Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa
Autoren: Robert Louis Stevenson
Vom Netzwerk:
möchten«, antworte ich.
    »Na, denken Sie, es würde mir etwas nützen, Sie hier, am offenen Strande, niederzuknallen?« sagte er. »Ich denke es nämlich nicht. Die Leute kommen hier jeden Tag zum Fischen her. Ein paar Dutzend sind vielleicht in diesem Augenblick weiter oben im Tal und machen Kopra; auf dem Berge hinter Ihnen sind vielleicht ein halbes Dutzend auf der Taubenjagd; vielleicht belauern sie uns in dieser Minute – das würde mich gar nicht wundern. Ich gebe Ihnen mein Wort, ich habe gar keine Lust, auf Sie zu schießen. Warum sollte ich auch Lust dazu haben? Sie sind mir in keiner Weise hinderlich! Sie haben kein einziges Pfund Kopra bekommen als die, die Sie mit Ihren eigenen Händen machten wie ein Negersklave. Sie vegetieren hier bloß – das ist das rechte Wort dafür –, und mir ist es einerlei, wo Sie vegetieren oder wie lange. Geben Sie mir Ihr Wort, daß Sie nicht auf mich schießen wollen, und ich mache den Anfang und gehe weg.«
    »Schön«, sagte ich, »Sie sind offen und nett, nicht wahr? Und ich will ebenso sein. Ich habe nicht die Absicht, Sie heute totzuschießen. Warum auch? Die Geschichte fängt erst an; sie ist noch nicht aus, Herr Case. Sie haben schon einmal was von mir gekriegt; ich sehe zu meiner Freude die Spur von meinen Fäusten noch in diesem Augenblick an Ihrem Kopf, und Sie können noch mehr haben, wenn Sie Appetit haben. Ich bin kein gelähmter Krüppel wie Underhill. Mein Name ist nicht Adams und ist nicht Vigours, und ich gedenke Ihnen zu zeigen, daß Sie diesmal an den Rechten gekommen sind.«
    »Das ist albernes Geschwätz«, sagte er, »mit solchem Gerede kriegen Sie mich nicht dazu, daß ich weitergehe.«.
    »Na schön, bleiben Sie stehen, wo Sie sind. Ich habe es nicht eilig, das wissen Sie ja am besten. Ich kann den ganzen Tag hier am Strand bleiben, ich habe ja nichts zu versäumen. Ich habe ja keine Kopra, um die ich mich zu kümmern hätte. Ich habe auch keine Leuchtfarbe, nach der ich sehen müßte.«
    Es tat mir sofort leid, daß ich dies letzte Wort sagte, aber es fuhr mir so heraus, ohne daß ich mir was dabei dachte. Ich konnte sehen, daß es ihm den Wind aus dem Segel nahm; er stand da, starrte mich an und runzelte die Stirn. Ich vermute, dann wurde ihm klar, daß er diesen Worten auf den Grund kommen mußte.
    »Ich nehme Sie beim Wort!« sagte er, drehte sich um und ging schnurstracks in den Teufelsbusch.
    Natürlich ließ ich ihn gehen, denn ich hatte ihm ja mein Wort gegeben, aber ich behielt ihn im Auge, solange er in Sicht war; und sobald er verschwunden war, ging ich fix in Deckung, und den Rest meines Heimwegs machte ich unter den Bäumen, denn ich traute ihm nicht für einen halben Schilling. Eins sah ich deutlich: Ich war ein Esel gewesen, ihn zu warnen, und was ich tun wollte, das mußte ich nun sofort tun.
    Sie denken wohl, ich hätte für einen Vormittag genug Aufregung gehabt; aber es war noch eine andere für mich in Bereitschaft. Kaum war ich so weit am Vorgebirge vorüber, daß ich mein Haus sehen konnte, da bemerkte ich, daß Fremde dort waren; als ich ein bißchen näher war, sah ich es ganz deutlich. Zwei bewaffnete Schildwachen hockten an meiner Tür. Ich konnte nur annehmen, der Wirrwarr wegen Uma sei vollends zum Ausbruch gekommen und die Station sei im Sturm genommen. Ich konnte mir nichts anderes denken, als daß Uma schon gefangengenommen wäre und daß diese bewaffneten Kanaken auf mich warteten, um mich ebenfalls gefangenzunehmen.
    Als ich jedoch näher kam – und ich lief in vollem Galopp, kann ich Ihnen sagen –, da sah ich, daß noch ein dritter Kanake auf der Veranda saß, und zwar als Gast, und daß Uma mit ihm sprach als Wirtin. Als ich noch näher kam, erkannte ich den großen jungen Häuptling, Maea, und sah, daß er freundlich lächelte und daß er rauchte. Und was rauchte er? Keine von euren europäischen Zigaretten, das Dreckzeug, das für Katzen gut ist, nicht einmal die echte große, höllisch starke Kanakenzigarre, die man doch wenigstens als Ersatz brauchen kann, wenn einem mal die Pfeife zerbrochen ist – sondern eine sehr anständige Zigarre, und noch dazu eine von meinen Mexikanern, für die ich garantieren konnte. Bei diesem Anblick klopfte mir das Herz, und eine wilde Hoffnung schoß mir durch den Kopf, daß all die Unruhe zu Ende und daß Maea versöhnt sei.
    Uma zeigte mich ihm, als ich herankam, und er empfing mich und begrüßte mich oben an meiner eigenen Treppe wie ein vollendeter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher