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Der Tag der zuckersueßen Rache

Der Tag der zuckersueßen Rache

Titel: Der Tag der zuckersueßen Rache
Autoren: Jaclyn Moriarty
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es nicht, dass Du tatsächlich wagst zu schreiben, es sei falsch, diesen Ausdruck zu verwenden, wenn eine Person bereits mit etwas angefangen hat. Du hast ja keine Ahnung von Satire oder Ironie oder Sarkasmus oder poemischer Wirkung. Aber das ist typisch für jemanden von der Brookfield High.
    PPS: Und wie DU erst redest. »Ein Ton genügt.« EIN TON GENÜGT? Was für ein Ausdruck ist das denn? WAS FÜR EINEN TON MEINST DU ÜBERHAUPT? Vielleicht von einer BLOCKFLÖTE? Du Pfeife!
     
     
Brief von Lydia Jaackson-Oberman an Seb Mantegna
    Hallo Seb,
Du hast es in nur einem Brief geschafft, meine Tarnung auffliegen zu lassen: Du hast recht. Ich bin kein Fisch. Bravo, mein Freund, bravo. Nett, dass Du mir zum Geburtstag gratuliert hast, aber wieso hast Du kein Geschenk für mich beigelegt? Gehörst Du zu diesen megavorsichtigen Drogenschmugglern? Von denen habe ich schon gehört. Meines Wissens haben sie keinen besonders guten Ruf. Wenn man das Gesetz brechen will, sollte man das möglichst offen und unverhüllt tun. Ich kenne mich da aus, mein Vater ist Richter. Tut mir leid, aber meine Mutter ist natürlich keine Pilotin. Allerdings trinkt sie viel und fliegt von daher ziemlich oft. Sie ist Teilhaberin an einem Produktionsstudio, das alles anbietet, was man im Filmbusiness braucht: Tonaufnahmen, Schnitt, Beleuchtung und furchtbar miese Werbespots. Außerdem gibt’s da eine geniale Garderobe zum Schminken, hinter der zweiten Tür rechts, gleich nach dem Empfang. Denk dran, falls Du jemals das Bedürfnis nach einem neuen Look verspüren solltest.
Ich habe beschlossen, Dir heute von meinem Geburtstag zu erzählen, der, wie Du weißt, noch nicht allzu lange zurückliegt.
Hiermit berichte ich Dir also vom Morgen dieses wichtigen Tages:
    Die Szene spielt in der Frühstückspyramide. Die Frühstückspyramide ist aus gefrostetem Glas und durch einen Tunnel von der Hintertür unseres Hauses aus zugänglich. Sie ist mit unzähligen ägyptischen Kostbarkeiten geschmückt, Aschenbechern beispielsweise. Die Mutter, Mum, mit einem Nachthemd aus Seidenpapier bekleidet, sitzt an einem Ende des Frühstückstisches. Der Vater, Dad, in Anzug und Krawatte, sitzt am anderen Ende. Beide streichen mit bedächtigen Bewegungen Butter auf ihre Croissants, sodass überall in der Pyramide Croissantkrümel durch die Luft schweben. Gelegentlich hört man einen dumpfen Knall. Das ist Pumpernickel, der Familienhund, der sich gegen die gefrostete Glasscheibe wirft, um auf sich aufmerksam zu machen. Schnitt auf die Außenansicht, wo Pumpernickel von der Pyramide zurücktaumelt und erneut Anlauf nimmt.
    Mum (nett lächelnd): Nimm nicht so viel Butter, Schatz. Oder hast du die Ergebnisse deines letzten Cholesterintests schon vergessen?«
    Dad: Bitte nimm zur Kenntnis, dass es sich hierbei um fettarme Margarine handelt.
    Mum (völlig überraschend): Bitte nimm zur Kenntnis, dass du mich mal kreuzweise kannst.
    (Pumpernickel: Wumm!)
    Auftritt der wunderschönen Tochter, Lydia.
    Lydia (fröhlich): Prima, Croissants.
    Dad: Liebling, du bist ja immer noch im Schlafanzug. Wir müssen in fünf Minuten los, Kleines.
    Er löst eine Tablette in einem Glas Wasser auf.
    Lydia (durch die Scheibe zum Hund): Du schaffst es, Pumpernickel!
    (Pumpernickel: Wumm!)
    Dad (die Daumen gegen die Schläfen gedrückt): Lydia. Bitte hör auf, den Hund zu ärgern, Liebling.
    Lydia (mitfühlend): Hast du Kopfschmerzen, Hochwürden?
    Dad (kichernd): Aber bitte! Du solltest allmählich den Unterschied zwischen einem Friedensrichter und einem Richter kennen, wenn du in dieser Familie bleiben willst! »Hochwürden« sagt man zu einem Friedensrichter, »Euer Ehren« zu einem Richter. Und was ist dein Vater, na?
    Lydia (charmant): Ich weiß, Dad! Ich habe nur Spaß gemacht!
    Dad (schiebt seinen Stuhl zurück): Ich warte unten im Auto. Du hast fünf Minuten Zeit, Lyd, dann muss ich leider los. Es ist schon spät, Kleines.
    Abgang Dad.
    Lydia: He, Mum. Weißt du, was für ein Tag heute ist?
    Mum (starrt abwesend auf den Hund, der mit einem langsamen Quietschen über die gefrostete Scheibe nach unten rutscht): Nein, Liebling, keine Ahnung. (Runzelt die Stirn, tief in Gedanken versunken) Ich glaube, es könnte Dienstag sein.
    ENDE DER SZENE
    So, damit ist die Geschichte über meinen Geburtstagsmorgen beendet. (Aber dann, auf dem Weg zur Schule, erinnerte ich meinen Dad daran, was für ein Tag es war, und er trat sofort auf die Bremse, vollführte mitten auf der Schnellstraße mit
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