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Der Tempelmord

Der Tempelmord

Titel: Der Tempelmord
Autoren: Bernhard Hennen
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zu wollen.
    »Es gab eine Zeit, da habe ich ihn für die Klarheit bewundert, in der er die Dinge gesehen hat. Vielleicht war es das, worin ich mich verliebt habe. Wenn er sprach, dann erschien alles immer so einfach . Er hat mit den Jahren seinen Weg verloren, doch ich glaube, er hat es nicht einmal gemerkt.« Die Priesterin lächelte traurig. Sie blickte zu den beiden Briefen, die Simon ihnen gegeben hatte.
    »Was steht darin geschrieben?« Philippos warf einen flüchtigen Blick auf die geöffneten Papyrusrollen und die langen Kolonnen der seltsamen Bildzeichen, mit denen sie beschrieben waren. Samu hatte ihm von der Intrige des Pharaos erzählt, doch hatte er auch das Gefühl, daß sie ihm manches verschwieg.
    »Lügen!« schnaubte die Priesterin verächtlich. »Die Briefe tragen das Siegel Berenikes, und sie sind im Stil eines gebildeten Hofschreibers verfaßt. Wenn ich nicht wüßte, woher sie kommen, ich hätte sie sicherlich für echt gehalten. Mit dem ersten verspricht die Herrscherin, Elagabal Waffen zu schicken. Der zweite Brief handelt davon, daß der Aufstand in Tyros ein Zeichen sein soll, auf das hin eine ägyptische Armee nach Syrien in Marsch gesetzt wird.«
    »Wenn diese Briefe nach Rom gelangen, dann kann der Senat Gabinius nicht länger einen Angriff auf Ägypten verbieten. Ptolemaios wird uns reich entlohnen, wenn wir ihm diesen Dienst erweisen. Wir sollten allerdings darauf achten, daß Antonius nicht erfährt, welche Rolle man ihm in diesem Spiel zugedacht hatte.«
    Die Priesterin schüttelte den Kopf. »Glaubst du wirklich, daß man uns belohnen wird? Ich fürchte, von diesem
    Geheimnis zu sprechen, hieße, Anubis zu rufen. Glaubst du wirklich, der Pharao oder auch Pompeius würden es gutheißen, daß außer ihnen noch jemand um dieses Komplott weiß?«
    Der Grieche strich sich nachdenklich über den Bart. Wenn die Priesterin sich irrte, dann hieße es, auf sehr viel Gold zu verzichten, wenn die Briefe vernichtet wurden.
    »Wir sind geschickt worden, um herauszufinden, wer hinter dem Giftanschlag steckt«, murmelte Samu leise. »Wir haben unsere Aufgabe erfüllt. Ptolemaios hat uns nicht in seine Geheimnisse eingeweiht, warum sollten wir ihm jetzt die Wahrheit sagen?«
    Philippos beugte sich vor und nahm die beiden Briefe an sich, die auf einem niedrigen Hocker neben der Feuerschale lagen.
    »Ich bin der Meinung, wir sollten sie unbedingt zu Gabinius bringen. Schließlich hat Hophra sein Leben dafür gegeben! Sie sollten dem römischen Senat vorgelegt werden.«
    Samu sprang auf und wollte ihm die Papyri aus den Händen reißen, doch noch bevor sie ihn erreichen konnte, warf Philippos die Schreiben in die Feuerschale.
    »Was tust du da?«
    »Bei Zeus, was für ein schrecklicher Unfall!« Philippos beugte sich. Doch statt die Briefe aus dem Feuerbecken zu ziehen, blies er die glühenden Kohlen an, so daß die Papyri von einer hellen Flamme verzehrt wurden.
    »Bist du von Sinnen, Philippos?« Samu starrte ungläubig auf die verkohlten Reste der Briefe.
    »Nicht von Sinnen, doch bricht mir dies Mißgeschick das Herz! Es wäre so wichtig gewesen, die Briefe nach Rom zu schicken.« Er zwinkerte der Priesterin zu.
    »Hattest du Hophra nicht geschworen, dafür zu sorgen, daß die Schreiben in die rechten Hände gerieten? Man sollte keine Sterbenden belügen.« Philippos schlug rasch ein Schutzzeichen gegen böse Geister. Samu schüttelte den Kopf und lächelte.
    »Manchmal könnte man den Eindruck haben, daß du so etwas wie ein Herz hast, Grieche.«
    Philippos erwiderte ihr Lächeln. »Ich hoffe, du schließt daraus nicht, daß mir Gold von nun an gleichgültig ist. Schließlich muß man in meinem Alter schon mal gelegentlich daran denken, wie man das kleine Weingut finanziert, auf dem man seinen Lebensabend verbringt.«
    Das Lächeln der Priesterin wurde zu einem Lachen. »Hör auf, sonst fang ich noch an, dich zu mögen.«

GLOSSAR

    Admetos Mythologischer König, der an der Fahrt der Argonauten teilnahm und als sehr gottesfürchtig galt. Als er im Sterben lag, gab seine Frau Alkestis ihr Leben, um ihn zu retten.
    Aias Griechischer Held aus der Ilias. Er brachte Unglück über das Heer des Agamemnon, als er nach der Eroberung Troias die Seherin Kassandra am Altar der Athene zu vergewaltigen versuchte.
    Aiolos Hüter der Winde und König der Insel Aiolia. Er gebietet über eine Höhle, in die die Winde eingeschlossen sind, und kann sie nach Belieben freilassen. Anfangs als Sterblicher angesehen, gilt
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