aufgeben würde. Unten auf der Straße schlotterte ich immer noch so heftig, dass mir die Zigarette, die ich mir als Erstes ansteckte, aus der Hand fiel und nicht etwa auf dem Betonboden, sondern genau auf einem meiner neuen Jimmys landete. Bevor sie herunterrollte, schaffte sie es noch, mir ein kreisrundes Loch ins Leder zu brennen. Toll , knurrte ich. Das hat mir gerade noch gefehlt. Ruinierte Kleidungsstücke im Wert von insgesamt 4000 Dollar an nur einem Tag, eine neue persönliche Bestleistung. Vielleicht ist sie ja tot, bevor ich wieder
zurück bin, dachte ich. Ich hatte beschlossen, optimistisch zu bleiben. Vielleicht würde sie an einer seltenen exotischen Krankheit sterben. Das wäre für alle ihre Mitarbeiter eine Erlösung. Ich nahm noch einen letzten Zug von meiner zweiten Zigarette, trat sie auf dem Bürgersteig aus und rief mich zur Vernunft. Du willst nicht, dass sie stirbt, dachte ich. Wenn sie stirbt, hast du keine Chance mehr, sie selbst umzubringen. Und das wäre doch
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