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Der sueße Kuss der Luege

Der sueße Kuss der Luege

Titel: Der sueße Kuss der Luege
Autoren: Beatrix Gurian
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Töchter zu ihren Eltern sind. Dies wisst ihr. Ich habe die Zeit zum Heiraten in weniger als drei Jahren erreicht: Ich bin nicht wirklich menschlich.«
    Die beiden Alten senkten die Köpfe. Sie wussten sehr gut, dass ihr Kind nicht war, wie andere Kinder sind.
    Beim Anblick ihres Kummers darüber, dass sie keine passende Heirat für sie einleiten konnten, sagte ihnen die Bambusprinzessin, dass sie drei Bewerber empfangen wollte, lediglich drei und nicht mehr. »Jedem«, fügte sie hinzu, »will ich eine Aufgabe stellen. Und, meine lieben Eltern, ich sage euch zu, dass ich den Bewerber zum Manne nehmen werde, der imstande ist, die Aufgabe, die ich ihm stelle, zu vollbringen.«
    Da wurden die beiden Alten wieder heiter und froh. Und sie überdachten sorgsam all die verschiedenen jungen Männer in der Stadt, die ihnen erklärt hatten, dass sie ihre Tochter zu sehen wünschten und um sie werben wollten. Jeden Monat machten sie die Reise von dem Ort der Bambusbäume den Fluss hinunter und jeden Monat sprachen sie mit den vornehmen jungen Männern, die ihnen von den Ladeninhabern und den Geschäftsleuten, die ihnen ihre Bambuswaren abkauften, vorgestellt wurden.
    Als volle sechs Monate ins Land gegangen waren, wählten sie drei junge Männer, deren Aussehen und deren Manieren und Tüchtigkeit sie am stärksten beeindruckt hatten. Diesen dreien erlaubten sie, ihre Tochter aufzusuchen.
    Jedem jungen Manne stellte die Bambusprinzessin, wie sie es gesagt hatte, eine Aufgabe.
    Sie empfing einen jeden von ihnen, einen nach dem anderen, und jeder junge Mann war verwirrt von ihrer Schönheit, Güte und Freundlichkeit. Ihr feiner Seidenkimono und ihre prächtige Schärpe beeindruckten keinen von ihnen: Sie schauten jeder nur nach ihrem lieblichen Antlitz.
    Der erste junge Mann wurde beauftragt, ihr die Schale zu bringen, die der große Gott Buddha zum Trinken und zum Betteln benutzt hatte.
    Der zweite junge Mann bekam den Auftrag, den Pelz einer der Baumratten zu bringen, die jenseits des Westlichen Meeres leben und deren Feuerfestigkeit bekannt ist.
    Und der dritte junge Mann wurde beauftragt, einer jener Meeresmuscheln zu bringen, von denen gesagt wird, dass die Schwalben sie heimlich in ihren Nestern aufbewahren.
    Jeder junge Mann beschloss und sagte zu, die Gabe zu bringen, die das schöne junge Mädchen von ihm verlangte, und eiligst begaben sie sich auf ihre Reisen. Ein jeder wünschte, eher als die anderen seine Aufgabe erfüllt zu haben und zurückzukehren. Auf diese Weise, und nur auf diese Weise, das wussten sie, konnten sie die Tochter der beiden Alten erwerben, die von der Stadt aus stromaufwärts bei dem Bambusdickicht wohnten.
    Der erste junge Mann ging zu einem seiner Freunde, der ein Töpfer war, und vertraute diesem die ihm gestellte Aufgabe an. »Ich kann nicht, guter Töpfer, nach Indien reisen und nach der Schale suchen, die der große Gott Buddha zum Trinken und zum Betteln gebraucht hat. Das zu tun, würde viele Monate und Jahre erfordern und die anderen jungen Männer, die die Bambusprinzessin freien möchten, würden ihre Gaben bringen, ehe ich die meine überbringen könnte. Ich bitte dich also, mach mir doch eine tönerne Schale von jener Art, wie der große Gott Buddha sie benutzt hat. Und mache sie bitte recht schnell! Ich werde dich gut dafür bezahlen.«
    So verfertigte der Töpfer eine tönerne Schale. Er machte sie gut. Als er sie vollendet hatte, hatte sie genau das Aussehen der Schale des großen Gottes Buddha. Auch hatte es der geschickte Töpfer fertiggebracht, der Schale ein uraltes Aussehen zu geben, und der erste junge Mann ging den Strom hinauf zu dem Bambuswäldchen und machte dem alten Ehepaar und der Tochter seine Aufwartung.
    Die Bambusprinzessin wickelte die Schale aus dem feinen Papier und schaute sie an. Auch ihre Eltern und der erste junge Mann schauten darauf. Und dann wickelte sie sehr langsam und – so schien es dem alten Ehepaar – sehr traurig die Schale wieder ein, wobei sie das feine Papier sehr sorgsam zu falten verstand.
    Sie wandte sich zu dem ersten jungen Mann und sagte, während sie sich vor ihm verneigte und ihm das Paket wieder aushändigte: »Ihr habt versucht, um mich zu werben. Dafür stehe ich in Eurer Schuld. Aber Ihr habt mich auch betrogen. Das ist nicht die Schale, die der große Gott Buddha zum Trinken und Betteln benutzt hat. Sie ist von ihm überhaupt nicht benutzt worden. Sie ist neu, obwohl sie alt aussieht. Ein geschickter Töpfer hat sie für Euch
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