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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub)
Autoren: Emma Temple
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kanntest du meine Mutter?«
    Â»Kannte?« Sina war durch die Vergangenheitsform überrascht.
    Ernst musterte die ältere Frau Sina. »Du weißt es noch nicht? Ruiha ist vor drei Tagen sanft entschlafen. Morgen wird die Beerdigung sein.« Sie sah unendlich traurig aus. Unwillkürlich legte Sina eine Hand auf ihre Schulter, während sie versuchte, ihren eigenen Schock zu überwinden.
    Â»Das tut mir so leid«, murmelte sie. »Ich habe Ihre Mutter sehr geschätzt, sie war eine großartige Frau. Ich war in den letzten Monaten öfters bei ihr. So wie es aussieht, hat sie vor Jahrzehnten als Hausmädchen bei meiner Großmutter gearbeitet. Durch Ruiha habe ich überhaupt erst erfahren, dass meine Großmutter in Neuseeland gelebt hat!«
    Â»Ach, du bist Avas Enkelin?« Um die Augen der Frau bildeten sich Lachfältchen. »Wenn das kein Zufall ist!«
    Â»Ruiha hat Ihnen von Ava erzählt?« Sina sah Hakopas Mutter neugierig an. Was mochte Ruiha über ihre Vergangenheit erzählt haben? Aber die Antwort war ernüchternd. »Sicher hat sie das, sie hat ja auch jahrelang für Ava gearbeitet! Aber sonst hat sich meine Mutter immer bedeckt gehalten. Wenn ich neugierig war, dann hat sie immer nur erklärt, dass es sich nicht gehört, über ehemalige Dienstherren zu tratschen. Was ich persönlich immer sehr schade fand. So ein paar spannende Geschichten haben noch niemandem geschadet. Aber jetzt zu dir. Leider kann ich dir nicht sagen, wo Hakopa steckt, er meldet sich nicht bei mir ab. Er wollte wohl ein bisschen alleine sein und Ruihas Tod verarbeiten.«
    Mit einem Kopfschütteln wollte Sina sich schon verabschieden. Da legte ihr die Frau die Hand auf den Arm. »Aber wenn es wirklich wichtig ist und Brandon und Hakopa sich für ein paar Tage zurückgezogen haben, um alleine zu sein – dann gibt es nicht viele Orte hier an der Westküste, an denen sie stecken könnten.« Sie lächelte verschwörerisch. »Die beiden haben dir doch sicher schon Perfect Strangers gezeigt? Ich weiß, es ist schwer zu finden. Aber wenn du es bis in die alte Jadehöhle schaffst, dann hast du gute Chancen, dass du sie findest …«
    Â»Dass ich nicht selber daran gedacht habe!« Sina schlug sich gegen die Stirn. »Sie haben mir schon bei meinem ersten Besuch diesen Strand gezeigt. Später war ich mit Brandon noch einmal allein dort …« Sie brach ab und wurde rot. Verzweifelt bemühte sie sich um ein möglichst neutrales Gesicht, als sie weiterredete. »Und ich habe mich jedes Mal gefragt, woher sie wissen, wo man parken muss. Diese Parkbuchten gibt es häufig, und für mich sah es wie jeder andere Aussichtspunkt auch aus!«
    Â»An einen alten Farnbaum ist ein Strick gebunden. In Augenhöhe, blauer Polyester. Hakopa tut gerne so, als ob ihm seine Maori-Gene den Weg zum alten Jadetrail weisen und erzählt dann die Geschichte vom Einswerden mit der Natur. Aber so ganz unter uns kann ich dir verraten, dass nur der Strick ihm den Weg weist.«
    Â»Danke«, sagte Sina. »Danke!«
    Â»Erzähle ihm aber nicht, dass du diesen Tipp von mir hast!«, rief Hakopas Mutter ihr noch hinterher, als Sina zurück zum Auto lief. »Er möchte bestimmt, dass alle Mädchen weiterhin seine Verbundenheit mit der Natur bewundern. Er hat mir mal gesagt, das würde seine Chancen erheblich erhöhen.«
    Â»Das Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben!«, rief Sina über ihre Schulter und warf sich hinter das Steuer. Stotternd sprang das altersschwache Auto an. Sina wendete auf der Straße und gab Vollgas. Allerdings nicht lange. Keine fünfzehn Minuten später schlich sie die Straße hoch über dem Meer entlang und starrte die Stämme der Farnbäume an. Kein blauer Strick, egal, wie intensiv sie in die grün wuchernde Hölle blickte. Sie wollte schon fast aufgeben, als sie ihn plötzlich entdeckte. Natürlich nicht mehr in Augenhöhe, sondern gut zwei Meter über dem Boden. Nun, so ein Baum wuchs ja auch im Laufe der Zeit.
    Sina parkte den Hillman, schulterte ihren kleinen Rucksack und machte sich entschlossen auf den Weg.
    Â»Als ob ich es nötig hätte, einem Mann so nachzuklettern«, knurrte sie leise vor sich hin.
    Beim Anblick des steilen Abstiegs wurde es ihr wieder mulmig. Was, wenn sie hier abstürzte und niemand wusste, wo sie steckte? Entschlossen schob sie solche Gedanken
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