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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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vielmehr, worum ich Euch bitte. Ihr tut es nicht nur für mich, sondern ebenso für Euch und für einen guten Frieden.«
    Nachdem er geendet, wie er begonnen hatte, mit einem Löffelchen Honig, meine ich, machte der König den Herren eine kleine Verneigung, und während sie sich tief verbeugten, verließ er raschen Schritts den Saal.
    Als ich La Surie von dieser fabelhaften Standpauke berichtete, wußte er nicht, sollte er weinen oder lachen vor Freude über die feste Entschlossenheit, die unser Henri gezeigt hatte, um das Edikt durchzubringen, soviel im Reich auch dagegen geknurrt wurde.
    »Ha, mein Pierre!« rief er, »wie glücklich bin ich, gesund und munter in dieses Jahr zu gehen, das letzte dieses Jahrhunderts! Es ist wahrlich nicht jedem gegeben, ein Jahrhundertende zu erleben! Und ein so gutes Ende, mit dem Tod des Despoten, der Europa durch seine tyrannische Inquisition unterjochen wollte, und mit einem Edikt, das den Hugenotten die Gewissensfreiheit gibt. Sankt Antons Bauch! Mein Pierre, laß uns trinken auf dieses Nie-Dagewesene, das in der Weltgeschichte ohne Beispiel ist: daß ein großer König zwei Religionen gebietet, Seite an Seite im selben Reich zu leben, ohne sich gegenseitig zu zerfleischen!«
     
    Leser, ich entsinne mich gut, daß ich in der Nacht jenes siebenten Januar nicht schlafen konnte, sei es, daß ich von meiner überschwenglichen Freude noch zu erregt war, sei es, daß ich, von meinem Miroul angesteckt, mehr als gewöhnlich getrunken hatte. Doch anstatt mich im Bett wie wild hin und her zu wälzen, wie man das als Schlafloser zu tun pflegt, faßte ich mich in Geduld. Und als ich in der Stille der Nacht nun bedachte, daß mit dem endlich eingekehrten Frieden das Heldenkapitel meines Lebens schloß, erwog und wog ich in meinem Kopf, was in meiner Vergangenheit die guten Dinge waren und was jene, die mir zum Nachteil gereicht hatten.
    Zu dem Zeitpunkt, da der König die Rede hielt, die der Fronde des Gerichtshofes ein Ende setzte, war ich achtundvierzig Jahre alt. Und da ich, Gott sei Dank, noch kaum ergraut, mit guter Körperkraft und frischen Farben ausgestattetwar, konnte ich mich wahrlich einer besseren Verfassung rühmen als unser guter König Henri, der, obzwar um zwei Jahre jünger als ich, von den Anstrengungen der unaufhörlichen Kriege verbraucht war. Dabei darf ich sagen, daß auch ich in meiner bescheidenen Sphäre meine Kräfte nicht geschont und mich nicht vor Gefahren gedrückt hatte. Siebenundzwanzig Jahre in unablässigem Dienst der Krone trennten den Marquis de Siorac, Ritter vom Heiligen Geist, von dem mittellosen perigordinischen Nachgeborenen, der sich getraute, 1572 im geflickten Wams am Hof zu erscheinen. Es ist gar keine Frage: Andere sind schneller aufgestiegen, höher und mit geringerem Einsatz. Aber ohne auf gewisse Günstlinge Heinrichs III. den Stein werfen zu wollen, auch wenn mein Glück nicht so schwindelhaft wuchs, habe ich das meine doch auf eine Weise erworben, deren weder meine Nachkommen sich zu schämen brauchen noch meinesgleichen hinter vorgehaltener Hand spotten dürften.
    Meine schönen Leserinnen wissen, denn ich habe es ihnen längst anvertraut, daß ich mein privates Leben für ebenso beschlossen ansehe wie meine öffentliche Laufbahn. Aber, was soll’s! Ob Mann oder Frau, sobald wir verheiratet sind, werden wir Geiseln des Schicksals, denn unfehlbar gesellen sich zu unseren eigenen Schwächen die Unwägbarkeiten der Zweisamkeit und machen sie nicht besser. Von der Seite her hatte ich meine Dornen zu tragen wie jedermann und will nicht weiter darüber jammern.
    Es ist nicht jedem gegeben, der Philemon einer einzigen Baucis zu sein, und wenn ich in dieser Hinsicht vollkommen versagt habe, finde ich doch mitunter, daß meine späteren Liebschaften mich mancherlei gelehrt haben, und das ist auch ein Trost.
    In jener schlaflosen Nacht, von der ich spreche, faßte ich den Entschluß, weder den Hof zu verlassen – konnte ich dem König doch immer wieder von einigem Nutzen sein – noch mein Haus im Champ Fleuri und erst recht nicht meine kleine Herzogin. Da aber der Frieden mich um meine Missionen in fremden Ländern brachte, beschloß ich auch, mehr Zeit auf meinem Gut Chêne Rogneux zu verbringen, denn so konnte ich es besser bewirtschaften, konnte meinen Kindern helfen, sich auf die eigenen Füße zu stellen, Angelina zur Seite stehen, die das nahendeAlter schreckte, und vielleicht meinen geliebten Bruder Samson aus seinem ehelichen
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