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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition)
Autoren: Katja Brandis
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gesehen?«, brummte Udiko. »Sie leben in der Provinz der Feuer-Gilde. Die Statue hat mir ein Schmied geschenkt, dessen Sohn ich halb ertrunken aus dem Akjat-Fluss gezogen habe. Der Junge hatte sich beim Versuch, bei einer Gildenfehde mitzumischen, böse verschätzt.«
    »Ich wusste gar nicht, dass auch Feuer-Leute nach Vanamee kommen. Ist für die das viele Wasser nicht unerträglich? Was war das denn für eine Gildenfehde? Und was ist eigentlich das da – und das?« Ich deutete auf ein Kästchen mit eigenartiger Form, das aus tiefschwarzem Holz geschnitzt war, und auf eine unterarmlange grüne Klaue, die daneben hing.
    Der Große Udiko grunzte. »Du bist ein neugieriger Bursche, was?«
    Ich musste lachen. »Geht die Sonne im Osten auf?«
    »Zumindest war es heute noch so.« Zu meiner Überraschung sah ich, dass der Große Udiko lächelte. »Das ist gut. Ein Sucher ohne Neugier ist wie ein Fisch ohne Flossen.«
    Ein Sucher? Mein Herz begann heftig zu pochen. Hatte ich doch noch eine Chance?
    Der Große Udiko schwieg lange. Seine eisblauen Augen ruhten auf mir. Schließlich sagte er: »Was war es, was du sagen wolltest – bei deinem ersten Besuch?«
    »Nichts Besonderes«, erwiderte ich, drehte die kleine silberne Statue des Echsenwesens in der Hand und betrachtete sie. Ich wollte nicht darüber sprechen. Vielleicht irgendwann mal. Aber nicht jetzt. Es roch zu sehr nach Selbstmitleid und Jammerei. »Nur, dass ich wirklich etwas verloren habe. Aber hat das nicht jeder?«
    »Jedenfalls muss man wissen, wie es ist, um ein guter Sucher werden zu können.« Einen Atemzug lang lag ein Schatten auf Udikos Gesicht, doch dann kehrte die Wärme in seine Augen zurück. »Hm. Du bist frech, du bist aufdringlich und du hast die dumme Angewohnheit, dich mit gefährlichen Tieren abzugeben. Aber ich glaube, ich werde dich trotzdem als Lehrling annehmen. Unter drei Bedingungen.«
    Ich konnte nicht anders, ich strahlte über das ganze Gesicht. »Die wären?«
    »Erstens – keine dummen Bemerkungen über meine Essgewohnheiten mehr.«
    »Geht klar. Und zweitens?«
    »Du musst in dieser Zeit alles tun, was ich sage. Wirklich alles. Auch wenn es dir verrückt erscheint oder du Angst davor hast.«
    Hm, das klang anstrengend. Aber die Herausforderung reizte mich. Schließlich war ich genau deswegen hier. »So soll es sein.«
    Der Große Udiko musterte mich von Kopf bis Fuß. »Und drittens: Ich will hier keinen Ärger mit Mädchen. Du bist ein Bursche, wie er den Frauen gefällt, aber solange du mein Lehrling bist, liebäugelst du nicht mit Frauen, die mit einem Anliegen zu mir kommen. Klar?«
    Das war schon schwieriger. Mädchen faszinierten mich. Sie waren so anders . So geheimnisvoll. Ich liebte ihre Bewegungen. Die Art, wie man mit ihnen reden konnte. Und natürlich die Art, wie sie sich anfühlten. Andererseits war diese Ecke von Daresh so abgelegen, dass ich in dieser Zeit sowieso nicht allzu viele von ihnen zu Gesicht bekommen würde – und ganz sicher keine, die es mit Lourenca aufnehmen könnte. Außerdem ging es ja nur um Frauen, die mit einem Anliegen zu Udiko kamen.
    »In Ordnung«, sagte ich.
    Am nächsten Tag, als sich das Gewitter verzogen hatte, holten wir gemeinsam eine handtellergroße Andreasmuschel aus dem See, aus der tiefsten Stelle. Udiko schickte einen Salamander in die nächste Siedlung und bat eine Frau, die er kannte, als Zeugin herzukommen. Schon einen halben Sonnenumlauf später war sie da, eine stille, bescheidene Meisterin in mittleren Jahren. Ich bemerkte ihre neugierigen Blicke. Wahrscheinlich fragte sie sich, wer dieser fremde Junge war, der den Großen Udiko dazu gebracht hatte, ihn als seinen letzten Lehrling anzunehmen. Die Neuigkeit würde sich schnell herumsprechen.
    Die Zeremonie war kurz. Mit meinem Messer schnitzte ich mein Namenszeichen in die flache schwarze Schale der Muschel. Der Große Udiko schnitt sein Zeichen daneben und verband die beiden Symbole mit den traditionellen Ornamenten für Meister/Lehrling. Wir sprachen beide den Eid und waren einander damit verbunden, bis ich nach drei Wintern ausgelernt hätte oder einer von uns sich entschiede, die Muschel zu zerbrechen.
    Am nächsten Morgen streichelte ich meinen zahmen Salamander zum vorerst letzten Mal und befestigte eine silberne Hülse mit einer Botschaft an seinem Hals. Es war Zeit, ihn auszuschicken.
    Und Tad ke Vanamee mitzuteilen, dass sein Sohn seinen Weg gefunden hatte.
    * * *
     
    Manche riefen sie einfach »He, du, Katze!«,
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