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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod
Autoren: Volker Kutscher
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die Oberfläche. Er sah Charly in einem Kaminzimmer. Und Paul. Daneben Marquard mit einer Pistole. »Du warst auch da!«, rief er, lauter als er eigentlich wollte. »Du warst da! Mit Paul! Was hattet ihr bei Marquard verloren?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Die erzähle ich dir erst, wenn der Doktor das erlaubt. Du machst noch einen ziemlich schlappen Eindruck, wenn ich das sagen darf.«
    Er fühlte sich tatsächlich unglaublich erschöpft, als müsse er den Schlaf von Jahrzehnten nachholen. Was dieser verfluchte Marquard alles in ihn hineingepumpt haben mochte?
    Als Schwester Angelika mit dem Doktor zurückkam, gab Rath den Widerstand auf und ließ sich in die Dunkelheit zurückfallen.
    Als er wieder aufwachte, war Charly weg.
    Ein Mann mit unverschämtem Grinsen, einem Pflaster an der rechten Schläfe und einem blauen Auge saß stattdessen an seinem Bett.
    »Na endlich, du Langschläfer«, sagte Paul. »Ich war schon drauf und dran, mir vor lauter Langeweile am Kiosk unten 'n Rätselheft zu holen.«
    Erst jetzt sah Rath den Arm in der Schlinge. »Was ist denn mit dir passiert, du Simulant?«
    »Mir hamse als jeheilt entlassen«, sang Paul. Mit der gesunden Rechten zeigte er auf den bandagierten linken Arm. »Ein Streifschuss und ein paar kleinere blaue Flecken, die mir deine netten Kollegen verpasst haben. Hielten mich wohl für den Kinomörder, dabei hielt ich den doch gerade in Schach.«
    »Ein Streifschuss!«
    »Der kam nicht von der preußischen Polizei, die hat mich nur ein bisschen unsanft angefasst. »
    »Hat Marquard auf dich geschossen?«
    »Nee. Nur deine Pistole, Gott hab sie selig!« »Quatsch mal nicht so in Rätseln!«
    »Du wirst dir eine neue Dienstwaffe zulegen müssen. Deine alte ist hinüber, hat die Feuertaufe in Marquards Kamin nicht überstanden. Aber bevor sie ihren Geist aufgab, hat sie noch auf mich gefeuert. Gott sei Dank nur ein Streifschuss.« Paul zuckte die Achseln. »Eigentlich müsste ich dich in Regress nehmen! Es war deine Pistole. Und du hast sie dir abnehmen lassen.«
    »Und wer hat sie in den Kamin geworfen?«
    »Ich fürchte, das war ich selber. Als du deinen großen Auftritt hattest, hab ich Marquard die Pistole aus der Hand geschlagen, und da muss es passiert sein. Oder bei unserem Kampf.«
    »Was hattest du überhaupt da zu suchen? Mit Charly?«
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Jetzt sag du mir nicht auch, dass du erst das Einverständnis des Arztes einholen musst, um sie mir zu erzählen!«
    »Ich kann mich ja kurz fassen. Also: Eigentlich wollte ich dir nur Tschüss sagen, bevor ich wieder nach Köln fahre. Aber du warst nicht zu erreichen, und da habe ich dich zusammen mit Charly besucht.«
    »Wieso mit Charly?«
    »Der Reichskanzler hatte gerade keine Zeit, und sonst kenn ich niemanden in dieser dusseligen Stadt. Außer dir, aber du warst ja nicht da. Wir haben uns jedenfalls Sorgen gemacht, Charly vor allem. Und als die einmal Witterung aufgenommen hatte, war sie nicht mehr zu bremsen, bis wir dich gefunden hatten. Ich glaube, sie würde eine gute Polizistin abgeben. Oder einen guten Spürhund.«
    »Sie ist eine gute Polizist in. Auch wenn sie sich nicht so nennen darf. Noch nicht.« Der Grinsemann in Charlys Wohnungstür, den er schon fast vergessen hatte, fiel ihm wieder ein. »Wo ist Charly eigentlich jetzt?«
    »Irgendwann muss sie auch mal für ihre Prüfung lernen. Die halbe Nacht und den ganzen Morgen hat sie an deinem Bett gesessen. Und uns Schwerverletzte links liegen lassen.« Paul schüttelte den Kopf. »Ich weiß gar nicht, womit du das verdient hast. Wahrscheinlich hast du's noch nicht gemerkt, deswegen sage ich's dir jetzt: Charly ist eine Frau, der sollte man einen Heiratsantrag machen. Was heißt sollte? Muss! Lass sie dir nicht wegschnappen von irgendwem!«
    Rath lächelte matt und nickte. Doch der Grinsemann ließ sich nicht wegnicken.
    »Danke für die guten Ratschläge. Du klingst wie meine Mutter.« »Ohne Charly wärst du vielleicht nicht mehr am Leben. Den ganzen Polizeieinsatz haben wir nur ihr zu verdanken. « »Und was war mit Böhm?«
    »Dieser dicke, brummige Kommissar? « »Oberkommissar.«
    »Der kam ganz zum Schluss durch die Terrassentür spaziert, als die Schupos Marquard längst verschnürt hatten. Wir warteten auf den Arzt, weil dir ging's verdammt schlecht, mein Lieber. Und der Dicke war der Einzige, der erkannt hat, was mit dir los war, er hat dafür gesorgt, dass du Fruchtsaft und Zuckerwasser bekommen hast.
    Auf dem
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