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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod
Autoren: Volker Kutscher
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Kriminalrat Gennat.
    »Ich sehe, Sie haben schon wieder Appetit«, sagte der Buddha,
    »das freut mich, das ist ein gutes Zeichen.«
    Rath nuschelte mit vollem Mund ein Dankeschön. »Lassen Sie sich nicht stören.«
    Er löffelte die eingemachten Birnen, die sie ihm als Dessert hingestellt hatten, und Gennat setzte sich so lange auf den Stuhl, nahm sein Mitbringsel auf den Schoß und schaute sich im Zimmer um.
    »Ich habe Ihnen etwas mitgebracht«, sagte er, als Rath fertig war, und wickelte sein Geschenk aus. Der Buddha hatte offensichtlich an einer Konditorei halten lassen und sämtliche Vorräte aufgekauft. »Man sagt ja, Sie brauchen jetzt viel Zucker, da dachte ich ... Sie essen doch gern Kuchen, oder?«
    »Danke, Herr Kriminalrat. Stellen Sie's doch erst mal dort auf den Tisch. Kann ich Ihnen schon ein Stück anbieten?«
    »Nur wenn Sie auch etwas nehmen!«
    Das war mehr oder weniger ein Befehl. Und so saß Rath in seinem Krankenbett und knabberte an einem Stück Marmorkuchen, während Ernst Gennat seinen Stachelbeerkuchen sichtlich genoss.
    Schwester Angelika rauschte herein, um das Essenstablett abzuräumen, und konnte es nicht fassen.
    »Das ist gegen Ihre Diät«, sagte sie und nahm Rath den Kuchen weg. An Gennats Teller traute sie sich nicht ran.
    »Wenn's nach mir ginge, würden nicht so viele Besucher zu Ihnen vorgelassen, Herr Rath«, sagte sie nur und warf einen missbilligenden Blick auf Gennat, »der Doktor lässt sich viel zu leicht beschwatzen. Nur weil es die Polizei ist.«
    Als sie wieder draußen war, stellte Gennat seinen Kuchenteller beiseite.
    »Eigentlich müsste ich ja wieder mit Ihnen schimpfen«, begann er. »Diese Eigenmächtigkeit gestern! Und das, nachdem ich Ihnen gesagt habe, Sie sind beurlaubt!«
    »Tut mir leid, Herr Kriminalrat. Aber ich hatte so ein Gefühl, dass das eine Spur ist.«
    »Naja. Das war es dann ja auch. Ich bin froh, dass wir den Mann aus dem Verkehr ziehen konnten, bevor er die ganze Stadt in Aufregung versetzt hat. Und Ihr Einsatz hat immerhin einer gewissen Eva Kröger das Leben gerettet. Wir haben die Dame unten im Keller gefunden, da hat Marquard eine eigene kleine Filmwelt errichtet, ein kleines Kino, ein Filmatelier. Und eine Art Operationssaal. Er hatte die Kröger bereits narkotisiert, sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass er sie zum Essen eingeladen hat.«
    »Weil er ihr ein lukratives Angebot machen wollte. Er wollte mit ihr Filme produzieren.«
    »Woher wissen Sie?«
    »An der Winter war Marquard auch schon dran. Nur ist ihm dann ihr Tod dazwischengekommen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ziemlich. So viele Ähnlichkeiten mit den anderen Fällen, das kann nicht alles Zufall sein. Fragen Sie Marquard bei der nächsten Vernehmung doch einfach.«
    »Wenn das so einfach wäre.« Gennat spielte mit seinem Hut. »Der Mann ist ein schwerer Brocken. Lässt sich nicht darauf ein, dass er die Frauen umgebracht hat, redet nur über den Film und dass er sie unsterblich gemacht hat. Wir haben Filmrollen gefunden. Er hat seine Opfer im Todeskampf gefilmt. Allerdings kaum zu erkennen, dass es ein Todeskampf ist, die Filme wirken richtig ästhetisch. Perfekt ausgeleuchtet, die armen Frauen perfekt geschminkt.«
    »Der Mann ist verrückt.«
    »Da haben Sie wohl recht.« Gennat nickte. »Wir haben einen Psychologen zurate gezogen, aber seitdem der mit im Raum sitzt, sagt Marquard gar nichts mehr.«
    »Er wird verurteilt werden, ob er redet oder nicht. Immerhin hat er versucht, mich umzubringen, das kann ich bezeugen.«
    »Sie müssen nichts bezeugen. Ich wollte Sie eigentlich bitten, morgen an den nächsten Vernehmungen teilzunehmen, vielleicht redet Marquard ja mit Ihnen. Wenn Sie hier schon wieder rauskönnen.«
    »Ich denke schon. Noch eine Nacht, dann wird es Zeit, den Klauen von Schwester Angelika zu entkommen.«
    »Gut. Dann kommen Sie doch morgen um vierzehn Uhr nach Moabit. Da sitzt Marquard jetzt in Untersuchungshaft.«
    »Ich dachte, ich bin beurlaubt.«
    »Ihr Urlaub ist morgen früh zu Ende, der Dienst geht weiter. Nur an den Fall Winter lasse ich Sie nicht mehr ran, das ist Ihnen wohl klar. Und das Disziplinarverfahren erspare ich Ihnen auch nicht, dass wir uns da nicht falsch verstehen! Aber ich denke, dass Ihr jetziges Verhalten und Ihre Erfolge in Sachen Kinomorde einiges zu Ihren Gunsten bewirken werden.«
    Rath nickte. Gennat wollte ihn in die Burg zurückholen!
    Er wollte nicht zeigen, wie sehr er sich freute und wechselte das Thema. »Wo ist
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